Manchmal ist die Situation verzwickt, die Gemüter sind aufgeheizt oder die Enttäuschung über eine Reaktion ist groß. Im MeetUp auf der herCAREER Expo 2024 diskutierte Birgit mit den Teilnehmer:innen über solche Situationen und was man für sich daraus gewinnen kann, wie man damit umgeht und welche Wirkung man damit erzielt. herCAREER im Interview mit Birgit Oßendorf-Will, Director HR, STRÖER Gruppe.

„Ich finde Kontern wichtig, wenn klare Grenzen gesetzt werden müssen“

herCAREER: Kannst du beispielhaft eine Konfliktsituation beschreiben, die du erlebt hast oder von der bei dem MeetUp berichtet wurde?

Birgit Oßendorf-Will: Ja. Als ich vor vielen Jahren in einem Unternehmen die erste Frau in einem Managementkreis war, der schon lange zusammengearbeitet hatte, fühlte ich mich sehr unangenehm, da die Sprüche in dem Meeting sehr derb waren. Ich hatte die Wahl, mich zurückzuziehen und das Ganze zu erdulden, etwas zu sagen und die Kollegen zurechtzuweisen, oder aber das Ganze subtiler mit Humor zu pointieren. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Ich habe ein großes Sparschwein in das Meeting mitgebracht und gesagt, dass dies ein „Machoschwein“ ist und jeder mit einem derben Spruch dort 5 Mark (ja, so lange ist das her) bezahlen soll. Die Irritation war groß, aber sie haben sich darauf eingelassen. Ich musste übrigens auch mal bezahlen

herCAREER: In welchen Fällen – und inwiefern – hilft ein Kontern, und wann hilft nur noch Humor?

Birgit Oßendorf-Will: Ich finde Kontern wichtig, wenn klare Grenzen gesetzt werden müssen: zum Beispiel bei respektlosen oder abwertenden Kommentaren. Hier zeigt ein selbstbewusstes Kontern, dass man sich nicht einschüchtern lässt. Wenn jemand versucht, durch Worte herabzusetzen, kann ein kluger Konter das Gleichgewicht wiederherstellen – oder aber, wenn die Situation direkt geklärt werden muss. Wenn eine klare Position wichtig ist, ohne Raum für Interpretationen zu lassen.

Humor ist ideal, wenn die Situation deeskaliert werden soll: Wenn die Gemüter erhitzt sind, kann ein humorvoller Spruch Spannungen lösen. Zum Beispiel bei einem Kommentar wie: „Das hätte ich jetzt aber nicht von dir erwartet.“ Da würde ich antworten: „Tja, ich bin eben für Überraschungen gut.“ Oder wenn die Sprüche an sich dumm sind, dann kann man sie wunderbar verlängern und zurückspielen. Humor hilft oft, die Situation zu deeskalieren. Mir hilft es, daran zu denken, dass die andere Person selbst überfordert oder emotional ist.

herCAREER: Hast du als Führungskraft mit weiblichen und männlichen Mitarbeitenden im Grunde die gleichen Erfahrungen gemacht, oder sind dir häufig typische Verhaltensunterschiede aufgefallen? Welche Rolle spielte geschlechtsspezifische Diskriminierung?

Birgit Oßendorf-Will: Als Führungskraft ist mir aufgefallen, dass es weniger darauf ankommt, ob jemand männlich oder weiblich ist, sondern vielmehr, wie jede:r Einzelne seine oder ihre Persönlichkeit, Kommunikationsweise und Kompetenzen einbringt. Dennoch gibt es hin und wieder typische Verhaltensmuster, die auffallen – diese sind aber oft eher durch gesellschaftliche Prägung als durch das Geschlecht selbst bedingt.

