Steffi Falahat leitet mit einem Kollegen im Tandem die zentrale Beschaffung der Bundesnetzagentur in Mainz. Die Juristin ist Mutter von zwei Kindern und jongliert zusammen mit ihrem Mann den Alltag von zwei Führungskräften in vollzeitnaher Teilzeit. Im Gespräch mit herCAREER Redakteurin Kristina Appel schildert sie, wie sie die geteilte Führung mit ihrem beruflichen Tandem-Partner erlebt und wie sie den Herausforderungen der Vereinbarkeit mit ihrem Lebenspartner begegnet. Außerdem beantwortet sie die große Frage: Verdienen deutsche Behörden ihr verstaubtes Image?

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Thema

Familie & Vereinbarkeit | Wirtschaft, Arbeit & New Work

Angaben zur Referent:in

Steffi Falahat leitet als Juristin zusammen mit einem Kollegen die zentrale Beschaffung der Bundesnetzagentur in Mainz. In ihrer „Beamtenlaufbahn“ war sie sowohl in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Berlin als auch im Energiebereich in Bonn tätig – alles innerhalb der Bundesnetzagentur. Zusammen mit einem kleinen Team betreut Sie seit acht Jahren auch den Bereich der Nachhaltigkeit für die Behörde. 

Steffi Falahat ist Mutter von einem Kita- und einem Grundschulkind und jongliert zusammen mit ihrem Mann den Alltag von zwei Führungskräften in vollzeitnaher Teilzeit.

[00:00:00] Steffi Falahat: Es ist der absolute game changer, die Möglichkeit zu haben, dass man als berufstätige Mutter einfach erst einmal ein Jahr lang mit einer Führungskraft sich die Position teilt und im Prinzip immer weiß: Ok, wenn jetzt irgendetwas ist, ist noch wer da.

[00:00:25] Kristina Appel: Herzlich willkommen beim HerCareer Podcast. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich für eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt einsetzen. Live von der HerCareer Expo und aus der HerCareer Community. Steffi Falahat leitet mit einem Kollegen die zentrale Beschaffung der Bundesnetzagentur in Mainz. Sie ist Mutter von zwei Kindern und jongliert zusammen mit ihrem Mann den Alltag von zwei Führungskräften, und das in vollzeitnaher Teilzeit. Ich bin Kristina Appel, freie Journalistin und Redakteurin für HerCareer. In dieser Folge habe ich mit Steffi über ihren Arbeitsalltag gesprochen. Ich habe sie gefragt, wie sie die geteilte Führung erlebt, was die wirklichen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit sind, und ob Behörden ihr verstaubtes Image auch verdienen.

[00:01:24] Kristina Appel: Okay, Steffi, deine Positionsbeschreibung lautet „Referatsleiterin in geteilter Führung auf Zeit“. Erzähl uns mehr darüber. Was steckt da drin?

[00:01:34] Steffi Falahat: In unserer Behörde wurden Piloten gestartet, um einen besseren Übergang von den Arbeitsgenerationen zu finden. das bedeutet im Prinzip, die Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt nicht nur in der großen Masse, sondern auch in den Führungspositionen. Und da hat man erkannt: Wir könnten es doch besser machen. Führungskräfte, junge, anlernen, indem sie die Babyboomer begleiten. Und es ist der absolute Game Changer, die Möglichkeit zu haben, dass man als berufstätige Mutter einfach erstmal ein Jahr lang mit einer Führungskraft sich die Position teilt. Im Prinzip immer war es, okay, wenn jetzt irgendwas ist, ist noch wer da und ich kann mir das erst mal angucken und das ist eine Doppelspitze auf Zeit. Shared Leadership gibt es in vielen Modellen und ich finde den Ansatz unserer Behörde gar nicht so schlecht zu sagen: Okay, wir gucken jetzt, wie wir auch das Knowledge von den Berufserfahrenen wirklich an die Neuen übergeben können und alle dabei ein gutes Gefühl haben und Möglichkeiten zum Aufstieg.

