In Deutschland ist es der gefühlte Standard, als Frau nach der Geburt eines Babys sich diesem ein Jahr in Vollzeit zu widmen. Mein Mann und ich arbeiten beide als Teamleiter:in, und wir haben einen anderen Weg gewählt. Unsere Tochter versorgen wir in ihrem ersten Lebensjahr in einem Teilzeitmodell: Jeden Arbeitstag tauschen wir um 13 Uhr Baby und Bürostuhl. Das funktioniert erstaunlich gut. Klar erfordert es eine gute Organisation, aber hier kommen mir meine beruflichen Kompetenzen sehr zu Gute.
Wie ich als Führungskraft mit einem geteilten Tag das erste Babyjahr meistere und was ich dabei für Erfahrungen mache, möchte ich gern an andere weitergeben und sie dazu ermutigen, in Sachen Elternzeit ebenfalls eigene Wege zu gehen.
„Traut euch, euer Wunschmodell auszuprobieren“
herCAREER: Wie funktioniert Ihr Teilzeitmodell in der Praxis? Wo liegen die Stolpersteine, und wie räumen Sie die aus dem Weg?
Alexandra von der Marwitz: Prinzipiell funktioniert das Modell erstaunlich gut! Ich schätze es, täglich Zeit mit meiner Tochter zu verbringen, habe aber auch sehr viel Freude an meinem Job – die Mischung fühlt sich für mich gut an. Mein Mann und ich sind gleichermaßen an der Betreuung unserer Tochter beteiligt, sich da auszutauschen und ersetzen zu können ist ebenfalls ein Vorteil in der Praxis. Wir arbeiten beide hauptsächlich von zuhause aus, das hilft natürlich sehr. Es ermöglicht uns auch, das Modell flexibel zu gestalten, zum Beispiel tausche ich bei wichtigen Terminen am Nachmittag mit meinem Mann und umgekehrt. Ich denke, darin verborgen lag auch der größte Stolperstein, denn zu viel Abweichung vom Standard führte zu chaotischen Tagen. Inzwischen ist uns klar, dass eine starke Routine der Schlüssel zu unserem funktionierenden Alltag ist. Davon weichen wir heute nur ab, wenn es wirklich wichtig ist.
herCAREER: Wie reagiert Ihr Team auf Ihre veränderten Arbeitsumstände?
Alexandra von der Marwitz: Ich hatte großes Glück, mein Team und meine Kolleg:innen gehen damit sehr wohlwollend und konstruktiv um. Bei PAYBACK ist eine Führungskraft in Teilzeit tatsächlich nichts Ungewöhnliches. Mein Team hat auch einen großen Anteil an Eltern und Teilzeitkräften. Da ist also eine positive Grundeinstellung spürbar, dass man das gemeinsam schon gut schafft – und so ist es ja auch.
herCAREER: Was möchten Sie anderen Frauen mitgeben, die vor der Entscheidung stehen, mit welchem Modell sie Kind und Karriere unter einen Hut bringen wollen?
Alexandra von der Marwitz: Ich empfehle, sich freizumachen von ,,Mütter müssen …‘‘ und im ersten Schritt ganz ehrlich die eigenen Wünsche an die anstehende Zeit zu reflektieren. Mir ist es beispielsweise schwergefallen, auszudrücken, dass ich gerne schnell zurück wäre im Job.
Der zweite Tipp, den ich geben kann: Schaut über euren Tellerrand, wenn ihr nach möglichen Ansätzen für eure einzigartige Ausgangslage sucht! Ich habe mich da zum Beispiel von einer amerikanischen Freundin inspirieren lassen.
Drittens kann ich empfehlen: Durchdenkt euer Wunschmodell. Funktioniert es in all seinen Dimensionen? Wie gehst du zum Beispiel mit Krankheitsfällen um? Man kann nicht alles planen, aber einiges kann man vorher abklopfen.
Und als letzten Tipp: Traut euch, euer Wunschmodell auszuprobieren. Mit wachsendem Bauch äußerte mein Umfeld öfters mal Zweifel, das hat mich oft verunsichert. Schlussendlich habe ich mir an der Stelle gesagt: ,,Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Wenn es so nicht funktioniert, finden wir eine andere Lösung.‘‘ Heute bin ich sehr froh, dass ich mich getraut habe – und dazu kann ich Frauen in einer ähnlichen Lage nur ermutigen.
herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Führungskraft mit Kind
- Coparenting/Elternzeit
- Auslandsentsendung
- Expat
- Arbeit in den USA
Nutzen Sie eine der Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die die Interviewpartner:in angegebenen hat, und beziehen Sie sich auf das Interview der herCAREER-Community.
Über die Person
Alexandra von der Marwitz ist Teamleiterin im Marketing der PAYBACK Group. Gemeinsam mit ihrem Team unterstützt sie dabei, die PAYBACK-Marketingplattform im Sinne des datenbasierten Marketings optimal zu nutzen. Nach ihrem BWL-Studium startete sie ihre Karriere im Produktmanagement von Ferrero. Hier setzte sie, insbesondere für die Marke nutella, innovative Digital-Kampagnen um. 2016 erhielt sie den Förderpreis der Lebensmittel-Einzelhandel-Branche und nutzte das Preisgeld für einen Kurs an der Harvard Business School zum Thema „Driving digital strategies“. Die Learnings daraus nutzte sie in den darauffolgenden Jahren bei Projekten für Ferrero in den Vereinigten Staaten. Mit dem Wechsel zu PAYBACK folgte sie ihrer Passion für datengetriebenes Marketing.