Die Basis für einen Berufseinstieg ist ein spezifisches Fachwissen. In einer sich rasant verändernden Arbeitswelt geht es jedoch um viel mehr. Die Kombination aus Können, Persönlichkeit und Einstellung wird immer wichtiger. Bewerber von heute sollten die Unternehmenskultur und -ausrichtung und die damit verbundenen Werte kennen, aber gleichzeitig wissen, wofür sie selber stehen. Welche Rolle dabei Soft Skills und das eigene Mindset haben, darüber wurde in diesem MeetUp gesprochen und diskutiert.
„Heute sind fachliche und methodische Kompetenzen essentiell“
herCAREER: Was ist Ihrer Meinung die wichtigste aller Soft Skills, die BewerberInnen heutzutage mitbringen sollen?
Knappertsbusch: Die Studie der Technischen Hochschule Nürnberg „Erfolgskritische Kompetenzen im digitalen Zeitalter: Was sind die „Future Hot Skills“?” von Prof. Dr. Yasmin Weiß hat u. a. Arbeitgeber nach den Auswirkungen und Anforderungen der digitalen Transformation befragt. In einem Satz wird deutlich, was beide Seiten bewegt bzw. bewegen wird: „In Zeiten der digitalen Transformation gilt für Unternehmen ganz konsequent die Devise: „Innovate or die!“ und für Talente am Arbeitsmarkt: „Get qualified or lose!“. Das digitale Zeitalter und der damit verbundene technologische Wandel fordern neue Kompetenzen, das ist eine Herausforderung für alle Seiten. Zu den Gewinnern werden ohne Frage die BewerberInnen gehören, die genau die Kompetenzen mitbringen, die gebraucht werden.
Eine Persönlichkeit ist natürlich individuell und facettenreich, d. h. ein „Sieger-Soft-Skill“ kann es eigentlich nicht geben. In der Arbeitswelt 4.0. treten andere Kompetenzen in den Vordergrund, ein digitales Mindset wird immer wichtiger. Was steckt dahinter?
Denken Sie an eine intelligente, bienenfleißige Naturwissenschaftlerin, z. B. eine Chemikerin. Einst reichte ein überdurchschnittlicher Uni-Abschluss, idealerweise mit Promotion und gerne mit erster Berufserfahrung aus, um einen guten Berufseinstieg und Berufsweg zu finden. Der Weg in die Fachabteilung war dann quasi vorbestimmt. Die Karriere war einst eher linear.
Heute sind fachliche und methodische Kompetenzen essentiell, darüber hinaus zählen ein übergreifendes technologisches Verständnis und Kompetenzen zum zielgerichteten Umgang in der Mensch-Maschine-Interaktion. Und die Fähigkeit klar und zielgerichtet in alle Richtungen kommunizieren zu können.
Kundenorientierung sichert Erfolg, das ist nichts Neues. Durch neue, digitale, serviceorientierte Geschäftsmodelle wird Expertenwissen in Kombination mit Interaktion immer wichtiger.
Das „neue“ Denken und Handeln fordert darüber hinaus von BerufseinsteigerInnen zusätzliche Fähigkeiten: Kreativitäts-, Methoden- und Innovationskompetenz, Handlungsmut, Teamgeist, Flexibilität, Offenheit und Integrationsfähigkeit werden in einer digitalen Arbeitswelt immer wichtiger, das steht oftmals nicht auf dem Lehrplan. Wie kann man all das lernen?
Probieren Sie sich aus, z. B. durch Praktika oder Werkstudenten-Jobs, engagieren Sie sich außerhalb der Hochschule in Ehrenamt und Jobs, gehen Sie ins Ausland, wenn Sie können, sammeln Sie interkulturelle Erfahrungen und lernen Sie Sprachen. Oder machen Sie sich im Team stark für ein Projekt, dass Sie begeistert und anspornt, vernetzen Sie sich. Zeigen Sie einem künftigen Arbeitgeber auf, welches Thema Sie mit Ihrem Engagement vorangetrieben und zum Erfolg geführt haben. Ihr Einsatz und Ihre Inspiration, über die Pflicht hinaus, unterstreicht die wichtigen Kompetenzen wie Handlungsmut, Selbstführung und Selbstmotivation, unabhängig von Ihrem Abschluss. Gerade junge und moderne Frauen tragen so viele Skills bereits in sich. Es lohnt sich, „selbst-bewusst“ aufzutreten und zu zeigen, wer man ist und was man kann.
herCAREER: Wie können BewerberInnen, die aus einer bestimmten beruflichen Laufbahn, z. B. Jura oder Medizin, kommen und die Branche wechseln möchten, ihr Mindset auf die neue Branche einstellen?