Oft habe ich beobachtet, dass Männer dazu neigen, sich selbstbewusster zu präsentieren, auch wenn sie sich bei einem Thema noch unsicher sind. Sie suchen häufiger nach Gelegenheiten, ihre Erfolge zu zeigen, und treten offensiver auf. Viele Frauen legen dagegen mehr Wert auf Harmonie im Team und zögern manchmal, ihre Leistungen aktiv zu präsentieren, obwohl sie großartige Arbeit leisten. Sie fragen tendenziell häufiger nach Feedback oder Bestätigung und scheuen sich manchmal, in Konfliktsituationen konfrontativ aufzutreten.

Solche Unterschiede folgen jedoch keinem starren Muster, sondern sind stark von der individuellen Persönlichkeit abhängig. Es gibt Männer, die extrem harmoniebedacht agieren, und Frauen, die sehr selbstbewusst und direkt auftreten. Deshalb versuche ich, immer die individuelle Ebene zu sehen und mich nicht von Stereotypen leiten zu lassen.

Leider kann geschlechtsspezifische Diskriminierung eine Rolle spielen – sowohl innerhalb eines Teams als auch in der Wahrnehmung von Führung. Beispielsweise habe ich beobachtet, dass männliche Stimmen in Meetings manchmal unbewusst dominanter wahrgenommen werden, selbst wenn Kolleginnen die gleichen oder sogar bessere Ideen haben. Frauen müssen sich in manchen Fällen stärker beweisen, um als durchsetzungsfähig, aber nicht „zu forsch“ wahrgenommen zu werden – ein Balanceakt, der Männern oft erspart bleibt.

Als Führungskraft ist es mir wichtig, solche Dynamiken aktiv anzugehen. Das bedeutet

  • Bewusstsein zu schaffen: Ich achte darauf, dass jede Stimme gleich gehört wird, unabhängig vom Geschlecht.
  • Chancengleichheit fördern: Ich unterstütze Mitarbeitende dabei, ihre Stärken zu zeigen – insbesondere jene, die sich selbst weniger in den Vordergrund stellen.
  • Diskriminierung klar benennen: Wenn ich geschlechtsspezifische Vorurteile wahrnehme, spreche ich diese direkt an und setze ein Zeichen für Respekt und Fairness.

Am Ende ist gute Führung geschlechtsneutral. Es geht darum, das Beste aus jedem Menschen herauszuholen – ob männlich, weiblich oder divers. Geschlecht sollte keine Barriere sein, sondern eine Facette der Vielfalt, die wir im Team bewusst nutzen können.

herCAREER: Bei herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartner:innen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst du als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?

  • Ideen-Ansätze für Diversity & Inclusion
  • Strategien zur Mitarbeiterbindung
  • Austausch zu Entwicklungen und Themen in KI
  • Inspiration zu HR-Themen
  • Kreativität

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Über die Person

Birgit Oßendorf-Will ist seit Juni 2016 Personalleiterin der STRÖER Gruppe, berichtet direkt an den Vorstand und ist gleichzeitig Mitglied im Executive Committee, dem obersten Führungsgremium des Unternehmens. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften begann sie ihre berufliche Laufbahn 1987 bei einer amerikanischen Tochtergesellschaft eines internationalen IT-Konzerns. Seither war sie in unterschiedlichen Führungspositionen in nationalen und internationalen Unternehmen tätig: AT&T, British Telekom, Sybase, Unity Media und anderen. Das Aufgabenspektrum reichte vom Aufbau neuer Unternehmensteile über Reorganisationen und Restrukturierungen, Transformationsprojekte, Out- und Insourcing sowie M&A. Bevor sie zur STRÖER Gruppe wechselte, war sie als Arbeitsdirektorin und SVP HR für Headquarters und Services bei der Deutschen Telekom AG verantwortlich. Sie ist Mitglied im Executive Education Board der TUM und arbeitet außerdem erfolgreich als zertifizierte Coach und Trainerin. Birgit Oßendorf-Will ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Dieses Interview bezieht sich auf ein MeetUp der herCAREER Expo 2024.

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