Giulia Solinas arbeitet als Data Science & AI Consultant bei einem BizTech-Beratungsunternehmen und hat den Wechsel von der Forschung in die IT-Wirtschaft erfolgreich gemeistert. Sie weiß, wie wichtig Weiterbildung und Zertifizierungen sind, um sich auf eine Tätigkeit in der Industrie vorzubereiten. Ihr Profil hat sie gezielt an die Anforderungen der freien Wirtschaft angepasst. „Aber ich musste erst einmal herausfinden, wo meine Stärken liegen“, erklärt sie. Durch die Vernetzung in verschiedenen Communities und mit Hilfe von Mentoren wurde ihr dann schnell klar, dass sie sich intensiver mit Data Science beschäftigen wollte.
Der Wechsel in die IT-Branche erfordert Zeit und Engagement, kann aber mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung gelingen – auch für Eltern mit kleinen Kindern, für die die Organisation der Kinderbetreuung ein wichtiger Aspekt ist. herCAREER im Interview mit Giulia Solinas, Data Science & AI Consultant bei der CROZ DACH GmbH.
„Networking spielt in meinem beruflichen und privaten Leben eine wichtige Rolle.“
herCAREER: Hast du den Wechsel von der Welt der Wissenschaft in die IT-Wirtschaft als krass erlebt? Was ist dir dabei besonders aufgefallen?
Giulia Solinas: Der Wechsel von der Welt der Wissenschaft und Forschung in die IT-Branche war nicht so radikal, wie man vielleicht erwarten würde, vor allem in methodischer Hinsicht. Mein wirtschaftswissenschaftlicher Hintergrund hat mir Programmierkenntnisse in R und Python sowie die Verwendung von Git zur Versionskontrolle vermittelt. Diese Werkzeuge waren integraler Bestandteil meiner Forschung, die sich auf die Anwendung statistischer Methoden bei Innovations- und Managementthemen konzentrierte. Um eventuelle Wissenslücken zu schließen, besuchte ich Kurse und konnte dadurch mein Verständnis von Machine Learning und prädiktiver KI-Modellierung vertiefen. Diese Phase war für mich sehr spannend, da ich mein Wissen erweitern, neue Methoden kennenlernen und mich mit Forschungsgemeinschaften vernetzen konnte, die ich vorher nicht kannte.
Mein Weg in die IT-Branche erfolgte schrittweise. Ich begann mit einem Praktikum als Data Scientist, bevor ich meine derzeitige Stelle bei CROZ antrat. Während meines Praktikums hatte ich die Gelegenheit, mit anderen ehemaligen Wissenschaftler:innen zusammenzuarbeiten, die nach ihrer akademischen Laufbahn in die Wirtschaft gewechselt waren. Diese gemeinsame Erfahrung war von unschätzbarem Wert, da sie mir geholfen hat, meine Identität in der IT-Welt zu finden. Ich bin nicht in der Technologiebranche aufgewachsen, sondern durch eine berufliche Reise dort gelandet, und die Begegnung mit anderen, die einen ähnlichen Weg gegangen sind, hat mir ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt.
Die größten Unterschiede zwischen Wissenschaft und Wirtschaft liegen in der Projektorganisation, der Interaktion mit Kolleg:innen und Kund:innen und den Zielen unserer Arbeit. In der Wirtschaft werden Projekte häufig über Ticketsysteme abgewickelt und agile Methoden wie Scrum sind weit verbreitet. Der Schwerpunkt verlagert sich von der Veröffentlichung von Papieren hin zur Verwendung von Modellen in der Produktion. Die Scrum-Prinzipien von meinen Kolleg:innen zu lernen und zu verstehen, wie man Projekte in Epics, Features und User Stories organisiert, war sehr hilfreich. Es gibt noch viele Engineering-Prinzipien, mit denen ich mich vertraut machen muss, und ich habe festgestellt, dass Mentoren wichtig sind, um mich an relevante Ressourcen für die nächsten Schritte meiner Reise heranzuführen.
Was ich an der IT-Branche am meisten schätze, ist die Mischung aus Learning by Doing und Learning by Studying. Als ein Mensch, der gerne kontinuierlich lernt, ist dies das perfekte Umfeld für mich.
herCAREER: Welche Rolle spielt Netzwerken für dich?
Networking spielt in meinem beruflichen und privaten Leben eine wichtige Rolle. Da ich ein eher extrovertierter Mensch bin, lerne ich von Natur aus gerne neue Leute kennen und es fällt mir leicht, Kontakte zu knüpfen und zu interagieren. Ich weiß aber auch, dass man beim Networking oft auf Gleichgesinnte trifft. Als ich mich beruflich verändert habe, musste ich mich sehr anstrengen, um ein neues Netzwerk aufzubauen und Gemeinschaften zu finden, in die ich passen würde. Ich habe verschiedene Meetup-Gruppen ausprobiert und nach und nach meine Favoriten entdeckt.
