Deutschlands führende Cum-ex-Ermittlerin, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, verlässt die Staatsanwaltschaft Köln (womit sie auch ihren Beamtinnenstatus aufgibt) und wird nun Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation Finanzwende, um auf diese Weise weiter gegen Finanzkriminalität zu kämpfen.

Gestern wurde bekannt, dass Deutschlands führende Cum-ex-Ermittlerin, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, gekündigt hat und die Staatsanwaltschaft Köln verlässt (womit sie auch ihren Beamtinnenstatus aufgibt). Sie wird nun Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation Finanzwende, um auf diese Weise weiter gegen Finanzkriminalität zu kämpfen.

„Derzeit ist die 50 Jahre alte Juristin noch Leiterin der Hauptabteilung H der Anklagebehörde, in der neben Brorhilker mehr als 30 Staatsanwälte in Dutzenden Ermittlungskomplexen mit weit mehr als 1700 beschuldigten Personen im In- und Ausland ermitteln. (…) Die Ermittlungen zu den Aktienkreisgeschäften, mit denen Banken, Investoren und Leerverkäufer den deutschen Fiskus in den Jahren von 2006 bis 2012 um mindestens 10 Milliarden Euro betrogen, gehen maßgeblich auf Brorhilkers Arbeit zurück“, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nach anderen Schätzungen sind es rund 12 Milliarden, die dem Staat durch Cum ex verlorengegangen sind.

Brorhilker sagte im WDR: „Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird.“

Gegenwind erfuhr ihre Arbeit nicht zuletzt im vergangenen Herbst, als ihr oberster Dienstherr, NRW-Justizminister Limbach, Brorhilkers Hauptabteilung H aufspalten wollte, womit zahlreiche Cum-ex-Ermittlungen in die Verantwortung eines anderen Strafverfolgers übergegangen wären. Brorhilker setzte sich justizintern zur Wehr, der Minister musste seinen Plan zurückziehen.

Die Politik habe auch elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-ex-Fälle noch immer nicht hinreichend reagiert, sagte Brorhilker im WDR-Gespräch. Auch heute gebe es Steuerdiebstähle, die ähnlich verliefen wie die Cum-ex-Geschäfte. Laut ZEIT ONLINE kritisiert sie besonders den laschen Umgang mit den Tätern. In Deutschland gebe es das „Grundproblem, dass Täter mit viel Geld und Einfluss auf eine schwache Justiz treffen, die dem nicht Herr werden kann“. Das führe zu dem Befund: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. (…) Man kommt als Steuerhinterzieher, besonders wenn man es im großen Stil betreibt, deutlich besser weg als Sozialhilfebetrüger in Deutschland.“

Ihren Wechsel von den Cum-ex-Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft zur Tätigkeit bei Finanzwende verglich Brorhilker beim WDR mit einem Arzt, der sich entscheide, „nicht mehr länger einzelne Kranke zu behandeln, sondern in die Forschung geht, um eine Therapie zu entwickeln, das Übel quasi an der Wurzel zu fassen“.

Der Finanzwende-Gründer Gerhard Schick nannte ihre Entscheidung einen Schritt, der Mut mache: „Der Wechsel von Anne Brorhilker zu Finanzwende ist eine Kampfansage an Finanzkriminelle und ihre Unterstützer. Das muss ein Weckruf sein, die Verfolgung von Finanzkriminalität endlich zur politischen Priorität in Deutschland zu machen.“

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Ein Beitrag von herCAREER, 
veröffentlicht bei LinkedIn 23.04.2024