Man braucht großes Vertrauen in sich selbst, um das eigene Potenzial zu entfalten. Sich anzupassen ist definitiv falsch. Man kann nur dann richtig gut sein, wenn man ehrlich ist und sich nicht versteckt. Je mehr Ecken, desto besser. Und: je mehr Lücken, desto besser. Wenn wir zögern, eine Frage zu stellen, ist es nur das Ego, das uns davon abhält, weil wir uns nicht blamieren wollen. Wem es gelingt, sich darüber hinwegzusetzen, schafft Glaubwürdigkeit.
Ganz wichtig: sich trauen, nicht nachzugeben, wenn man von einer Idee überzeugt ist. Wer fachlich top ist, kann zwar Erfolg haben – aber ohne Mut wird es niemand erfahren. Entscheidend ist auch: ein Mensch zu sein, mit dem andere gern zusammenarbeiten. Kollegial, authentisch und idealerweise humorbegabt – das macht menschlich. Mein Rat also: Verlasst ausgetretene Karrierewege, traut euch auf neues Terrain – und bleibt euch treu. Der Erfolg kommt dann von allein.
„Mein Motto: Erlaubt ist, was auffällt und Spaß macht.“
herCAREER: Wie hast Du nach dem Studium Deinen Karrierestart erlebt? Inwiefern bist Du selbst „ausgeschert“?
Jeannine Halene: Nach dem damals klassischen BWL-Studium (heute bezeichnen meine jungen Mitarbeiter:innen das als Dinosaurier-Wissenschaft) ergaben sich bei mir zwei Möglichkeiten: a) ich nehme den sichereren Job bei einer großen Bank im Personalmarketing, oder b) ich springe ins kalte Wasser bei einer Auto-Restwertbörse und gehe dort sofort in die Abteilungsleitung. Meine Eltern waren für a) – also machte ich natürlich b).
Es war damals nur ein Bauchgefühl: Dieses kleine Unternehmen mit flachen Hierarchien und einer hochkomplizierten Dienstleistung wurde dominiert von männlichen Anzugträgern. Allerdings hatte diese Firma verstanden, wie wichtig Marketing ist, und ging hier schon damals äußerst ungewöhnliche Wege. Also: genau mein Ding!
Bereits im Vorstellungsgespräch machte ich Bekanntschaft mit den ersten Rollenklischees: „Was will eine junge hübsche Frau wie Sie bei einem so technischen automobilen Thema? Wollen Sie nicht lieber in die Kosmetikbranche?“, fragte der Vertriebschef. Nein, wollte ich nicht. Warum, ist einfach: weil man in solchen Branchen noch viel bewegen kann. Und genau das tat ich dort dann als internationale Marketingleiterin – in dieser sehr männerdominierten Schadenbranche.
herCAREER: Wie kam es, dass Euer Buch „Marketing – Jenseits vom Mittelmaß“ Furore gemacht hat?
Jeannine Halene: Wenn ein Buch schon „Jenseits vom Mittelmaß“ heißt, muss es natürlich auch so beworben werden. Genau das taten wir bei einer großen Marketingveranstaltung: Wir starteten einen PR-Stunt mit kleinen „Misthäufchen“ in den Ecken des dortigen stillen Örtchens. Darauf stand: „Keine Lust auf Scheiß-Werbung? Dann werfen Sie einen Blick in unser Buch“.
Die Reaktionen waren gigantisch. Diese grenzwertige Idee brachte den Stein ins Rollen. Nur wenige Tage später wurde ich von einem TV-Sender eingeladen. Es folgten viele Einladungen zu Vorträgen und Lesungen. Dann wurde das Buch nach China verkauft, wo ich ein Jahr später ebenfalls auf Lesereise ging. Es folgten Veröffentlichungen in Taiwan und nun auch in Korea.
herCAREER: Hast Du in Deiner Karriere durchweg positive Erfahrungen damit gemacht, Dich nicht anzupassen und immer ehrlich zu sein?
Jeannine Halene: Mein Motto: Erlaubt ist, was auffällt und Spaß macht. Das gilt nicht nur in der Werbung, sondern auch in der eigenen Karriere!
Vor einigen Jahren beriet ich einen Bürgermeister und kreierte für ihn eine recht außergewöhnliche Werbekampagne. Das Motiv war frech und wurde von uns genau dort plakatiert, wo es die Bürgermeister der angrenzenden Städte nicht übersehen konnten. Das Budget war klein – die Wirkung riesig. Wir schafften es in die Schlagzeilen sämtlicher Tageszeitungen, Radiosender berichteten und auch das Fernsehen interessierte sich für diese charmante Frechheit. Manch anderer hätte sich vielleicht nicht getraut dies vorzuschlagen. Mir und meiner Werbeagentur brachte es viele neue Anfragen von Kunden ein, die genau so etwas wollten: auffallen.
herCAREER: Bei herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartner:innen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst Du im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Gründen
- Werbung
- Kommunikationsberatung
- Selbstvermarktung
Zur Kontaktaufnahme bitte die, von der Interviewpartner:in angegebenen, Möglichkeiten nutzen und sich auf das Interview bei herCAREER-Learn & Connect beziehen.
Über die Person
Die Düsseldorfer Werberin Jeannine Halene ist diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin und erfolgreiche Unternehmerin, Autorin, Gründerin, ehemalige Primaballerina und Mama von drei Kindern. 2015 schrieb sie gemeinsam mit dem Erfolgscoach Hermann Scherer mit „Marketing – Jenseits vom Mittelmaß“ einen Bestseller. Das Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt und sorgte auch international für Furore. Mit dem von ihr gegründeten Start-up „Vorzeige Helden“, einer Agentur für effektive PowerPoint-Präsentationen, feierte die Werberin ebenfalls Erfolge: 2018 wurde das Start-up vom Wirtschaftsmedium „Die Deutsche Wirtschaft“ zum Innovator des Jahres gekürt. Mit ihrer Kreativagentur RHEINSCHURKEN verantwortet sie die Kommunikation und die Kampagnen internationaler Unternehmen. 2020 initiierte Jeannine Halene mit KUNSTFUTTER eine Corona-Initiative zur Rettung der lokalen Gastronomie in Düsseldorf. 2022 gründete sie gemeinsam mit ihrem Partner, dem Physiotherapeuten Aldo Vetere, die Vetere Foundation zur Unterstützung der Ukraine.
Sie setzt sich dafür ein, die Welt ein bisschen besser, die Kommunikation ein bisschen lauter und PowerPoint-Slides ein bisschen schöner zu machen.