[00:02:39] Kristina Appel: Das heißt also, dein beruflicher Partner ist dann im selben Feld tätig wie du? Oder ergänzt ihr euch nur, was die Führungsposition angeht?

[00:02:48] Steffi Falahat: Das kann natürlich unterschiedlich sein. In unserem Fall: Wir leiten die zentrale Beschaffung der Bundesnetzagentur, sind wir im gleichen Feld zuständig, weil einfach die Größe vom Einkauf für eine komplette Behörde mit so einem breiten Spektrum erfordert, dass man da sehr zielorientiert sagt: Okay, ihr macht nur Einkauf. Und etwas, was wir uns noch vor acht Jahren halt als Goodie hinzu bekommen haben, ist, dass wir den Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit für die ganze Behörde koordinieren. Und da ist aber auch mein Doppelspitzenpartner mit engagiert. Und auch da haben wir dann im Prinzip schon einen Teil der Nachhaltigkeit mit drinnen, dass es eben generationenübergreifend sein muss, was wir mit seinen Anfang 60 und meinen Anfang 40 schon ein bisschen machen.

[00:03:35] Kristina Appel: Was kauft man ein als Bundesnetzagentur?

[00:03:39] Steffi Falahat: Meist sage ich, dass es vom Bleistift über Autoflotten bis hin zu Weltraumantennen alles sein kann. IT-Systeme und natürlich auch Beratung. Weil die Bundesnetzagentur hat so ein großes Einsatzfeld, sie ist für alle Netze zuständig, die Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahn. Und da wird klar, wenn man als Behörde immer agieren muss, sobald es irgendetwas Kritisches gibt oder wenn man einfach auch den Markt begleiten will und einen nachhaltigen Wettbewerb schaffen oder aufrechterhalten will, ist der Backbone wie zum Beispiel Einkauf oder die IT in so einer Behörde super umfangreich und auch super vielfältig. Manche Beschaffung wird man halt nie vergessen. Klar. Also deswegen sage ich auch Weltraumantenne, wo ich dachte, okay, braucht man jetzt nicht häufig und gibt es auch ehrlich gesagt nicht bei Amazon zu bestellen.

[00:04:43] Kristina Appel: Wie teilt ihr euch die Bereiche auf? Kaufst du andere Produkte ein als eher oder teilt ihr euch das zeitlich ein?

[00:04:50] Steffi Falahat: Zum einen ist bei uns ganz wichtig den direkten Einkauf, den macht unser Team. Wir lenken und leiten also das Team. Die sind unser Fachpersonal und wir müssen dafür sorgen, dass die sich wohlfühlen, dass die gerne zur Arbeit kommen und gerne Arbeit machen. Wir beraten, weil wir als Juristen natürlich mit Vertragswerken unser jeweiliges Berufsleben schon immer zu tun hatten. Aber eigentlich sind wir Motivatoren. Wir sorgen dafür, dass es halt auch wenn personelle Engpässe sind oder so die Prioritäten gesetzt werden, dass die Entscheidung einfach von uns übernommen wird. Und da haben wir durch die Tatsache, dass mein beruflicher Partner deutlich geringere Stundenzahl als ich hat, es mittlerweile so eingependelt, dass ich das operative Tagesgeschäft begleite und er im Prinzip die langfristigen Termine begleitet, die langfristigen Entscheidungen für uns mit aufbereitet. Die machen wir zusammen. Aber dadurch, dass wir vier Schultern statt zwei sind, können wir uns gerade noch den Luxus leisten zu sagen: Ich gucke auf jeden Tag. Sie kucken auf den Monat, das nächste halbe Jahr. Gerade in Bezug auf Personalplanung ist für uns immer wichtig, weil eine Behörde braucht rund ums Jahr etwas, und da ist es jetzt nicht wirklich so, dass man sagt, okay, es ist jetzt Weihnachten, da es ruhig. Ganz und gar nicht, da muss immer noch irgendwas gemacht werden. Und das heißt, wir müssen auch immer so organisieren im Team, mit dem Team, das wir arbeitsfähig bleiben. Und es gibt nun mal keine Betriebsferien in der Behörde, wo man dann sagt, okay, vom 20. Dezember bis Dreikönig sind Betriebsfeiern, das gibt’s nicht. Und da kommen wir immer dazu, dass wir dann die Perspektive mitbedenken müssen.

