Großartige Table Captains auf der herCAREER@Night: In dieser Interview-Reihe verraten sie, zu welchen Themen sie zum Austausch zur Verfügung stehen, was ihre aktuellen Projekte sind und geben Tipps, wie Dritte von ihrem Wissen profitieren können.
Digitale Transformation – Chancengleichheit – Entwicklungschancen von Frauen
herCAREER: Zu welchen Themen / Bereichen können Sie auf der herCAREER@Night einen Austausch bieten oder wünschen Sie sich gar einen Austausch?
Marrs: Die digitale Transformation ist in Deutschland Chefsache. Aber wird sie auch für mehr Chancengleichheit und Gendergerechtigkeit genutzt? Hierzu würde ich gerne in einen Austausch kommen und gemeinsam mit meinen Gesprächspartnerinnen prüfen: Sind wir mit Blick auf die Entwicklungschancen von Frauen in der digitalen Transformation auf dem richtigen Weg?
Ich persönlich sehe den aktuellen Umbruch als Chance, die Entwicklungschancen und Karrieren von Frauen endlich nachhaltig zu verbessern. Ich bin aber auch überzeugt: Ohne eine echte Gestaltung können wir diese Chancen nicht nutzen. Daher müssen wir jetzt die Weichen stellen und Digitalisierung und Gendergerechtigkeit konsequent zusammendenken. Wie können wir an den Neuerfindungsprozessen, die gerade in den Unternehmen stattfinden, andocken? Wie verändern sich Organisations-, Führungs- und Karrieremodelle und wie können sich in einer solchen Umbruchsituation Türen für Frauen öffnen? Wie können sie in Unternehmen die Zukunft mitgestalten, wenn dort alte Strukturen und Kulturen aufbrechen? Für ganz wichtig halte ich mit Blick auf die berechtigten Ängste vor immer mehr Automatisierung und Rationalisierung auch das Thema Qualifikation. Wie schaffen wir es die mit der Digitalisierung entstehenden neuen Tätigkeitsprofile zu definieren und auszugestalten und die Menschen hierfür zu empowern?
Es gibt also viel Stoff für eine spannende Debatte. Ich freue mich darauf.
herCAREER: Welches sind Ihre aktuellen Projekte / Herausforderungen, an denen Sie arbeiten? Können Sie einen kurzen Einblick geben?
Marrs: Wir verknüpfen die Frage nach der Verbesserung der Entwicklungschancen von Frauen mit einer fundierten Analyse der digitalen Transformation in den Unternehmen. Damit gehen wir nicht nur in der Wissenschaft einen neuen Weg. Wir öffnen auch in den Unternehmen einen neuen Zugang zum Thema Gendergerechtigkeit. Denn unsere Forschungsvorhaben sind gleichermaßen theoretisch fundiert als auch auf die praktische Veränderung direkt in den Betrieben angelegt.
Aktuell beschäftigt mich vor allem unser neues Projekt: #WomenDigit. Mit #WomenDigit wollen wir Positiventwürfe für die neue Arbeitswelt entwickeln und dabei Frauen zu Gestalterinnen des digitalen Aufbruchs in den Unternehmen machen. Das ist ein ziemlich ehrgeiziges Ziel. Aber wir arbeiten mit vielen engagierten Partnern zusammen vom Dax-30-Unternehmen wie Siemens und VW über mittelständische Unternehmen wie Gothaer Systems bis hin zu innovativen Startups wie RatePay. Das ist nicht nur inhaltlich sehr spannend und herausfordernd, sondern auch methodisch. Wir setzen in diesem Projekt auf ein neues, in unserem Forschungsteam entwickeltes Instrument: Betriebliche Praxislaboratorien, die beteiligungsorientiert, agil und sozialpartnerschaftlich arbeiten. Diese Labs bereiten wir gemeinsam mit unseren Partnerunternehmen gerade vor. In einem solchen Praxislaboratorium entwickeln wir dann mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort in den Betrieben neue Konzepte für die digitale Arbeitswelt. Wichtig ist dabei: Die Mitglieder der Lab-Teams identifizieren die Herausforderungen und Handlungsfelder. Sie setzen also selbst die Themen. Dies bedeutet eine völlig neue Form der Gestaltung aus der Mitte der Belegschaft heraus. Denn wir sind überzeugt: Wie die digitale Arbeitswelt am Ende aussieht, entscheidet sich im Herzen der Unternehmen.
Über die Person
Dr. Kira Marrs ist Wissenschaftlerin am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) München e.V. Ihr Forschungsschwerpunkt ist der digitale Umbruch von Wirtschaft und Arbeit. Ein wichtiger Fokus von ihr liegt auf der Förderung der Entwicklungschancen und Karriere von Frauen in der digitalen Arbeitswelt. In diesem Kontext verantwortet sie den Forschungsschwerpunkt „Frauen in der digitalen Arbeitswelt“. Auftraggeber und Projektpartner der teils internationalen Forschungsvorhaben sind die Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie Arbeit und Soziales, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Sozialpartner, DAX-Konzerne und Innovations-Partner.
Kira Marrs promovierte an der Technischen Universität Darmstadt zum Thema neue Leistungskonzepte in der Dienstleistungswirtschaft und studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München in den Fächern Soziologie, Psychologie und Kriminologie.