Als Produktverantwortliche für digitale Lösungen in der Luftfahrt mit internationalen Airline-Kunden ist Dajana Kunz in einem immer noch doppelt männerdominierten Bereich unterwegs. Im Interview mit herCAREER spricht sie über ihren beruflichen Werdegang, Herausforderungen und über die Vorteile von divers zusammengesetzten Teams.
„Die Luftfahrtindustrie ist für mich in allen Bereichen, ob technisch oder digital, ein spannendes und vielfältiges Arbeitsumfeld“
herCAREER: Hast du bei deinem Werdegang im technischen und dann im digitalen Umfeld als Frau ähnliche oder eher unterschiedliche Erfahrungen gemacht?
Dajana Kunz: Meine persönlichen Erfahrungen variieren, was aus meiner Sicht daran liegt, dass sie von verschiedenen Faktoren wie dem Zeitpunkt meines Einstiegs in die jeweiligen Bereiche, meinem Alter und meiner Berufserfahrung beeinflusst wurden. Meine Tätigkeit als Ingenieurin hat mir dabei von Anfang an viel Spaß gemacht. Die Luftfahrtindustrie ist für mich in allen Bereichen, ob technisch oder digital, ein spannendes und vielfältiges Arbeitsumfeld. Gerade im technischen Bereich habe ich zwar als junge Ingenieurin Situationen erlebt, in denen ich mich nicht ernst genommen fühlte oder den Eindruck hatte, dass man mich nicht als „ebenbürtig“ betrachtet, gleichzeitig hatte ich aber zum Glück ein Netzwerk an großartigen Kolleginnen und Kollegen, die mich zu jeder Zeit unterstützt haben.
Vor einigen Jahren bin ich dann aus dem Engineering in den AVIATAR gewechselt. AVIATAR ist eine Plattform für digitale Produkte für Airlines und die Marke, unter der Lufthansa Technik diese vertreibt. Wir sind Teil eines Business-Segments der Lufthansa Technik mit inzwischen drei Standorten. Hier erlebe ich die Führungskultur weniger hierarchisch, das Team ist diverser und insgesamt offener. Meine persönliche Weiterentwicklung durch mehr Berufserfahrung in Kombination mit dem gesellschaftlichem Wandel hin zu mehr Bewusstsein für die Vorteile von Diversität hat aus meiner Sicht dazu beigetragen, dass ich solche Situationen in meinem weiteren Berufsleben nicht mehr erlebt habe.
herCAREER: Mit welchen Herausforderungen warst du konfrontiert, als du in den neuen Bereich gewechselt bist? Musstest du dich gegen andere durchsetzen, die „schon alles konnten“?
Dajana Kunz: Meiner Ansicht nach liegt der Fokus bei einem beruflichen Wechsel und allgemein bei der Annahme neuer Herausforderungen weniger darauf, ob andere Personen „alles können“, sondern vielmehr darauf, was man selbst glaubt zu können. Sich mit anderen zu vergleichen, bringt einen dabei nicht weiter. Ich denke, dass insbesondere Frauen oft überschätzen, was sie an Fähigkeiten, Kompetenzen und spezifischem Know-How bereits im Vorfeld für eine bestimmte Position mitbringen müssen. Deswegen zögern sie eher, solche beruflichen Herausforderungen anzunehmen oder überhaupt erst in Erwägung zu ziehen.
Letztendlich gibt es aber keine Person, die alles kann und weiß – und das ist meiner Erfahrung nach auch gar nicht notwendig, weil die meisten Dinge im beruflichen Umfeld erlernbar sind, wenn man es möchte. Als ich in den digitalen Bereich wechselte, konnte ich abgesehen von einigen grundlegenden Informatikkenntnissen aus meinem Studium keinerlei spezifisches Fachwissen oder Erfahrung etwa in der Entwicklung von digitalen Produkten vorweisen. Viele Begriffe waren mir fremd, und es gab sehr viel Neues zu entdecken und zu lernen. Trotzdem war das für mich keine Frage des „Durchsetzens“ gegen andere, sondern vielmehr eine Frage der eigenen Neugierde, des Muts und der Offenheit, sich selbst und seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Diese Grundhaltung und Einstellung ist für mich persönlich der Schlüssel dafür, Dinge zu wagen und im Zweifelsfall aus Fehlern für die Zukunft zu lernen.
herCAREER: Inwiefern haben deiner Meinung und Erfahrung nach diverse Teams größere Erfolgschancen?
Dajana Kunz: Zahlreiche Studien belegen, dass der Einsatz von diversen Teams Unternehmen dabei unterstützt, innovativer und wirtschaftlich erfolgreicher zu sein. Diese Überzeugung spiegelt sich auch in meinem Arbeitsalltag wider. In unserem Bereich vereinen wir Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichsten Hintergründen, Ausbildungen und Karrierewegen, die dadurch ganz individuelle Erfahrungen mitbringen. Diese Vielfalt an Perspektiven, Denkmustern und Kommunikationsstilen innerhalb unseres Teams ermöglicht es uns, kreative Lösungen für unsere Herausforderungen zu entwickeln und uns gegenseitig zu ergänzen. Bei uns arbeiten beispielsweise Experten und Expertinnen aus der Luftfahrtindustrie gemeinsam mit IT-Spezialisten und Wirtschaftsingenieurinnen an digitalen Produkten, wie z.B. der Entwicklung eines elektronischen Logbooks für Airlines weltweit. Alle tragen im Rahmen dessen dazu bei, dieses Produkt optimal auf die Bedürfnisse unserer Kunden zuzuschneiden.
Darüber hinaus fördert der Umgang mit einer Vielzahl von Kulturen, bedingt durch unseren internationalen Kundenstamm, die generelle Offenheit und Toleranz für Diversitätsaspekte innerhalb unseres Teams. Ich würde deswegen auch in Zukunft immer wieder vielfältige Teams bevorzugen und freue mich, wenn das durch immer mehr Frauen im technischen Bereich und gerade auch bei der Lufthansa Technik noch besser möglich wird.
Über Dajana Kunz
Dajana Kunz ist Product Lead bei AVIATAR, einem Business-Segment der Lufthansa Technik AG. Dort ist sie für die Entwicklung und den Betrieb von zwei digitalen Produkten zuständig, die von Airlines weltweit genutzt werden. Sie hat Luftfahrtsystemtechnik und -management sowie Wirtschaftsingenieurwesen studiert und viele Jahre im technischen Bereich der Luftfahrtindustrie gearbeitet. Nach dem Wechsel in das digitale Umfeld ist sie als Product Lead für die strategische Gestaltung und Planung ihrer Produkte verantwortlich und bildet die Schnittstelle zwischen Vertrieb und Entwicklung.