[00:06:40] Kristina Appel: Jetzt ist ja Altersdiversität, der Generationenwechsel, darüber wird in allen Unternehmen gesprochen. Wie erlebst du das?

[00:06:47] Steffi Falahat: Also für mich ist es eine riesengroße Chance, von meinem beruflichen Partner zu lernen, weil er zum einen tatsächlich ein großer Gegenpol auch vom Naturell zu mir ist und ich darin einfach einen Vorteil sehe, weil ich immer die Möglichkeit habe, auch eine andere Perspektive aufgezeigt zu bekommen. Und natürlich ist seine Prägung, berufliche Prägung eine andere als vielleicht meine. Ich bin ein Millennial. Aber wir haben bei uns im Team einfach eine berufliche Bandbreite von über vier Jahrzehnten. Wir haben GenZ, wir haben Millennials und wir haben Babyboomer. Ich merke, dass es von Vorteil ist, dass wir auch schon in der Führung diese Altersdiskrepanz drin haben, weil dann einfach klar wird, die unterschiedlichen Lebensphasen benötigen unterschiedliche Umsetzung in den Alltagen, auch bei ihm.

[00:07:42] Kristina Appel: Es klingt, als wärst du Fan von diesem Setup. Wenn wir jetzt drüber nachdenken, was muss man auch als Person mitbringen? Was würdest du sagen? Was für ein Mensch eignet sich sehr gut dafür, so eine Spitze auch zu teilen?

[00:07:57] Steffi Falahat: Der Wille und der Wunsch, teilen zu können. Also man muss Verantwortung abgeben können. Das ist ganz wichtig. Man muss wissen, dass man zu zweit ist. Und das hängt natürlich ein bisschen vom Charakter ab. Ich würde mich persönlich als extrem entscheidungsfreudig und auch eigenständig beschreiben und sehen. Nur tatsächlich muss man den Willen zur Kommunikation und dem Willen zum Verständnis füreinander mitbringen oder ihn lernen. Also gerade in Pilotprojekten hat man ja die Gelegenheit, etwas zu lernen, sich dieser Herausforderung zu stellen. Also wenn man halt schon weiß, dass man den fachlichen Austausch eigentlich natürlich prioritär sieht, dann muss man sich fragen, möchte ich dann trotzdem führen? Weil Führen heißt immer vom Fachlichen weggehen, in einigen Teilen. Und das könnte man in so einem Pilot hervorragend lernen.

[00:08:48] Kristina Appel: Lass uns mal über die Behörde grundsätzlich sprechen, weil das Klischee ist ja, da mahlen die Mühlen so ein bisschen langsamer, die hängen mit der Digitalisierung so ein bisschen hinterher. Wie hast du das erlebt?

