Gesundheitskosten, internationaler Technologiewettbewerb, Umweltprobleme, Cybersicherheit, Arbeit 4.0 – trotz enormer Herausforderungen, die Wertschöpfung in Deutschland zu erhalten, verharren Unternehmen, Behörden und Investoren oft in ihrer Komfortzone. Die mehrfache Gründerin, Start-up Mentorin und Beirätin Dr. Katharina von Knop erklärt in ihrem Vortrag auf der herCAREER 2019, warum sie damit ein großes Risiko eingehen und was das für Frauen bedeutet.
- Dr. phil. Katharina von Knop, Beirätin, mehrfache Gründerin und Mentorin für Start-ups ist im Oktober als Rednerin auf der herCAREER und als Table Captain auf der herCAREER@Night dabei.
- Ihr Vortragsthema lautet „Das Risiko, nicht ins Risiko zu gehen“.
„In fast jeder Branche besteht aufgrund hoher Entwicklungsgeschwindigkeit das Risiko, nicht ins Risiko zu gehen – vor allem in Bezug auf neue Technologien“, erklärt Dr. Katharina von Knop. Die promovierte Philosophin beobachtet jedoch vor allem in großen Organisationen mit einem stark ausgeprägten mittleren Management eine große Veränderungsresistenz: Verantwortliche träfen sehr ungern Entscheidungen für Innovationen. Ein Hauptgrund dafür sei die Angst vor Fehlentscheidungen und persönlichem Machtverlust. Statt bahnbrechende Veränderungen für die Zukunft zu ermöglichen, einige man sich kollektiv und in sehr zeitintensiven Prozessen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, um die eigene Position nicht zu gefährden. „In einer Zeit der rasanten Technologieentwicklung ist ein solcher Habitus für das Unternehmen, die Institution oder auch Behörde verheerend.“
Risikoscheu gefährdet die Beschäftigungsfähigkeit
Diese Haltung könne eine prosperierende Zukunft und die Existenzberechtigung von Organisationen vernichten, aber auch auf persönlicher Ebene Karrieren aufs Spiel setzen. Ein derartiges Umfeld, in dem Manager sich an den Status quo klammern statt sich weiterzuentwickeln, hält die Start-up-Mentorin für toxisch: „Etwa 80 Prozent der Arbeitszeit wenden Mitarbeiter in solchen Strukturen für die Beziehungsarbeit auf. Das ist Zeit, in der auf der Sachebene keine Leistung erfolgt.“ Das ergebe Ausfallkosten für Unternehmen und Gestaltungshemmnisse für die Beschäftigten – insbesondere für Frauen.
Konzernkarriere ist risikoreicher als Gründertum
„In traditionellen Organisationen trifft man auf viele Hürden, Eigendynamiken und Restrukturierungen, die nicht immer die Sachebene betreffen und auch für Einzelne nicht beeinflussbar sind. Deshalb müssen Sie in jedem relevanten Bereich einen Sponsor finden, der Sie unterstützt, damit Sie vorwärtskommen“, so Dr. Katharina von Knop. Deshalb sei eine Konzernkarriere oder die Laufbahn im öffentlichen Dienst, die Frauen oft sicherer vorkomme, viel risikoreicher als die Gründerlaufbahn. Zudem böten die gewaltigen Umbrüche im Zuge der digitalen Transformation viele großartige Chancen für Gründer und ihre neuen Geschäftsmodelle. Nicht nur, um sich stärker auf die Sachebene konzentrieren zu können, sondern auch in puncto Beschäftigungsfähigkeit empfiehlt Dr. von Knop Frauen das Gründertum: „Es lohnt sich, in sich selbst zu investieren. Wer gründet, hat nie für möglich geglaubte Lernkurven und zahlreiche positive Aha-Erlebnisse, was die eigene Leistungsfähigkeit anbelangt.“
Das Risiko mit dem eigenen Start-up zu scheitern, sei zwar durchaus gegeben, ließe sich jedoch durch ein strukturiertes Vorgehen mindern. Eine gute Rechtsberatung und ein hohes Durchhaltevermögen seien das A und O. Zudem müssten Gründer den Markt und die Zielgruppe sehr gut analysieren, ihre Idee vermitteln können und sich zunächst auf ein MVP, ein Minimum Viable Product, fokussieren, das nicht perfekt sein müsse. Gerade Frauen hätten oft noch Nachholbedarf, Mut zur Lücke an den Tag zu legen. „Gründerinnen sollten toughe Cowgirls sein, die eine geschickte Verhandlungsführung beherrschen.“
Start-ups weiblicher Gründerinnern sind risikoärmer für Investoren
Die promovierte Philosophin hat außerdem eine wichtige Botschaft für die Risikokalkulation von Investoren im Gepäck: „Die hohe Sach- und Fachfokussierung von Frauen ist ein Grund, weshalb statistisch gesehen die von Frauen gegründeten Unternehmen eine viel größere Erfolgswahrscheinlichkeit haben.“ Dass Frauen dennoch oft von Investoren benachteiligt werden, erklärt die Forscherin mit dem Ähnlichkeitsprinzip: „Investoren investieren in Menschen, deren Typologie möglichst ihnen entspricht.“ Da diese meist männlich seien, würden Unternehmen von Frauen häufig weniger hoch bewertet als die von Männern. Darin erkennt die Start-up-Mentorin ein Risiko, und zwar für die komplette Gesellschaft. „Wir können uns diesen verdammten Luxus in Deutschland nicht mehr erlauben, dass wir Frauen nicht gleichwertig an der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung gestalterisch mitwirken lassen. Sonst werden wir sehenden Auges den internationalen Wettbewerb in Wirtschaft, Technologie und Forschung verlieren.“
Im Interview mit der herCAREER erzählt Dr. Katharina von Knop, wie Technik und Innovationen in Zukunft neue Geschäftsmodelle kreieren und prägen sollen.
Über die Person
Dr. Katharina von Knop untersucht und entwickelt Lösungen, mit dem von ihr gegründeten Unternehmen Digital Trust, wie sich die Akzeptanz und Nutzung digitaler Lösungen verbessern lässt. Die diplomierte Politikwissenschaftlerin und promovierte Philosophin hat vorher bereits drei andere Unternehmen gegründet und als Unternehmensberaterin sowie im Business Development eines großen Dienstleistungskonzerns viele praktische Erfahrungen gesammelt. Im Plug & Play Tech Center und bei Fraunhofer unterstützt sie junge GründerInnen und Start-ups bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle und Technologie-Lösungen. Zudem ist sie Beirätin von Regify, einem Unternehmen, das Cyber-Sicherheitslösungen entwickelt. Neben ihrer Promotion zum Thema „Terrorismusbekämpfung“ ist sie Autorin zahlreicher Bücher und Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften.
Auf der herCAREER vom 10. bis 11. Oktober 2019 steht Dr. Katharina von Knop im MTC München nicht nur als Speaker zum Thema „Das Risiko, nicht ins Risiko zu gehen“ auf der Bühne. BesucherInnen können sie auch als Sparringspartner zum Thema „mit digitalen Businessmodellen gründen“ ansprechen oder sich mit ihr auf der herCAREER@Night austauschen, wo wie als Table Captain dabei ist.