Heidi Stopper ist eine der gefragtesten Top-Management-Coaches und seit einer Weile auch Buchautorin. herCAREER hat mit ihr über ihren Ratgeber gesprochen.
Frauen im Management
Im Folgenden gibt Heidi Stopper einen Vorgeschmack auf die Storys in ihrem Buch, die all die Details enthalten, die sonst aus glatten Unternehmerinnenporträts so gern herausgekürzt werden – darunter Humorvolles, aber auch Erschreckendes. Außerdem gibt sie Ratschläge aus ihrer eigenen Erfahrungswelt, wertvoll für Frauen ebenso wie für Männer.
Was war der Anlass für dieses Buch?
„Ich werde seit vielen Jahren immer wieder danach gefragt, ob ich nicht authentische Geschichten von mir und anderen weiblichen Führungskräften erzählen wolle. Es gibt ein hohes Bedürfnis nach solchen Geschichten. Warum? Weil das meiste, das wir in den Zeitungen darüber zu lesen bekommen, nicht ganz den Tatsachen entspricht. Das hat verschiedene Gründe: Manche Frauen trauen sich nicht, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen, manchmal sind es aber auch die PR-Abteilungen der Unternehmen, die die Schilderungen der Frauen im ,Weichspülgang’ abmildern.
Die Idee war, den vielen tollen Frauen, die wir kennen, und den Geschichten, die wir hinter verschlossenen Türen hören, Raum zu geben. Denn sie sind es absolut wert, gehört zu werden und sie sind mit Sicherheit für andere Frauen spannend, lehrreich, manchmal einfach nur tröstlich und an der einen oder anderen Stelle auch humorvoll.”
Der Buchtitel suggeriert ein etwas heikles Frauenbild – eine „Blondine“ wird häufig mit „Dummchen“ assoziiert …
„Warum haben wir dennoch den Titel gewählt? Das liegt daran, dass wir ein bisschen die Schärfe aus der ganzen Diskussion herausnehmen wollten, mit der die Frauenthematik heute zum Teil geführt wird. Dafür wollten wir lieber eine augenzwinkernde Komponente reinbringen. Jane Uhlig und ich, wir sind beide selbstbewusste Blondinen und halten uns nicht für Dummchen, aber natürlich gibt es unglaublich viele Klischees, denen wir Frauen – nicht nur die blonden, sondern alle anderen Haarfarben auch – da draußen begegnen. Deswegen fanden wir das einen sehr sinnigen Titel, der zwar mit Leichtigkeit daherkommt, aber auch zeigt, dass Vorurteile einfach immer noch haufenweise zu finden sind.”
Wer sollte Ihr Buch lesen?
„Jeder, der Lust hat, authentische Frauengeschichten zu hören. Das sind ganz unterschiedliche Geschichten; manche handeln von Erfolgen, andere erzählen von Dingen, die schief gelaufen sind, von schwierigen Situationen, die bewältigt werden mussten. Es sind bizarre Geschichten dabei und lustige. Es ist ein unterhaltsames Buch, das sehr viel Einblick darin gibt, wie Frauen ihre Karriere meistern. Daher ist es mit Sicherheit interessant für Frauen, die selbst im Berufsleben stehen, aber auch für Männer, die ein Interesse daran haben, authentische Geschichten zu lesen.”
Welche typischen Vorurteile begegnen Frauen in Führungspositionen immer wieder?
„Eine Unmenge. Das erste ist schon mal: Frauen arbeiten nur dann, wenn der Mann nicht genug Geld verdient, das hört man immer wieder im Buch. Das zweite Vorurteil ist, dass Frauen nicht so gut wie Männer seien und es deswegen ja auch kein Wunder sei, dass es viel weniger Frauen in Führungspositionen gibt. Es werden ja auch selbsternannte Gurus der Headhunting-Szene nicht müde, dies immer wieder zu kommunizieren.”
„Nach mittlerweile 20 Jahren im Berufsleben schockt mich so schnell nichts mehr.“
Und welche davon finden Sie besonders schockierend?
„Nach mittlerweile 20 Jahren im Berufsleben schockt mich so schnell nichts mehr, aber ich finde es immer noch sehr traurig, dass völlig losgelöst von allen Tatsachen den Frauen oft schlicht die Eignung für eine Führungsposition abgesprochen wird. Es gibt 50 Prozent Frauen an den Schulen, es gibt im Durchschnitt 50 Prozent Frauen an den Hochschulen, in der Regel machen sie sogar noch bessere Abschlüsse, warum soll es dann nicht 50 Prozent Frauen in Führung geben? Ich glaube, für Betriebe wäre das nur befruchtend und auch wirtschaftlich erfolgreich. Wenn die Teams vielfältiger sind, pusht das auch die Innovationskraft.”
Können Sie uns auch eine kuriose Begebenheit schildern, die Ihnen eine der im Buch porträtierten Frauen verraten hat?
„Eine Geschichte, die mir nach wie vor selbst bekannt vorkommt, ist die von einer Frau in Führungsposition, die eine Dienstreise mit ihrem neuen CEO unternommen hat. Unterwegs fragt er sie, was ihr Mann denn so mache und sie erzählt ihm, er sei Musiker. Darauf die Reaktion: Ah ja, dann verdient ihr Mann ja nichts. Die Frau hat dann etwas gestutzt und ihm erklärt, dass ihr Mann extrem erfolgreich ein großes Tonstudio betreibe und schon Hollywood-Blockbuster vertont habe, worauf der CEO sie völlig erstaunt fragt: ,Wenn ihr Mann so gut verdient, warum arbeiten Sie dann?’