[00:09:01] Steffi Falahat: Also, dass die Mühlen etwas langsamer mahlen, das können wir uns bei uns, glaube ich, einfach auch sagen: Das ist ein reines Klischee. Ich glaube, mittlerweile kennen wirklich große Teile der Bevölkerung die Bundesnetzagentur aus verschiedensten Aspekten. Natürlich ist es auf der große Bühne gekommen mit der Gaskrise und dem Angriffskrieg, wo auch klar war, was Behörden eigentlich im Hintergrund machen, dass sie wirklich für Versorgungssicherheit stehen. Für mich persönlich ich bin in die Bundesnetzagentur gekommen in dem Sommer nach Fukushima, als entschieden wurde, die Atomkraftwerke werden abgeschaltet, und durfte in einem komplett neuen Team arbeiten, was in der ganzen Behörde zusammengesammelt wurde, um die Stromnetze umzugestalten, um einfach dafür zu sorgen, dass wir perspektivisch natürlich nicht von heute auf morgen nicht mehr auf die AKWs angewiesen sind. Auf der anderen Seite habe ich halt auch immer die Erkenntnis, dass sobald etwas politisch oder in der Bevölkerung passiert, trifft es im Prinzip auch uns als Verwaltung. Bei der Umgestaltung der Stromnetze: ja, damals hatten wir 80-Stunden-Wochen. Ja. Brauche ich das jetzt noch mit zwei Kindern? Ehrlich gesagt nein. Und ich bin dankbar, dass ich eine neue Stelle mit interessanten Positionen gefunden habe. Und das alles in einer Behörde. Und da ist für mich halt dieser Zusammenhang zwischen altbacken und da macht man halt seine, in unserem Fall, 41 Wochenstunden und dann ist gut – das ist nicht so! Also mein Berufsalltag in den 13 Jahren war immer abwechslungsreich, war immer interessant und wenn wir jetzt sehen, der Fokus, auch grad wenn – du hattest es eben erwähnt – dass die einfach nicht digitalisiert sind. Mein Berufsalltag ist hundertprozentig digital. Wir haben alles digitalisiert in unserem Feld. Die Bundesnetzagentur hat jetzt wieder neue Zuständigkeiten bekommen, die auch stark ins Digitale gehen. Wir wandeln uns mit den Anforderungen, die an den Alltag gestellt werden. Und das finde ich interessant an der Behörde.

[00:11:14] Kristina Appel: Zwischenzeitlich bist du ja noch mal in eine ganz andere Richtung gegangen. Du bist in Berlin gewesen, hast Abgeordnete des Bundestags beraten, deine Expertise zur Verfügung gestellt. Wie offen waren da die Ohren für Versorgungsfragen? Wie muss ich mir das vorstellen?

[00:11:29] Steffi Falahat: In diesem Berlinausflug bin ich natürlich gekommen durch die Position vorher in der sogenannten Netzentwicklung. Als wir die Netze neu geplant haben. Es betrifft und betraf ja ganz Deutschland. Also die Ohren waren natürlich offen. Wie kommen wir dazu, dass wir jetzt durch alle Bundesländer von Nord nach Süddeutschland überlegen, entweder Stromtrassen zu erweitern? Das ist natürlich nicht ganz so kritisch meist gesehen worden am Anfang, oder gar neue zu bauen. Und das heißt, das Interesse war schon da, und alles, was wir erarbeitet haben, musste auch vom Bundestag in Gesetzesform akzeptiert werden. Das heißt, es war auch da war ein Austausch sehr wichtig und auch die Glaubwürdigkeit der Behörde. Das heißt, nicht nur unser Team aus Technikern hat das alles berechnet, sondern wir haben auch immer externe, unabhängige Gutachter dabei gehabt, weil das so wichtig ist, dass klar ist, dass die Bevölkerung, vertreten durch die Bundestagsabgeordneten, dann einfach sagen kann: Okay, es ist begründet und es ist notwendig und es wird immer wieder überprüft. Und dadurch hat man halt natürlich bei den einen größere Sorgen. Weil die aber auch ihre Region kannten und die eigentlich sehr schön fanden. Das ist wie das Beispiel mit den Windrädern in Bayern, wo man weiß, dass sie eigentlich ganz sinnvoll sind. Nur auch dafür muss man ein Ohr haben. Und das hat ja unsere Behörde umgesetzt, indem sie halt gesagt hat: Okay, wir schauen, dass wir auch da vor Ort Leute haben, die das aus der fachlichen Perspektive erklären können. Das schätze ich immer noch an unserer Behörde, dass sie gesehen haben, die Notwendigkeit besteht. Und als ich aus Berlin dann zurückgekommen bin, bin ich ja erst mal komplett in die Pressearbeit gegangen und war Pressesprecher für die Behörde. Weil für mich Kommunikation, man merkt es, einfach ein ganz, ganz wichtiger Faktor ist. Es hilft ja nicht, wenn man im stillen Kämmerlein einfach eine super Arbeit macht, aber niemand sie sieht oder niemand sie versteht. Klar, also auch untypisch für eine Behörde. Aber wir sind da breit aufgestellt. Das war vor zehn Jahren alles wesentlich kleiner, als es jetzt ist. Aber unsere Behörde hat ja auch mit dem Team der Pressestelle jetzt den Angriffskrieg geschafft. Und natürlich ist das wahrscheinlich auch ein Kraftakt gewesen, in dem ich nicht persönlich einbegriffen war. Aber das muss man dann auch sehen.

