„Haushalt, Kinderbetreuung, Pflege Angehöriger: Frauen leisten mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Das hat nicht nur Folgen für ihre Rente, sondern auch für den Arbeitsmarkt. Was können Männer für den Wandel tun?“, fragt Jasper Steinlein von der Tagesschau.
Laut Bundesfamilienministerium wenden Frauen rund 30 Stunden in der Woche dafür auf, für andere zu sorgen – Männer dagegen nur 21 Stunden. Macht täglich 77 Minuten Unterschied. Besonders groß sei die Divergenz in heterosexuellen Paarhaushalten mit Kindern. „Während Väter mehr Erwerbsarbeit leisten als Männer ohne Kinder, leisten insbesondere die Mütter kleiner Kinder weniger Erwerbsarbeit als Frauen ohne Kinder im Haushalt.“
Um auf die Ungleichverteilung von Sorgearbeit aufmerksam machen, wurde von Almut Schnerring und Sascha Verlan der Equal Care Day, der vor zwei Wochen stattfand, ausgerufen.
Verlan, Vater von drei Kindern: „Es bedarf eines grundsätzlichen Wandels beim Heranwachsen, dass auch Jungen dazu erzogen werden, Sorgeaufgaben zu übernehmen, und später als Mann reflektieren: Wie lebe ich meine Beziehungen? Wie übernehme ich da Verantwortung?“
Er schränkt ein: „Wir werden diese Herausforderung auf der individuellen Ebene nicht lösen können.“ Dabei nimmt er die Wirtschaft in den Fokus und weist darauf hin, „wie sehr Unternehmen davon profitieren, dass Sorgearbeit als selbstverständlich vorausgesetzt und somit ausgebeutet wird“ – Arbeit, die von Eltern, Erzieher:innen, Lehrer:innen kostenlos oder schlecht bezahlt erbracht wurde.
Anja Weusthoff vom Bündnis Sorgearbeit Fair Teilen sieht die Bundesregierung in der Pflicht und fordert bessere Rahmenbedingungen durch politische Weichenstellung. Zum Beispiel: „Die zweiwöchige bezahlte Freistellung für Väter (…) nach der Geburt eines Kindes, den Ausbau der nicht übertragbaren Elterngeldmonate und die Lohnersatzleistung für Pflegezeiten.“
Der Personalberater Michel Rothgaenger, der sich mit seiner Frau Stefanie Salomon die Lohn- und die Sorgearbeit im tageweisen Wechsel aufteilt (s.a. Tagesschau-Video), setzt auch in seinem Betrieb neue Standards. Er stellt Mütter ein und bildet Alleinerziehende aus, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass sie besonders gut organisiert sind.
Immer noch mache ihm manchmal eine Firma die Vorgabe: Bitte keine Frauen! „Da steuern wir dann sehr stark gegen, dass wir nur Frauen vorschlagen, und sie so ein bisschen zwingen, Frauen einzustellen“, sagt Rothgaenger. „Das klappt ganz gut.“
Firmen müssten verstehen, dass sie damit nicht Sozialdienst leisten, sondern einen wirtschaftlichen Vorteil haben. Steinlein: „Denn wer sich aus alten Mustern von Arbeitszeiten und Geschlechterrollen löst, hat am Ende mehr Fachkräfte zur Auswahl.“
Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
veröffentlicht bei LinkedIn 14.03.2024