Dieses Buch möchte hinter die Kulissen von Vorurteilen schauen. Stimmt es wirklich, dass Frauen einfach die falschen Berufe ergreifen? Teilen sich die Partner der Gen Y mittlerweile Haushaltsarbeit gleichberechtigt auf? Oder haben es Männer einfach immer besser? Dieses Buch trägt zu einer wissenschaftlich nüchternen Diskussion bei, um die aktuelle gesellschaftspolitische und ökonomische Situation differenziert und abseits von abgegriffenen Dogmen zu betrachten.
„Vorurteile hinterfragen, Alltagssexismus nicht durchgehen lassen, offen sein für individuelle Lebenswege“
herCAREER: Wie würden Sie ein Girlboss beschreiben? Was sind ihre Merkmale?
Bath: Für mich bedeutet der Begriff lediglich eine weibliche Führungskraft, Role Model, Gründerin etc. zu sein. Ich habe mich aber relativ bewusst für den Titel entschieden, da für viele dieses Wort sehr polarisierend ist. Mit meinem Buch möchte ich dazu anregen, sich weniger an Begrifflichkeiten aufzuhängen und mehr an den Themen selbst zu arbeiten. Sprich, weniger über die Frage zu diskutieren, ob Girlboss ein tolles Wort ist, sondern lieber unsere Energie darauf zu verwenden, eine gerechtere (Arbeits-)Welt für Männer und Frauen zu schaffen.
herCAREER: Was ist Ihrer Meinung nach der größte Trugschluss in der heutigen Genderdebatte?
Bath: Darf ich auch zwei Dinge nennen? Trugschluss Nummer 1 ist, dass das Thema nicht „systemisch“ genug betrachtet wird. Sprich, viele denken, die ganze Genderdebatte ist gelöst, wenn ein bestimmtes Problem gelöst wird. Also z. B., wenn alle Frauen MINT studieren, ist alles gut. Oder wenn wir genug Kitaplätze haben … Das wird aber definitiv nicht der Fall sein, weil das Problem viel komplexer ist.
Trugschluss Nummer 2 ist, dass wir in Deutschland ja schon so weit gekommen sind, dass wir nichts mehr tun müssen. So nach dem Motto: „Hey, hier dürfen alle wählen und keiner wird beschnitten oder zwangsverheiratet. Ist doch alles bestens.“ Aber dass wir aufpassen müssen, dass nicht Männer bald zu benachteiligt werden. Witzigerweise sind es oft weibliche Akademikerinnen um die 25, die mit solchen Statements viral gehen. Das Dumme ist nur: Bauchgefühl oder Privatmeinung tun hier nichts zur Sache. Was für mich zählt, sind die Zahlen. Und die sprechen eine klare Sprache.
herCAREER: Wie kann frau sich behaupten in dieser Diskussion? Wie kann jede von uns zu mehr Gleichberechtigung beitragen?
Bath: Ich bin ein großer Fan davon, Emotionen und Polemik aus der Debatte rauszunehmen und mit Zahlen zu argumentieren. Bei gesellschaftspolitischen Fragen sind die Erfahrungen Einzelner wichtig, aber noch wichtiger ist eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung. D. h., ich würde Frauen raten, sich faktisch und sachlich zu informieren.
Das ist auch das Erste, was jeder, der sich für das Thema interessiert, tun kann. Darüber hinaus kann man natürlich auch aktiv werden, insbesondere natürlich als Führungskraft oder Personalverantwortlicher: Vorurteile hinterfragen, Alltagssexismus nicht durchgehen lassen, offen sein für individuelle Lebenswege etc.
herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Karriereplanung
- Karrierestrategie
- Talente und Fähigkeiten in Einklang mit einem Job bringen, der zu mir passt. Insbesondere im Umfeld Beratung/Großkonzern
herCAREER: Gibt es Themen, zu denen Sie persönlich eine/n Sparringspartner/in suchen und einen fachlichen wie persönlichen Austausch weiterführen möchten? Dann benennen Sie uns Schlagworte für ihre Themen.
- Wie HR das Thema Retention von weiblichen Young Professionals angeht
- HR Strategie
Wie können oder möchten Sie kontaktiert werden?
Über die Person
Nach diversen Stationen in der Beratung arbeitete Johanna Bath viele Jahre im Management eines führenden Automobilkonzerns. Dort leitete Sie eine Abteilung, die als strategische Stabstelle an den Entwicklungsvorstand berichtete. Zu Ihren Aufgaben gehörten Sonderprojekte aus den Bereichen Effizienz, Internationalisierung, Prozessmanagement und Compliance. Sie sammelte Auslandserfahrung in Indien und den USA.
Heute ist Johanna Bath Professorin für Strategie und Finanzen an der ESB Business School. Sie erforscht gesellschaftliche Trends und deren ökonomische Bedeutung. Im März 2019 erschien ihr erstes Buch „Der Girlboss Mythos“, das sich mit Vorurteilen und Fakten in der Gender Diskussion befasst. Ebenfalls Anfang 2019 gründete sie die Coaching Community „talentista“, die weibliche Young Professionals mit deren Karriere- und Finanzstrategie unterstützt. Derzeit launcht sie hier ihr erstes Gruppenprogramm, das junge Frauen im ersten Job beim Aufsetzen einer eigenen Karrierestrategie unterstützt.
Dieses MeetUp war Teil der Authors-MeetUp bei der herCAREER 2019, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.