[00:13:56] Kristina Appel: Ja, das ist eine schöne Überleitung, weil ich glaube, vielen Bürger:innen wurde erst durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine klar: Der Strom kommt halt nicht einfach aus der Steckdose. Und viele Menschen haben da erst ein Bewusstsein für die Beschaffung entwickelt. Wie hat sich diese Zeit auf deine Arbeit und euer Team auch ausgewirkt?

[00:14:16] Steffi Falahat: Das trifft es ganz gut mit den Bürgern dabei, weil natürlich hatten ganz viele Bürger Fragen und es war auch wichtig, dass diese Fragen dazu beantwortet werden. Nur wie schafft man das, ad hoc eine Infrastruktur aufzubauen, die allen Bürgern gerecht wird? Das heißt, der Einkauf musste Möglichkeiten suchen, einen Riesen-Hotline-Standort zu finden und das im Prinzip auch im Idealfall eher gestern als morgen. Auf der anderen Seite ging es ja auch darum, wie können wir die Sicherheit halt für unsere Teams gewährleisten? Wie können wir im Prinzip dafür sorgen, dass alle unsere Leute immer arbeiten können, wenn sie müssen? Es wurden natürlich Krisenteams bestimmt, die einfach, je schlimmer die Situation gewesen wäre, einfach auch im Schichtdienst hätten arbeiten müssen. Und im Schichtdienst arbeiten heißt tatsächlich, dass man dann als Beschaffung dann auch dafür sorgt, dass die dann Essen da hätten, dass sie dann Trinken da haben, das ist Vorsorge im Notfall.

[00:15:19] Kristina Appel: Ein komplexes, sehr großes Feld, wo man sehr viel vereinbaren muss. Und da stellt sich für mich die Frage: Du hast 2017 dein erstes Kind bekommen. Mittlerweile bist du Mutter von zwei Kindern. Wie habt ihr euch als Paar, als Eltern organisiert?

[00:15:36] Steffi Falahat: Mein Ehemann ist auch Führungskraft bei uns in der Behörde, allerdings in einem ganz anderen Bereich. Für uns war der größte Paukenschlag natürlich Corona. Da war klar, dass wir arbeiten müssen und es ganz wichtig ist, dass wir an unseren Positionen arbeiten. Aber wir hatten einfach auch ein kleines Kind. Und da hat man natürlich hinterfragt, wenn man das Kind und seine Erschöpfung gesehen hat, wie lange können wir das hier noch? Wir hatten vorher schon bei der Geburt unserer ersten Tochter jeder anteilig den gleichen Anteil an Elternzeit. Das ist bei uns ein wirkliches Vereinbarkeit, auch in der Beziehung. Aber nachdem wir Corona dieses erste halbe Jahr gesehen haben, okay, wir müssen noch mal unser Familienkonzept überdenken und auch schauen, wie wir das Familiäre mit dem Beruflichen besser vereinbaren. Und das hieß dann halt, dass wir beide einige Stunden reduzieren. Das heißt nicht, dass die Arbeit weg ist. Die Illusion sollte man nicht haben. Aber dass wir zeitlich flexibler für unsere Familie sind und im Prinzip, als alle durchgeatmet hatten nach Corona, kam halt der nächste große Arbeitsaufwand mit dem Angriffskrieg. Aber da hatten wir auch schon unser zweites Kind und waren da dann aber auch schon sicherer darin. Zum einen dieses Wissen: Wir schaffen das. Und ja, es wird Zeiten und Tage geben, wo wir nicht nur auf die wunderbaren Arbeitsmodelle unseres Arbeitsgeber angewiesen sind, sondern einfach auch mal erkennen müssen: Es geht nicht alles. Man kann nicht immer alles zu 100 Prozent erfüllen. Das ist für mich persönlich sehr schwierig, weil ich einen sehr hohen Anspruch an meine Position als Führungskraft, an mich als Mutter habe. Aber ich weiß, dass ich nicht alles auf einmal mit 100 Prozent kann. Und wenn man sich das zugesteht und als Paar auch sagt, dann bleibt halt mal die Wäsche liegen, dann ist das etwas einfacher, glaube ich. Ich kann es nur für uns sagen, aber für uns ist es ein guter Weg.

