Netzwerk schlägt Hierarchie
Die Kommunikationswissenschaftlerin Christiane Brandes-Visbeck hat bereits als TV-Redakteurin, Produzentin, Medienunternehmerin, freie Korrespondentin und Online-Chefredakteurin gearbeitet. Anfang 2000 gründete Frau Brandes-Visbeck ihre Beratungsagentur Ahoi Consulting mit den Schwerpunkten Kommunikation und Führung im digitalen Zeitalter. Sie hält Vorträge, gibt Workshops, lehrt an der Privathochschule FOM und an unterschiedlichen Akademien Media Innovation, New Work und Digital Leadership. Zusätzlich ist sie im Beirat von nushu, einem Frauen Business Club. Ihr neues Buch „Fit für New Work“ erscheint am 8.10.2018 im Handel.
Wer braucht schon Chefs aus der Hölle? Wer heute erfolgreich führen will, ist nicht Boss, sondern Leader. Wie Führung mit Vertrauen und auf Augenhöhe im digitalen Wandels funktionieren kann, diskutieren wir mit Christiane Brandes-Visbeck und Ines Gensinger, den Autorinnen des Fachbuchs „Netzwerk schlägt Hierarchie. Neue Führung mit Digital Leadership“.
Dieses MeetUp ist Teil der Authors-MeetUps bei der herCAREER 2018, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute Führungskraft aus?
Eine gute Führungskraft versteht, dass Führung ein Geschenk ist, das man bekommt, weil Menschen einem zutrauen, dass man sich, andere und Geschäfte gut steuern kann. Wie das im Einzelnen funktioniert, hängt sehr stark von der Persönlichkeit der beteiligten Leader und Follower, der Kultur der Organisation, in der man sich bewegt, und der jeweiligen Situation ab, in der wir uns befinden. Eine gute Führungskraft kennt die eigenen Stärken und Schwächen und steht dazu, dass sie unperfekt ist. Sie arbeitet regelmäßig an sich, auch mithilfe von ehrlichem Feedback, das sie von ihrem Team und Vertrauten einholt. Sie kennt jedes Teammitglied gut genug, um zu wissen, was den Menschen antreibt, was er/sie gern macht und gut kann und wo er/sie noch entwickelt werden möchte. Sie traut sich, unkonventionelle Entscheidungen zu treffen und unkonventionelle Lösungen zuzulassen und nach „oben“ durchzuboxen, wenn dies notwendig ist. Sie kennt aber auch ihre Grenzen und weiß, was man den „ChefChefs“ „zumuten“ kann. Sie ist Menschen grundsätzlich positiv zugewandt, vertraut erst einmal und geht davon aus, dass jeder Mensch gern sein/ihr Bestes geben möchte. Wenn Konflikte auftauchen, kümmert sie sich um diese, ohne gleich etwas zu bewerten.Sie ist ein eher positiv denkender, fröhlicher Mensch, der Menschen zugewandt ist und jederzeit gern Neues lernt. (Growth Mindset)
Wie verändert die Digitalisierung Leadership?
Die Digitalisierung wirft viele althergebrachte Führungsgrundsätze oder Narrative über den Haufen. Früher galt, ein Chef ändert niemals seine Meinung. Und wer A sagt, muss auch B sagen. In der unberechenbaren „VUCA-Welt“ (Steht für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) kann es sein, dass das, was heute gültig ist, morgen schon überholt ist. Also müssen Leader auf durch die Digitalisierung hervorgerufene Veränderungsdynamiken schnell und agil reagieren. War früher ein zuverlässiges Fixed Mindset gefragt, funktioniert Leadership heute nur mit einem Growth Mindset. Das stabilisierende Element sind heute Werte, eine Haltung und die Förderung des Teams.
Früher galt, dass der Chef das letzte Wort hat. Heute hat aufgrund der erwarteten, schnellen Responsezeiten derjenige das letzte Wort, der die letzte Fassung geschrieben hat oder der aktuell ein Thema bearbeitet. Chefs erleiden damit einen Status- und Kontrollverlust, den sie vor allem über soziale Kompetenz und ein gewisses Maß an inspirierendem Vorbildsein und einem „Servant-Leadership Style“ ausgleichen können.
Netzwerk schlägt Hierarchie: Was sind Ihre Top-Tipps, wie Frau sich ein solides Netzwerk erarbeiten kann?
Als erstes sollte Frau sich überlegen, wofür sie steht. 3-4 Hashtags helfen bei der Selbstpositionierung. Als zweites sollte sie sich bei 1-2 Social Media Kanälen ihrer Wahl anmelden, sich in die Usancen „eingrooven“, in dem sie Leuten folgt, die ähnliche Interessen haben, dann erst einmal still mitliest, um zu lernen, wie der Kanal funktioniert. Dann sollte sie zunehmend mehr kommentieren und liken, und irgendwann möglichst regelmäßig selbst zu den eigenen Hashtag-Themen posten.
Als nächstes sollte sie zu ihren Themen bloggen (mit oder ohne Blog, geht auch auf allen Social Media Kanälen), vielleicht bei Challenges und Blogparaden mitmachen.Als Ergänzung zur Online-Vernetzung sollte sie sich auch offline vernetzen. Das heißt gezielt Meetups, Barcamps oder Konferenzen und Festivals besuchen, die zu den eigenen Themen passen. Wenn man sich wohl fühlt, auch mal ein eigene Thema pitchen bzw. am Call-of-Papers einer Veranstaltung teilnehmen. Hinweise zu all dem findet man auch in Gruppen auf XING, LinkedIn oder Facebook, ebenso wie der hercareer, LeaderIn, der New Work Women oder Digital Media Women.
Hilfreich sind auch solche Vorhaben wie sich regelmäßig mit NetzwerkpartnerInnen zum Kaffee oder Lunchen zu verabreden, sie fürs Bloggen oder einen Podcast zu interviewen.
Der Grundsatz ist immer: Sharing is caring. Sei freundlich und zugewandt, mache niemals Leute an, „no bitching, no hate, no fights“. Und antworte nicht auf jeden, der dich online provozieren will.
Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- New Work
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- Female Leadership
- Personal Branding
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- Fehlerkultur