Auch in der Ingenieurswelt gibt es Bedarf an Geisteswissenschaftlern, nicht nur an Ingenieuren. Welche Bereiche sind geeignet, welche Berufsfelder sind neu, und welche sind auch über die Automobilbranche hinaus relevant?
„Technik und Geisteswissenschaften liegen in der Wirtschaft tatsächlich viel näher beieinander als an Universitäten.“
herCAREER: Geisteswissenschaften und die technikaffine Automobilindustrie – wie passt das zusammen?
Marion Sardone: Technik und Geisteswissenschaften liegen in der Wirtschaft tatsächlich viel näher beieinander als an Universitäten. Wenn wir in Richtung Künstliche Intelligenz blicken, dann hilft uns die Ontologie als Teilgebiet der Philosophie beim Verstehen natürlicher Sprache, und die Sprachwissenschaft beim Gestalten der Mensch-Maschine-Interaktion. Diese beiden Felder gelten für Sprachassistenten im Fahrzeug und außerhalb. Einen automobilspezifischen Beitrag leisten unter anderem Psycholog:innen und Kognitionswissenschaftler:innen, die Ablenkungen während der Fahrt erforschen und untersuchen. Auch an der Grundlagenarbeit zu ethisch-moralischen Leitplanken für Künstliche Intelligenz und das autonome Fahren ist die Geisteswissenschaft beteiligt.
herCAREER: Warum gibt es in der Ingenieurswelt einen Bedarf an Geisteswissenschaftlern?
Marion Sardone: Wenn wir das Beispiel Auto nehmen: Es ist kein reines Fahrzeug mehr, es vernetzt sich mit dem Handy und unserer kompletten Lebenswelt, es passt sich an meine Vorlieben an und interagiert sogar mit mir. In Zukunft wird es sich weiter vernetzen und mit anderen Fahrzeugen sowie Objekten in der Umgebung kommunizieren. Je mehr sich das Fahrzeug von der reinen Fortbewegung weg entwickelt und andere Bereiche mit einschließt, desto mehr benötigen wir auch Expert:innen aus anderen Fachbereichen.
herCAREER: Welche Bereiche sind da für Geisteswissenschaftler geeignet und welche neuen Berufsfelder gibt es?
Marion Sardone: Da gibt es einiges: In der Forschung und Entwicklung gibt beispielsweise Kolleginnen und Kollegen aus den oben genannten Fächern Interaktionsdesign, Kognitionsforschung, Psychologie, Philosophie, Sprachwissenschaften, Design und sicher aus noch vielen mehr, die mir gar nicht bekannt sind. Darüber hinaus finden sich auch in klassischen Feldern wie Kommunikation und Marketing Bereiche, in denen Geisteswissenschaftler:innen gefragt sind, wie Redenschreiben oder Werbung. Ein noch einigermaßen neues Feld, das zwar nicht den Geisteswissenschaften zuzurechnen ist, aber trotzdem sehr spannend ist, ist das Sound-Design von E-Fahrzeugen.
herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Digitale Assistenten
- Sprache und Sprachinteraktion
- Mobilität
- KI
herCAREER: Wie können oder möchten Sie kontaktiert werden?
Über die Person
Marion Sardone ist bei BMW für den Charakter des digitalen Assistenten zuständig. Dabei definiert sie die Eigenschaften und Verhaltensweisen, die den BMW Intelligent Personal Assistant ausmachen und nimmt kulturelle Anpassungen für internationale Märkte vor. Zuvor formte sie den Charakter von Microsoft Cortana für den deutschsprachigen Markt, der digitalen Assistentin von Microsoft. Begonnen hat sie ihre berufliche Laufbahn bei Microsoft im Bereich Lokalisierung. Marion Sardone studierte Sprachwissenschaften, Politische Wissenschaften und Informatik in München und Barcelona und schrieb bereits ihre Magisterarbeit über Sprache und Identität.
Das MeetUp wird präsentiert von Women in Mobility. Dieses MeetUp ist Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2021.