[00:17:53] Kristina Appel: Kannst du noch mal beschreiben, was die großen Herausforderungen sind und wie ihr denen begegnet? Ist es vor allem Timing? Also wer ist rechtzeitig da, um die Kinder von der Kita abzuholen? Oder wie muss ich mir das vorstellen?

[00:18:07] Steffi Falahat: Wir haben eine besonders große Hürde. Unsere Kita hat in diesem Jahr, also jetzt Anfang August, bisher nur drei Wochen reguläre Öffnungszeiten gehabt, und es sind immer eingeschränkte Öffnungszeiten und auch sehr häufig sehr spontane Verkürzungen. Da hilft es, dass wir in der Behörde tatsächlich keine Kernzeiten haben, dass wir mobiles Arbeiten haben und die flexiblen Arbeitszeiten. Natürlich ist es wichtig, dass wir erreichbar sind. Und als Führungskräfte gibt es Kernzeiten, die sind nicht definiert, aber da sollte man für sein Team erreichbar sein. Aber für uns bedeutet das als Paar die große Hürde Betreuungssituation. Sind wir in der Lage, größtenteils abzufangen? Wenn, was bei uns auch üblich ist, man auf Dienstreise ist, dann ist klar, dann muss der andere Partner einfach gucken, dass keine Termine in den sogenannten Randzeiten sind, weil die fallen einfach aus, weil das Kind kann nicht alleine in der Kita bleiben. Und natürlich würden wir uns dann wesentlich bessere Betreuungssituation wünschen. Da arbeiten wir auch wirklich dran. Wir sind auch natürlich aktiv in der Elternarbeit. Es gab Phasen, da war ich im Vorsitz vom Elternausschuss, im Kreiselternausschuss, im Vorstand und im Landeselternausschuss, um irgendwie was zu bewegen. Aber für uns ist eine der größten Hürden einfach die Betreuungssituation. Die wir aber nicht beeinflussen können! Und das ist ja der Punkt auch wieder: Wenn man es selbst nicht beeinflussen kann, muss man halt eine Lösung finden, damit zu leben. Und das ist natürlich auch abhängig vom Paar. Und wir zählen jetzt nicht: Ich habe dreimal abgeholt und du zweimal! Weil wir eh wissen, wir haben die Kinder jetzt nicht nach einem mathematischen System bekommen, und das Leben ist auch nicht mathematisch berechenbar. Meistens. Da ist Verständnis füreinander und manchmal auch, was für uns wichtig ist, wir haben natürlich uns ein Netz aufgebaut, ein Netz aus Familien im Freundeskreis, der im Zweifelsfall auch irgendwie mal ermöglicht, dass der Junge, unser Jüngster, einfach irgendwo noch spielen kann, wenn gar nichts mehr geht. Und ohne könnte ich es mir auch gerade gar nicht vorstellen. Aber ich glaube, dass eine Kita einfach über ein halbes Jahr keine regulären Öffnungszeiten hat, ist jetzt sogar jetzt noch relativ ungewöhnlich und das wünsche ich niemandem.

