Laut UNICEF war jede achte Frau schon vor ihrem 18. Lebensjahr von physischer sexualisierter Gewalt betroffen. Übrigens auch jeder elfte Junge. Auf allen Kontinenten und in allen Kulturkreisen. Die Täter stammen meist aus dem unmittelbaren Umfeld. Hinzu kommt die verbal bzw. online erfahrene Gewalt.
„Wir erleben schreckliche sexualisierte Gewalt in Konfliktgebieten, wo Vergewaltigung und geschlechtsspezifische Gewalt oft als Kriegswaffen eingesetzt werden“, so UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. Aber auch in friedlichen Regionen sind die Zahlen hoch. In Deutschland erfuhren letztes Jahr jeden Tag fast 500 Frauen häusliche Gewalt und 155 wurden Opfer eines Femizids durch ihren (Ex-)Partner.
„Männer haben Angst, dass Frauen sie auslachen. Frauen haben Angst, dass Männer sie umbringen“, so die Schriftstellerin Margaret Atwood.
Die Gleichgültigkeit der anderen Männer mache sexuelle Gewalt erst möglich, schreibt Leo Klimm in DER SPIEGEL über den Prozess in Avignon gegen die Vergewaltiger von Gisèle Pelicot. „Ein Mann macht sich moralisch mitschuldig, wenn er sich nicht einmal dafür interessiert, was Frauen erleiden.“
„Männer, übernehmt endlich Verantwortung!“, so der Titel eines Essays von Fikri Anıl A., Botschafter für #HeForShe. „Femizide, Vergewaltigungen, Sexismus – männliche Gewalt durchzieht unsere Gesellschaft. Doch zu viele Männer denken, das alles habe nichts mit ihnen zu tun. (…) Um seine Stimme zu erheben, bedarf es keines Studiums, doch für Gerechtigkeit braucht es Lesekompetenz. Wir müssen lesen, welche Art von Machtverhältnissen Menschen schreien lässt. (…) Wir müssen lesen, wie Abhängigkeiten in einem System entstehen, welches das Problem nur bei Männern verortet, die nicht Lukas oder Markus heißen, obwohl es #allmen betrifft.“
Im Interview mit herCAREER spricht Franziska Saxler, Autorin des Buches „Er hat dich noch nicht mal angefasst“ und Mitinitiatorin von #MeTooScience, über sexuelle Belästigung und die systemischen Muster von Machtmissbrauch, v.a. im beruflichen Kontext: „Immer spielt eine Person ihre Macht so aus, dass eine andere Person leidet und gegebenenfalls ihre Arbeitssituation verändern muss. (…) Je diskriminierender die Machtstrukturen sind, desto mehr Belästigung ist möglich“ und je mehr die Frauen „auf die Gunst der Belästigenden angewiesen“ sind, desto größer die Gefährdung. Unternehmen müssten sich eindeutig positionieren und Mitarbeitenden klarmachen, dass keinerlei Belästigung geduldet werde, und Betroffene müssten in ihrem Umfeld aktiv unterstützt werden.
In einem LI-Beitrag greift Marc Raschke aktuelle Äußerungen einiger bekannter Herren auf: „Wenn Männer sich darüber beklagen, gar nichts mehr sagen oder tun zu dürfen. Und es dann trotzdem sagen oder tun (…) Übrigens, früher war es auch schon moralisch verwerflich, Frauen gegenüber übergriffig zu sein. Und wenn man es getan hat, dann ist es wichtig, sich zu reflektieren und zu bessern.“

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I Preisträgerin des FTAfelicitas-Preis des Femtec. Alumnae e.V.I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I Herausgeberin der Bücher „Frauen des Jahres“ im Callwey Verlag
veröffentlicht bei LinkedIn 09.10.2024
Quelle:
- Link zum Video von Fikri Anıl Altıntaş: https://www.instagram.com/reel/DA-di2NsCAH/
- Zitat von Catherine Russell: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/unicef-sexuelle-gewalt-maedchen-100.html
- SPIEGEL-Artikel von Leo Klimm: https://www.spiegel.de/ausland/gisele-pelicot-vergewaltigungsprozess-von-avignon-schaemen-muss-sich-wer-nicht-hinschaut-a-0f738efa-9931-439b-8dc0-eb0adf125ee6?j_s=0
- Zahlen von UNICEF: https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/weltmaedchentag-elf-fakten-zu-maedchen/273964
- Beitrag von Marc Raschke: https://www.linkedin.com/posts/marc-raschke-109787163_gottschalk-liefers-hahne-activity-7250876913932468224-pkpl
- Interview mit Franziska Saxler: https://www.her-career.com/je-diskriminierender-die-machtstrukturen-sind-desto-mehr-belaestigung-ist-moeglich/