„Wir brauchen keine Männer mehr, die den Frauen ihren Körper erklären.“

Mandy Mangler ist Chefärztin, Professorin, hat fünf Kinder – und will die Frauenheilkunde revolutionieren. Vera Schroeder sprach mit ihr für die Süddeutsche Zeitung (SZ+).

„Ich möchte vom männlich geprägten Blick in der Gynäkologie wegkommen“, sagt Mangler.  Um einen neuen, weiblichen Blick auf das Fach zu lenken, hat sie „Das große Gynbuch“ geschrieben. Auch um fachliche Lücken zu füllen und wichtige Antworten zu geben, zu Themen wie Menopause, Pille oder PCO-Syndrom (eine der häufigsten Stoffwechselstörungen bei Frauen).

„Frauenmedizin hat immer weniger Geld bekommen als die große allgemeine Medizin, die ja bislang vor allem eine Männermedizin war. Sie wurde über lange Zeit bis auf wenige Ausnahmen von Männern gemacht. Und der männliche Körper war die Norm in der Forschung.“ Selbst viele der in der Frauenheilkunde verwendeten Medikamente seien nur an Männern getestet worden. „Nach dem Motto: Frauen sind kleine Männer.“ Doch viele Medikamente wirken bei Frauen anders.

Zwar sind laut Mangler heute 70 % der Frauenärzt:innen weiblich, doch die Leitungsjobs an der Uni und in den Kliniken sind zu über 80 % mit Männern besetzt. „Und an der Spitze des Berufsverbandes für Gynäkologie stand überhaupt noch nie eine Frau. Die Ausbildung, die Leitlinien für die Behandlung und die vorherrschenden medizinischen Fachmeinungen sind damit nach wie vor fast ausschließlich von Männern geprägt.“ In der Forschung – und auch in der derzeitigen Gesundheitsreform – sei etwa ein „medizinisches Ereignis“ wie die Geburt völlig unterrepräsentiert. Der überkommene „mechanistische Blick“ in der Geburtshilfe bedeute eine Entmenschlichung, die häufig zu psychischer oder physischer Gewalt führe.

Das Verhältnis zu ihren männlichen Kollegen beschreibt Mangler als gut, doch für einige scheine es schon eine Herausforderung zu sein, „gelegentlich auch eine Kränkung, wenn ich einfach nur beschreibe, was ist. Es reicht oft die Tatsache, dass man etwas weiß, was sie nicht wissen.“

Sie hat viele schwierige männliche Vorgesetzte erlebt. „Wahrscheinlich habe ich auch deswegen so viele Kinder in der Fachärztinnenausbildung bekommen, weil ich immer mal wieder Pausen von diesen Chefs brauchte. Darin lag viel Selbstermächtigung.“ Als es ihr und ihrem Team einmal gelungen sei, sich gegen einen tyrannischen Chef durchzusetzen, habe sie gelernt, dass man sich wehren kann und sollte.

„Neulich fragte mich ein junger Student, ob er das als Mann noch werden darf, Gynäkologe. Und ich sagte: Na ja, es gibt eine große Marktlücke: Du könntest feministischer männlicher Gynäkologe werden.“

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Ein Beitrag von herCAREER, 
veröffentlicht bei LinkedIn 08.11.2024