[00:20:43] Kristina Appel: Du hast mir im Vorgespräch erzählt, dass ihr als Paar schon sehr organisiert wart, auch offen gesprochen habt, und dass dein Mann auch Führung in Teilzeit macht. Das heißt, du arbeitest konkret mehr Stunden als er? Du arbeitest vollzeitnah, wenn ich das richtig verstehe?

[00:21:01] Steffi Falahat: Wir arbeiten beide vollzeitnah, das heißt, der Bundesbeamte hat 41 Wochenstunden, die er regulär machen sollte. Mit Kindern kann man es auf 40 machen. Aber das ist natürlich nicht umsetzbar mit Eltern, die beide 40 Stunden arbeiten würden, ohne Überstundenbetrachtung. Und da hatten wir uns entschieden, dass wir jeder auf 36 Stunden runtergehen. Das klingt wenig, ist aber, wenn man zusammenrechnet, ja ein ganzer Arbeitstag pro Woche, und das ermöglicht relativ viel Flexibilität. Und der Faktor: Wie organisieren wir uns beruflich wie privat? Digital, also ohne die gemeinsamen Kalender und ohne die gemeinsamen To-do-Listen, würde ich vermuten, dass der Kühlschrank häufiger nicht so gut gefüllt wäre und auch die eine oder andere Schulaufführung unserer Tochter nicht ganz so gut besucht wäre. Natürlich muss man dafür geeignet sein. Also mir ist klar, wer halt einfach auch grad noch so schöne Papierkalender oder so mag, der findet das nicht nett, dass er einfach alles und jedes in einen mitgeteilten Kalender eintragen muss/kann/soll. Nur da wir selten am gleichen Ort sind als Paar, also wirklich selten, ist es einfacher, als alles auf die sogenannten Abendstunden, wo man dann eh erschöpft ist oder wo man der eine oder andere doch noch was nacharbeiten muss, zu verschieben in der Kommunikation, da helfen halt die digitalen Tools ungemein. Das ist aber auch in meinem beruflichen Alltag mit meinem beruflichen Partner genauso. Wir sind natürlich im regen Austausch. Aber es ist auch sehr viel digital. Wir geben uns sehr viel Infos hin und her, damit wir Wissenslücken nicht zu groß werden lassen oder medial gar nicht erst entstehen lassen. Also hat im Prinzip schon mein privates Leben mich auf eine geteilte Führung vorbereitet. Das kann ich jetzt sagen. Das ist ein berechtigtes Kompliment. Mit beiden Partnern ist es ein Mehrwert, der mir ermöglicht, als stolze Mutter aber auch beruflich was Erfüllendes zu machen.

[00:23:18] Kristina Appel: Kannst du uns noch mehr darüber erzählen, inwiefern die Bundesnetzagentur euch diese Organisation und Kommunikation erleichtert?