Was muss sich Ihrer Meinung nach in deutschen Chefetagen ändern, damit mehr Frauen dort präsent werden?
Das fängt ganz oben an: Wir brauchen in den Aufsichtsräten und, noch viel wichtiger, in den Vorständen und Geschäftsführungen mindestens 30, eher 50 Prozent weiblichen Anteil. Ganz einfach: Je mehr weibliche Vorbilder oben in den Chefetagen sind und je selbstverständlicher es ist, dass dort Frauen arbeiten, desto leichter wird es in den unteren Ebenen, Frauen zu etablieren. Der Weg führt genau anders herum als der, den die Firmen eigentlich propagieren: also nicht erst möglichst viele Frauen auf den unteren hierarchischen Positionen zu platzieren in der Vorstellung, dass es dann automatisch auch auf den oberen mehr würden. Das ist ein Trugschluss, das haben wir schon seit 20 Jahren und oben passiert nichts. Der Weg ist genau umgekehrt, man muss oben ansetzen. Oben ganz bewusst und prominent hervorragende Frauen platzieren, die es ohne weiteres im Markt gibt, dann werden auf den unteren Positionen sehr viele Frauen folgen und auch ermutigt, weitere Karriereschritte zu gehen.”
„Wir brauchen in den Aufsichtsräten und, noch viel wichtiger, in den Vorständen und Geschäftsführungen mindestens 30, eher 50 Prozent weiblichen Anteil.“
Muss sich auch in den Köpfen der Frauen selbst mehr ändern? Oder liegt die geringe Zahl an weiblichem Führungspersonal tatsächlich vor allem an Männern/Unternehmen, die sie ausbremsen?
„Es ist schon so, dass Frauen deutlich zurückhaltender sind, wenn es darum geht, die Hand für große Positionen zu heben. Wahrscheinlich, weil uns eingetrichtert wird, dass wir erst perfekt sein müssen, bevor wir uns trauen können. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Männer viel eher die Hand heben, wenn es um hohe Positionen geht, selbst wenn sie nur 60 Prozent der Anforderungen mitbringen. Frauen trauen sich schon nicht, die Hand zu heben, wenn sie 90 Prozent mitbringen. Hier, denke ich, muss man mit mehr Selbstbewusstsein auftreten, wahrscheinlich sollte man in dieser Angelegenheit schon während des Studiums mehr auf die Frauen einwirken.
Und die Firmen müssen viel besser werden in ihrer Auswahl und auch Frauen, die vielleicht zögerlich sind, ermutigen. Es wurde noch keine einzige Karriere gemacht, indem man nur Jobs annimmt, die man immer schon konnte. Bei jeder Karriere macht man einen Schritt, in den man hineinwachsen muss und das, denke ich, muss noch mehr in die Köpfe der Frauen.”
Was raten Sie Frauen auf dem Weg nach oben?
Der erste Ratschlag lautet: ’What others think is not your business’. Was heißt das konkret? Ich begegne so vielen Frauen, selbst bis hoch auf Vorstandsebene, die versuchen, beliebt zu sein und es immer allen mit all ihren unterschiedlichen Interessen recht zu machen. Das funktioniert nicht, und es ist ohnehin schon schwer genug, es sich selbst recht zu machen. Deswegen mein Rat, immer stark in sich selbst hineinzuhören und sich zu fragen: Was brauche ich, was möchte ich? Und dann sehr selbstbewusst den Weg danach auszurichten und nicht nach dem, was die anderen denken. Man kann es nie allen recht machen.
Die meisten Menschen, denen ich begegne, treibt die Frage um: Bin ich gut genug für diesen Job? Bringe ich das mit, was der Job erfordert? Das geht Männern so, aber bei Frauen ist das in noch stärkerer Ausprägung der Fall. Viel wichtiger für den Erfolg ist aber, zu verstehen: Was brauche ich? Welches Umfeld brauche ich, damit ich gut funktionieren kann? Selbst wenn ich alles kann, was der Job erfordert, aber das Umfeld für mich nicht gut funktioniert, geht’s in die Hose.
Deswegen lautet mein zweiter Ratschlag, herauszufinden, was für ein Umfeld man braucht. Bin ich ein Pinguin, dann brauche ich ein kaltes, polariges Umfeld, bin ich ein Elefant, dann brauche ich eine heiße Steppe oder bin ich ein Fisch, dann brauche ich das Wasser. Das klingt so trivial, ist aber eine der allerschwierigsten Erfahrungen, die man machen muss. Das sollte man frühzeitig in seiner Karriere austesten. Es geht nur, indem man mal hier und mal da reinschnuppert und auch zulässt, dass es in dem einen oder anderen Bereich nicht so gut funktioniert. Dann hat man auf jeden Fall etwas dazugelernt. Und man kann weitersuchen, nach dem Umfeld, in dem man sich fühlt wie ein Fisch im Wasser. Und das wünsche ich jeder Leserin.
Heidi Stopper wird auch 2017 wieder bei der herCAREER mit dabei sein. Auf der Abendverstanstaltung herCAREER@Night steht sie den Teilnehmerinnen als Table Captain zum Austausch zur Verfügung – und das im direkten Gespräch.
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