Wird man als Gründerin geboren? Gibt es ein „Unternehmer-Gen“, das man entweder hat oder nicht? Wie entwickele ich mich zur Gründerin und wann ist der richtige Zeitpunkt zum Gründen? Auf diese und andere Fragen gibt Christine Kiefer anhand ihres eigenen Werdegangs Antworten und Inspirationen. Sie hat in ihrer Karriere sehr unterschiedliche Stufen durchlaufen: von der Investmentbankerin über die angestellte Geschäftsführerin zur Gründerin ihres eigenen Blockchain-Start-ups. Das MeetUp richtete sich an Frauen, die überlegen zu gründen, gerade gegründet haben oder eine Position als Geschäftsführerin anstreben.
„Fähigkeiten kann man entwickeln“
herCAREER: Welche Skills sollte Frau mitbringen, wenn sie als Gründerin erfolgreich sein will?
Kiefer: Statt von Skills – also konkreten Fähigkeiten – möchte ich lieber von Eigenschaften und Charakterzügen sprechen. Denn: Fähigkeiten kann man entwickeln oder ganz einfach dazukaufen! Für wichtiger halte ich die innere Einstellung. Um als Gründerin erfolgreich zu sein, sollte man zuallererst die Bereitschaft mitbringen, ständig dazuzulernen. Man wird permanent mit Dingen konfrontiert werden, die man zum ersten Mal macht und daher zunächst noch nicht kann. Das kann mitunter beängstigend sein. Daher muss man auch dazu bereit sein, sich außerhalb seiner comfort zone zu wagen, wie es so schön heißt. Verantwortung zu übernehmen für ein großes Budget, Verantwortung für Mitarbeiter zu tragen, vor Investoren zu pitchen – all dies erfordert Mut.
Nicht alles glückt beim ersten Versuch, nicht jedes Gespräch verläuft erfolgreich. Von daher muss man auch ein starkes Rückgrat haben und darf sich von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen. Weiterhin sind Kritikfähigkeit und die Fähigkeit zur Selbstreflexion wichtig. Was kann ich gut, was kann ich schlecht? Natürlich hilft es sehr, Industriewissen mitzubringen für den Bereich, in dem man gründet. Genauso wichtig ist es aber, gut einschätzen zu können, was man nicht kann, um sich einen oder mehrere passende Mitgründer suchen zu können, die die eigenen Schwächen ausgleichen.
Letztlich muss man gut priorisieren können und den Hang zur Perfektion verlieren. Bei einer Gründung ist unglaublich viel zu tun, alles ist dringend, und es scheint keine optimale Reihenfolge für die Vielzahl der Dinge zu geben, die erledigt werden müssen. Deswegen muss man Abstand davon nehmen, alles perfekt machen zu wollen.
herCAREER: Was ist Ihr Top Tipp für Frauen, die eine großartige Idee haben, aber nicht wissen, was sie damit anstellen sollen?
Kiefer: Ich habe immer den Kontakt zu Menschen gesucht, die dort schon waren, wo ich noch hinwollte im Leben. Nach meinem Informatikstudium wollte ich Investmentbankerin werden. Also habe ich mich vor die London Stock Exchange gesetzt und alle nach Banker aussehenden Menschen angesprochen: Was machen Sie? Und wie sind Sie in diese Position gekommen?
Bei meinem ersten Fintech BillPay war ich angestellte Geschäftsführerin, aber nicht die Gründerin. Trotzdem war mir klar, dass der nächste Schritt eine eigene Gründung werden würde. Also suchte ich in der Berliner Szene Austausch mit vielen anderen Gründerinnen. Ich würde mich also immer fragen: Wen bewundere ich? Wer ist so, wie ich es gerne wäre? Und dann den Austausch und Kontakt zu diesen Menschen suchen.
herCAREER: Gründen oder nicht gründen? Besonders Frauen schrecken vor einer Gründung oftmals zurück. Was raten Sie Frauen, die eigentlich gern gründen würden, aber den Schritt bisher nicht gewagt haben?
Kiefer: Ich rate diesen Frauen, zunächst einen Plan zu machen und das Vorhaben niederzuschreiben. Und sich dann konkret zu überlegen: Was passiert, wenn es schiefgeht? Wenn man die Folgen nüchtern durchdenkt, merkt man: Nichts. Das Leben geht trotzdem weiter. Man hat immer noch eine Familie und Freunde. Man ist trotzdem noch ein toller Mensch. Und man findet garantiert ein andere Möglichkeit, Geld zu verdienen oder eben neu zu gründen.
herCAREER: Wie können oder möchten Sie kontaktiert werden?
Über die Person
Christine Kiefer ist die Gründerin von RIDE Capital, einem Blockchain Startup, das Immobilieninvestments mit institutioneller Qualität und professionellem Management für Privatanleger zugänglich macht. Christine war am Aufbau mehrer Startups beteiligt, darunter BillPay, einem Anbieter für Online-Bezahlmethoden, und Pair Finance, einem digitalen Inkassounternehmen. Neben ihren unternehmerischen Aktivitäten gründete Christine Kiefer die Fintech Ladies, ein Netzwerk für Frauen, die sich mit Digitalisierung und Innovation im Finanzbereich beschäftigen. Christine ist seit mehr als zehn Jahren in der Finanzindustrie tätig. Bevor Christine in die Startup-Szene nach Berlin wechselte, arbeitete sie für Goldman Sachs in London im Bereich Equity Derivatives.
Dieses MeetUp wurde präsentiert von Fintech Ladies und war Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2019, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.