[00:23:25] Steffi Falahat: Also natürlich nicht uns als Individuum, weil wir sind 3200 Leute. Aber die Bundesnetzagentur hat es geschafft, in den vergangenen Jahren einfach sehr gute Rahmenbedingungen zu schaffen, um das, Schlagwort „lebensphasennahes  Arbeiten“ zu ermöglichen. Und das heißt einfach, dass wir bei den Arbeitszeitmodellen sehr flexibel sind. Wir haben keine Kernzeiten im klassischen Sinne, wir haben komplett flexible Arbeitszeiten, wir haben die Möglichkeit, Überstunden flexibel abzubauen und nicht nur reine Urlaubstage. Wenn man das jetzt von den großen Begriffen runterbricht, heißt das einfach, dass wir für uns einfach eine Möglichkeit haben, als junge Eltern das berufliche durch morgens einmal später Anfangen – natürlich muss man darauf achten, dass man keine Termine da hat – vielleicht einfach dann den Kinderarzttermin da reinzubringen, was mit Kernzeiten einfach schwierig wäre. Oder wenn wir sehen, dass die Kinder krank sind, dann bleiben die bei uns nicht allein, obwohl wir berufstätig sind, sondern wir können relativ schnell flexibel sagen: Okay, wir teilen uns sogar die Kindkranktage, weil das kann man bei uns in halben Tagen machen, und das nimmt einen guten Stressfaktor, weil es natürlich einfacher ist, weil man weiß, man hat noch mal am Tag irgendwann ein Zeitfenster zum Arbeiten und man hat nicht allein die Verantwortung und alleine mehr Tag. Für uns ist das ein kleines Add-on gewesen, was tatsächlich über die Wintermonate mit Kindern extrem hilft, weil die bringen aus der Kita alles Mögliche mit, wenn die Kita auf hat. Und das ist halt schwer planbar. Und da hat die Bundesnetzagentur es geschafft, Rahmenbedingungen zu machen, die auch in den Teilzeitmodellen sehr flexibel sind. Mein beruflicher Partner hat zum Beispiel einen Tag frei pro Woche und dann ansonsten reduzierte Vier-Tage-Woche. Und das kann man tatsächlich bei uns sehr, sehr flexibel machen. Ich glaube, das Minimum, was man arbeiten muss, ist 15 Stunden, und alles darüber kann man gestalten. Es gibt sogar Arbeitszeitmodelle, wo man sich austauschen kann im Zwei-Wochen-Takt. Und das ist alles möglich, wenn man halt weiß, dass ich in den Wochen mehr die Kinder betreue, das ist jetzt, sage ich mal, andere Familiensituation, wie zum Beispiel wenn man einfach sich das Sorgerecht teilt und die Kinder wochenweise da sind, könnte man das mit unseren Arbeitszeitmodellen so machen. Dann sind das die Wochen, wo man mehr im Homeoffice ist. Und wenn die Kinder nicht da sind, dann sind das die Wochen, wo man mehr im Büro ist. Das ist fortschrittlich und passt auch mehr ins Leben als viele andere klassische Vorstellungen, wann man um welche Uhrzeit im Büro sein muss, und dass man das bitte auch jeden Montag, egal was kommt, zu machen hat.

[00:26:38] Kristina Appel: Dreizehn Jahre Bundesnetzagentur – das war deine einzige Bewerbung, dein einziges Bewerbungsgespräch. Würdest du alles wieder genauso machen?

[00:27:46] Steffi Falahat: Ja, kurz und knapp wäre jetzt einfach: Ja. Natürlich gibt es manchmal Aspekte, wo man sich eben auch fragt: Möchte ich das wirklich mein ganzes Berufsleben machen? Da ist der Vorteil, dass ich in der Behörde bin, und das hatten wir im Gespräch ja schon, wo man innerhalb der Behörde unglaublich viele Möglichkeiten hat, sich weiterzuentwickeln, fachlich oder eben auch in anderen Positionen, so dass ich, mit Stand jetzt, natürlich kann sich das ändern, sage: Ich glaube, ich würde immer eine Möglichkeit finden in dieser Behörde mich gegebenenfalls neu zu orientieren. Und das finde ich einfach sehr gut. Und wir haben nicht nur die Möglichkeit für fachlich, sondern wir können uns auch von den Standorten halt neu orientieren. Das habe ich jetzt schon gemacht und ich möchte auf keinen Fall meine Familie wieder umpflanzen. In der Lebensphase, in der wir sind. Aber man kann bei uns in – wir haben bundesweit 46 Standorte. Da ist einfach so eine Flexibilität in räumlich, fachlichen und Position drin, dass ich mir schon vorstellen kann, dass man sein Berufsleben in der BNetzA verbringt und trotzdem nicht der angestaubte Beamte die angestaubte Beamtin wird, die vielleicht im Bild von manchem im Kopf ist.