„Väter spielen gern mit ihrem Kind. Gut so, sagt die Evolutionsanthropologin Anna Machin. Doch Väter sind auch prima in der Fürsorge. Sie dürfen sich nur nicht drücken.“ ZEIT ONLINE hat mit Machin gesprochen.

Das „Bindungshormon“ Oxytocin spielt eine Rolle bei der elterlichen Fürsorge. Es wird laut Machin bei beiden Elternteilen ausgeschüttet. „Es ist ein Mythos, dass Männer kein Oxytocin haben.“

„Mütter haben einen Vorsprung in der Bindung zum Kind. Denn Schwangerschaft, Geburt und Stillen sorgen für massive Ausschüttungen von Bindungshormonen. Väter machen das alles nicht durch. Sie müssen also die Bindung zu ihren Kindern anders aufbauen: durch Interaktion. (…) Das Spielen mit dem Baby ist ein guter Weg, um schnell eine Bindung aufzubauen, denn dabei wird in der Regel viel gelacht, es wird viel berührt, es wird gekitzelt, es wird gesungen und so weiter. Und all das setzt Oxytocin, Beta-Endorphin und Dopamin frei, die wichtigsten Bindungshormone.“

Das menschliche Gehirn, sagt die Wissenschaftlerin, sei „sehr plastisch, sehr offen für Veränderungen, und es wird durch Erfahrung verändert. Viele der Anpassungen, die wir im elterlichen Gehirn sehen, treten auf, nachdem die Eltern mit dem Kind interagiert haben. Sie sind nicht von Natur aus vorhanden. Sie haben mit der Interaktion mit dem Kind zu tun. Die Hormone spiegeln also wider, wie sich Eltern verhalten. Wenn sie sich anders verhalten, verändert sich die Hormonausschüttung. Wir verhalten uns eben nur ziemlich traditionell. Und das ist es, was wir im Gehirn sehen.“

Um den Mythos zu überwinden, dass die Mutter die beste Person sei, um ein Kind zu erziehen, müsse man die Art und Weise ändern, wie insbesondere Väter in der Elternrolle behandelt werden. Man müsse ihnen die Möglichkeit geben, sich um ihre Kinder zu kümmern.

„Wenn Sie ein Vater sind, der zu Hause bleibt, und Ihre Partnerin geht arbeiten, dann werden Sie anfangen, die fürsorgliche Seite zu entwickeln. Es heißt also nicht, dass Männer unbedingt diese Rolle spielen und Frauen jene Rolle. Auch wenn Sie eine Familie mit nur einem Elternteil sind oder wenn Sie ein schwules oder lesbisches Paar sind, das ein Kind hat, dann wird das Gehirn sich anpassen.
(…)
Ich glaube, dass sich unsere Vorstellungen von Familie ändern werden. Vor allem im Westen ist die Vorstellung von der Kernfamilie, den Eltern und den Kindern, sehr stark ausgeprägt. Aber in anderen Ländern haben wir Großfamilien, und davon können wir lernen. (…) Eigentlich haben wir uns ja bereits von der Zwei-Eltern-zwei-Kinder-Familie entfernt. Wir haben es nur noch nicht wirklich erkannt.“

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Ein Beitrag von herCAREER, 
veröffentlicht bei LinkedIn 07.03.2024