Manchmal ist die Situation verzwickt, die Gemüter sind aufgeheizt oder die Enttäuschung über eine Reaktion ist groß. In diesem Meet-Up diskutieren wir über solche Situationen und was jede:r daraus für sich gewinnen kann, wie man damit am besten umgeht und welche Wirkungen dadurch erzielt werden. Mitmachen ist erwünscht! herCAREER im Interview mit Birgit Oßendorf-Will, Director HR bei der STRÖER Gruppe.
„Aus meiner Sicht ist es immer hilfreich zu versuchen, sich aus der Emotion des Konflikts zu entfernen.“
herCAREER: Kannst Du gute Beispiele für “verzwickte Situationen” nennen, die Du in Deiner eigenen beruflichen Laufbahn erlebt hast?
Birgit Oßendorf-Will: Ja, klar: In einem der Managementteams, in denen ich als erste Frau mitgearbeitet habe, wurden immer wieder Sprüche geklopft, die mir unangenehm waren. Ich habe überlegt, wie ich damit umgehe. Ich entschied mich, das Ganze mit Humor zu nehmen, und habe das nächste Mal ein Sparschwein mit einem Aufkleber „Machoschwein“ mitgebracht. Auf die Frage, was das denn wäre, habe ich geantwortet, dass ich eine Idee hätte, wie wir mit dem „lockeren“ Ton mehr Respekt bekommen, indem alle, die einen Spruch von sich geben, der auf Kosten anderer geht, dort einzahlen.
Ehrlicherweise habe ich auch einzahlen müssen. Was ich damit erreicht habe, ist die Sensibilisierung für das Thema.
herCAREER: Hast Du in den verschiedenen internationalen Unternehmen, in denen Du tätig warst, beim Umgang mit Konfliktsituationen kulturelle Unterschiede bemerkt bzw. Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Mitarbeitenden?
Birgit Oßendorf-Will: Ja, es gibt Unterschiede. In einigen Kulturen wird offene Konfrontation und Konfliktaustragung als unhöflich oder respektlos angesehen, da finden Konflikte häufig hinter verschlossenen Türen statt. Wenn sie denn stattfinden.
Als ich für ein britisches Unternehmen gearbeitet habe, gab es Rituale, um nicht sofort auf den Punkt zu kommen. Das wurde als sehr unhöflich bewertet.
In hierarchisch strukturierten Gesellschaften oder Unternehmen habe ich erlebt, dass Mitarbeitende zögern, Konflikte mit Vorgesetzten anzusprechen, um negative Folgen für ihre Karriere zu vermeiden. Das ist in flacheren Hierarchien und bei einer mehr teamorientierten Arbeitsweise anders. Ich habe in Deutschland gern für Unternehmen gearbeitet, denn da war man bei allen Entscheidungen in der Ausrichtung so lange frei, wie die Ergebnisse stimmten. Aber wenn nicht, dann kam die Überkontrolle. Die Kolleg:innen in den USA hatten eher Probleme mit dem Thema Hire & Fire. Daher bin ich überzeugt, dass auch die Art und Weise, wie in verschiedenen Ländern Arbeitsgesetze und -vorschriften ausgelegt werden, die Herangehensweise an Konflikte beeinflusst.
herCAREER: Welche Verhaltensweisen sind Deiner Erfahrung nach in solchen Situationen besonders hilfreich und welche nicht? Welche Rolle spielt der Humor?
Birgit Oßendorf-Will: Aus meiner Sicht ist es immer hilfreich zu versuchen, sich aus der Emotion des Konflikts zu entfernen. Mein Leitspruch ist hier: „Nicht ärgern, nur wundern!“. Manchmal hilft es dann schon, den Konflikt oder das Problem gedanklich zu verschlimmern und das auch zu sagen. Dann ist die Verblüffung auf beiden Seiten häufig so groß, dass es zu einem auflösenden Lachen kommt, das zu Spannungsabbau führt. Dabei ist es wichtig, dass der Humor nicht auf Kosten anderer geht. Wenn man Empathie zeigt und eine kooperative Haltung hat, dann ist der Weg dafür geebnet, Konflikte oder verzwickte Situationen zu lösen. Denn Konflikte sollten immer nachhaltig von allen Parteien gelöst werden.
Über die Person
Birgit Oßendorf-Will ist seit Juni 2016 die Personalleiterin der Ströer Gruppe, sie berichtet direkt an den Vorstand und ist gleichzeitig Mitglied im Executive Committee, dem obersten Führungsgremium des Unternehmens.
Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften begann sie 1987 ihre berufliche Laufbahn bei einer amerikanischen Tochtergesellschaft eines internationalen IT-Konzerns. Seither war sie in unterschiedlichsten Führungspositionen tätig, bei nationalen und internationalen Unternehmen: AT&T, British Telekom, Sybase, Unity Media und anderen. Ihr Aufgabenspektrum umfasst den Aufbau neuer Unternehmensteile, Reorganisationen und Restrukturierungen, Transformationsprojekte, Out- und Insourcing sowie M&As. Bevor sie zur Ströer Gruppe wechselte, war sie als Arbeitsdirektorin und SVP HR für Headquarters und Services bei der Deutschen Telekom AG verantwortlich. Sie ist Mitglied im Executive Education Board der TUM und hat einige Beiratsthemen. Sie arbeitet außerdem erfolgreich als zertifizierte Coach und Trainerin. Birgit Oßendorf-Will ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Dieses Interview bezieht sich auf ein MeetUp der herCAREER Expo 2023, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.