Ist es ein Junge? Dann müssen sich frischgebackene Eltern (laut Statistik) auf größere Probleme einstellen. So Martin Spiewak bei ZEIT ONLINE. „In ihrer Entwicklung hinken Jungen den Mädchen hinterher. Sie leiden häufiger unter Autismus, ADHS oder Lese-Rechtschreib-Schwäche“ und haben schlechtere Schulnoten.

Über die – weltweite – Jungenkrise mache man sich jedoch hierzulande wenig Sorgen. Der #GenderEducationGap: kaum bekannt.

  • Beim Lesen liegen Mädchen schon lange vorn, doch inzwischen auch in den Naturwissenschaften (nur in Mathe sind Jungs noch etwas besser).

  • Das Abitur schaffen heute 55% der Mädchen und 43% der Jungen. Eine Abi-Topnote ist bei Mädchen um 80% wahrscheinlicher.

  • Frauenanteil im Medizinstudium: 64%, Psychologie: 80%; bei Studienabschlüssen (insgesamt): 52,5%.

„Sobald beide Geschlechter denselben Bildungszugang haben, schneiden Frauen besser ab. Nur, warum ist das so?“, fragt Spiewak.

  • Mädchen hätten ein „höheres intrinsisches Interesse an der Schule“, und mehr Selbstdisziplin. Bei Jungs gelten gute schulische Leistungen eher als uncool.

  • Vorurteile bei der Notenvergabe:Oft erwarteten Lehrkräfte bei Mädchen automatisch bessere Leistungen – und gäben Jungen generell schlechtere Noten.

  • Jungen seien Spätzünder, körperlich wie psychosozial. „Wenn Mädchen mit 15 oder 16 Jahren auf der Langstrecke des Lernens den Turbo einlegen, traben viele Jungen noch vor sich hin – oder kommen von der Strecke ab.“

Ein Grund für das Desinteresse an der Schwäche der Jungs: die Stärke der Männer, denn „oben in der Hierarchie ballen sie sich weiterhin“. Zukünftige Männer muss man demnach nicht fördern – am Ende gewinnen sie ja sowieso.
„Doch dieses Denken geht fehl. Die Verlierer von heute sind nicht die Gewinner von morgen. Wer einen schlechten Schulabschluss besitzt, wird später nicht Dax-Vorstand.“ Und Bildungsverlierer verursachten der Gesellschaft Kosten: weniger Steuereinnahmen, mehr Sozialausgaben, mehr Kriminalität.
Zudem: „Während junge Frauen tendenziell liberaler werden, wenden sich junge Männer stärker nach rechts. (…)Weil sie sich als Verlierer der Modernisierung fühlen. Weil sie merken, dass Frauen an ihnen vorbeiziehen. Weil sie ihre traditionelle Rolle infrage gestellt sehen, ohne einen Ersatz zu finden.“

  • Lehrkräfte sollten sich bewusst sein, dass Jungs es in der Schule schwerer haben. Mehr Männer im Bildungswesen wären da von Vorteil, auch als Rollenvorbilder.

  • „Müssen Schulen also männlicher werden oder die Jungen weiblicher? Die Antwort lautet: beides.“ „Männliche“ Tugenden wie Konkurrenz- und Dominanzverhalten hätten in Bildung und Arbeitswelt kaum Zukunft –anders als „weibliche“ Kompetenzen wie Kreativität, Kommunikation und Kooperation.

  • Weitere Ideen: Jungen ein Jahr später einschulen; Förderprogramme für junge Männer, die Erzieher, Lehrer oder Pfleger werden wollen.
    Aufmerksamkeit für die Probleme von Jungen stärke die Gleichstellungspolitik:„Geschlechtergerechtigkeit kennt nicht nur ein Geschlecht.“

herVIEW - Natascha Hoffner

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
veröffentlicht bei LinkedIn 01.10.2024