„Die Antidiskriminierungs­beauftragte des Bundes, Ferda Ataman, hält Warnungen vor Gendersprache für ‚taktisches Getöse‘ und Verbote für einen Rückschritt. Es gehe darum, Menschen Respekt zu erweisen, sagt sie im RND – RedaktionsNetzwerk Deutschland-Interview. Verkrampfen müsse man sich dabei nicht.“

Denn, wie Atamann sagt: „Man soll sich mit Sprache wohlfühlen. Das Ganze ist ja keine Pflichtübung und kein Wettbewerb.“ Es gehe darum, sein Bewusstsein dafür zu zeigen, dass es nicht nur Männer und Frauen, sondern auch intergeschlechtliche und andere Menschen gebe.

„Vieles, was neu ist und das Bisherige infrage stellt, stößt am Anfang auf Widerstand. Solche gesellschaftlichen Debatten sind ein Stück weit normal. Das war vor 30 Jahren so, als es darum ging, erstmals auch Frauen anzusprechen. Statt ‚liebe Bürger‘ sagten die Ersten ‚liebe Bürgerinnen und Bürger‘. Auch da gab es viel Protest. Mittlerweile ist die Doppelform selbst im CSU-Parteiprogramm üblich.“

Verbote, gendergerechte Sprache zu verwenden, hält Ataman für absurd. „Im 21. Jahrhundert staatlichen Institutionen zu verbieten, mehr Geschlechter als zwei anzusprechen, ist eindeutig ein Rückschritt. Was genau verbietet man hier, Toleranz und Respekt? Vorgaben für die Verwaltung wie in Hessen hätten zum Beispiel zur Folge, dass die Anti­diskriminierungs­stelle des Landes keine inklusive Sprache verwenden dürfte. Sie müsste also die eigenen Zielgruppen diskriminierend ansprechen.“ Eine Pflicht zum Gendern fände sie ebenso falsch – doch es sei ein Mythos, dass es einen Genderzwang gebe.

Gendern spalte die Gesellschaft, behauptet Markus Söder – Ataman hält das für „taktisches Getöse und den Wunsch nach Aufmerksamkeit, weil das Thema von echten Problemen ablenkt und mobilisiert. (…) Es ist sehr bedenklich, wenn ein vermeintlicher Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten ausgetragen wird, die ohnehin schon starker Diskriminierung ausgesetzt sind.“

Gendersprache sei übergriffig, wie Friedrich Merz sagt? Ataman: „Ich finde es übergriffig vorzuschreiben, wie Menschen zu sprechen haben. Wer ist denn hier die Verbotspartei? Fakt ist: Sprache verändert sich.“

Es sei allerdings legitim, sich Gedanken zu machen über Verständlichkeitsprobleme, vor allem bei der Schriftsprache. Doch das generische Maskulinum als Alternative? „Es gibt Studien, die zeigen, dass es das Denken verändert, wenn man rein männlich spricht.“

Im Übrigen hält Ataman definitiv andere Probleme für drängender, von denen jedoch offenbar manche mit der Debatte über Gendern ablenken wollten.

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Ein Beitrag von herCAREER, 
veröffentlicht bei LinkedIn 09.01.2024