Eine Community, die ich regelmäßig besuche, ist die Gruppe „Women in Big Data Munich Chapter“. Mit der Zeit habe ich einige Leute kennengelernt und muss nicht mehr jedes Mal das Eis brechen. Diese Treffen sind wie ein Mädelsabend, bei dem wir über Themen wie Data Governance, KI-Pipelines und digitale Transformation diskutieren. Es ist auch eine gute Gelegenheit zu sehen, was in anderen Organisationen und Branchen passiert. Ich schätze diese Treffen auch, weil sie mir einen Abend für mich selbst ermöglichen, fernab von familiären Verpflichtungen, denn ich weiß, dass mein Mann zu Hause alles unter Kontrolle hat.
Wenn man anfängt, eine Gemeinschaft zu erkunden, erkennt man die enormen Ressourcen und Initiativen, die dort angeboten werden, wie z.B. Mentoring und Schulungen. Networking kann eine fantastische Möglichkeit sein, den eigenen Horizont zu erweitern.
Meiner Meinung nach sind die Regeln für Networking einfach: Sei offen, sei du selbst, sei bereit, etwas zurückzugeben für das, was du bekommst, und vor allem, genieße den Prozess.
herCAREER: Wie gut hat im Rahmen deiner anspruchsvollen Karriere die Vereinbarkeit mit familiären Aufgaben funktioniert?
Ich habe viele Geschichten gehört und mit Freund:innen und Kolleg:innen gesprochen. Letztendlich gibt es keine allgemeingültige Lösung für diese Herausforderung. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, um Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen. Aus meiner Sicht ist das Wichtigste, um eine anspruchsvolle Karriere und familiäre Verpflichtungen zu vereinbaren, die Unterstützung. Ich bin meinem Mann und dem großartigen Team in unserer Kinderkrippe sehr dankbar. Mein Mann und ich wechseln uns bei der Prioritätensetzung für unsere berufliche Entwicklung ab, so dass manchmal meine Karriere Vorrang hat und manchmal seine. Es ist nicht immer einfach, diese Balance zu halten, und Kompromisse auf beiden Seiten gehören dazu. Es gibt Zeiten, in denen die Arbeit mehr verlangt, und Zeiten, in denen die Familie mehr Aufmerksamkeit braucht.
Ich habe das Privileg, bei CROZ zu arbeiten, wo ich mir meine Arbeit flexibel einteilen kann. Wir haben eine familienfreundliche Arbeitsatmosphäre und mein Team hat Verständnis für meine familiären Verpflichtungen. Die familienfreundliche Arbeitsatmosphäre ist in dieser Phase meiner Karriere wirklich ein Segen. Ich bin meiner Firma auch dankbar, dass sie in meine Weiterbildung investiert und versteht, dass Lernen ein entscheidender Faktor für meine berufliche Zufriedenheit ist.
Das Einzige, worauf ich bei meiner Work-Life-Balance wirklich immer achte, ist der Schwimmkurs mit meiner Tochter. Es ist nicht nur eine lustige Aktivität, sondern auch eine wertvolle Zeit, die wir zusammen verbringen. Es macht uns beiden viel zu viel Spaß, um es zu verpassen.
herCAREER: Bei herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartner:innen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst du als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- KI
- LLM
- Freizeit mit Kindern
herCAREER: Gibt es Themen, zu denen du persönlich eine Austauschpartner:in suchst und einen fachlichen wie persönlichen Austausch weiterführen möchtest? Dann benenne uns Schlagworte für deine Themen.
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herCAREER: Würdest du auch als Mentor:in bei herCAREER fungieren? Welche Frau würdest du dir als Mentee wünschen?
Eine Person, die einen Karrierewechsel anstrebt.
Zur Kontaktaufnahme bitte die von der Interviewpartner:in angegebenen Möglichkeiten nutzen und sich auf das Interview bei herCAREER-Learn & Connect beziehen.
Über die Person
Giulia Solinas‘ beeindruckende Karriere umfasst Stationen in den Bereichen Volkswirtschaft und Management bis hin zu Data Science. Sie verbrachte mehrere Jahre im Vereinigten Königreich, zunächst in London und später in Liverpool, wo sie als Juniorprofessorin an der Universität tätig war. Anschließend übernahm sie eine Position als Akademische Rätin an der LMU München. Dort hat sie zur Forschung über digitale Mikrokreditplattformen, Technologielizenzierung und Organisationsdesign beigetragen. Während ihrer Elternzeit wechselte sie zu Data Science, inspiriert von einem spannenden Projekt aus ihrer akademischen Laufbahn. Bei der Managementberatung Thaltegos sammelte sie Erfahrung als Data Scientist und entwickelte ein ML-Modell zur Vorhersage der Kundenabwanderung.
Giulia arbeitet mit LLM- und NLP-Modellen und unterstützt Kunden bei der Entwicklung von KI-Assistenten und -Infrastrukturen für semantische Suchanfragen. Sie kennt sich mit dem Watsonx-Tech-Stack und Red Hat OpenShift AI aus. Sie ist Editorin des Newsletters AI à la Carte und erforscht das Wie, die Tricks und die Aufgaben, um von einer ersten KI-Idee zu einer praktikablen Lösung in Unternehmen zu gelangen.
Sie verbringt ihre Freizeit gerne mit sportlichen Aktivitäten wie Wandern, Skifahren und Radfahren. Ihre vielseitigen Interessen und ihr Engagement machen sie zu einer inspirierenden Persönlichkeit in der akademischen und technologischen Welt.