Knappertsbusch: In fast jedem Unternehmen gibt es zahlreiche Einstiegschancen. Man denkt immer wieder, die Chemie- und Pharma-Industrie sei nur etwas für Chemiker. Dabei hat jedes Wirtschaftsunternehmen nahezu alle Fachbereiche mit entsprechenden Optionen. Juristinnen mit Schwerpunkt Arbeitsrecht finden einen Einstieg z. B. im Bereich Human Resources, ein lizenz- oder vertragsrechtlicher Schwerpunkt kann auch für die Rechtsabteilungen der Pharmaindustrie interessant sein. Die industrielle Gesundheitsbranche forscht für die Gesunderhaltung des Menschen intensiv weiter und wird künftig mehr denn je eine individuelle personalisierte Medizin verfolgen. Das ist z. B. ein Ankerpunkt für Medizinerinnen, die in die Wirtschaft wollen.
Weil die Wirtschaft anders „tickt“ als die Wissenschaft, ist es ratsam, den Sprung in die Wirtschaft möglichst bald nach einem Abschluss zu wagen. Das raten auch die Verantwortlichen HR- und Führungskräfte unserer Mitgliedsunternehmen. Wer wechseln möchte, sollte Neugierde, Lernbereitschaft und Flexibilität mitbringen. Dies kann eine gute Plattform sein, um sich auf eine neue Branche einzustellen (weitere Infos: www. yourchemistrycareer.com).
herCAREER: Haben Sie einen Top Tipp, wie BewerberInnen für sich selbst herausfinden können, welche Werte sie vertreten und in einem Unternehmen in jedem Fall benötigen, um erfolgreich dort arbeiten zu können?
Knappertsbusch: Selbstreflexion ist der Schlüssel zu sich selbst. In einer Welt, die sich immer schneller zu drehen scheint, entwickelt sich gerade ein spannender Gegenpol, die Achtsamkeit. Manche Unternehmen, auch aus der Software-Industrie, schicken ihre Manager in Achtsamkeits-Seminare, damit sie danach mit einem anderen „Bewusst-Sein“ werteorientiert führen und arbeiten können. Entscheidend sind die Fragen: „Wofür stehe ich? Welche Werte haben mich geprägt? Was ist mir wichtig? Worauf kann ich nicht verzichten?“ Ich rate BewerberInnen mit Experten, Coaches und Menschen zu sprechen, die einen gut kennen, um die eigenen Werte herauszuarbeiten.
Wer die eigenen Werte, Ressourcen und Kompetenzen für sich klar hat, erkennt schneller und eindeutiger, welches Unternehmen passen könnte und wo eine Bewerbung aussichtsreich ist. Wer sich seiner Werte und Kompetenzen bewusst ist, wird dieses „Ass im Bewerbungsgespräch auch mühelos aus dem Ärmel ziehen können“.
Ich erlebe selbst immer wieder, dass junge Menschen, vor allem Frauen, mit einer ganz anderen Haltung aus den Coaching- und Beratungsgesprächen gehen und dann motiviert und „selbst-bewusst“ starten und erfolgreich arbeiten können.
Es gibt glücklicherweise viele Menschen, die werteorientiert handeln und entscheidende Beiträge für unsere Gesellschaft leisten. An diesen Menschen sollten wir uns orientieren. Mit Gleichgesinnten zusammenzuarbeiten, die sich gegenseitig in ihrem wertebasierten Handeln bestärken, macht Freude und bringt auf lange Sicht mehr Erfolg.
herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Persönlichkeitsentwicklung
- Orientierungs- und Karriereberatung
- Bewerbertraining
- Arbeitgeber-Spiegelung
herCAREER: Gibt es Themen, zu denen Sie persönlich eine/n Sparringspartner/in suchen und einen fachlichen wie persönlichen Austausch weiterführen möchten? Dann benennen Sie uns Schlagworte für ihre Themen.
- Karriereberatung für BerufseinsteigerInnen und Frauen in Führung
- Netzwerk HR-Beratung
herCAREER: Wie können oder möchten Sie kontaktiert werden?
Über die Person
Als Fachreferentin Personalentwicklung ist Charlotte Knappertsbusch bei den Chemie-Verbänden Baden-Württemberg für das Personalmarketing/Employer Branding verantwortlich. Sie verfügt sie über eine umfangreiche Beratungserfahrung in Marketing/Werbung und Personalthemen. Nach einigen Jahren in der Industrie (Robert Bosch GmbH) war sie, auch als Führungskraft, in nationalen und internationalen Marketing/- und Werbeagenturen (u. a. Ogilvy & Mather) tätig, ehe sie auf die HR-Seite in ein nationales Personalmanagement-Unternehmen (v. Rundstedt & Partner) wechselte. Dort beriet sie u. a. auch Fach- und Führungskräfte bei ihrer beruflichen Neuorientierung.
Dieses MeetUp war Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2019, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.