Die Geburtenraten in den wohlhabenden Ländern sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Nicht nur im „Westen“, sondern auch in China, in Südkorea und den meisten anderen Ländern Asiens und (Süd-)Amerikas. Ein globaler Trend also.
Als Gründe nennt die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Ein wichtiger Faktor ist der verbesserte Zugang zu Bildung, insbesondere für Frauen. Dies führt häufig zu einem höheren Heiratsalter und einer Verschiebung der Mutterschaft, was die Gesamtzahl der Kinder, die eine Frau hat, verringert. Parallel dazu hat die wirtschaftliche Entwicklung in vielen Ländern dazu beigetragen, dass Paare aus verschiedenen Gründen, wie höheren Lebenshaltungskosten und einer stärkeren Karriereorientierung, weniger Kinder haben. (…) Die sich wandelnden Geschlechterrollen und die Emanzipation, insbesondere die Veränderung der Rolle der Frau in Bezug auf Karriere und Selbstverwirklichung, haben ebenfalls einen bedeutenden Einfluss. Viele Frauen entscheiden sich gegen traditionelle Familienmodelle oder für kleinere Familien.“
Weitere Gründe seien Fortschritte im Gesundheitswesen und der leichtere Zugang zu Verhütungsmitteln.
Doch auch ein weniger erfreulicher Aspekt im Bereich der Medizin spielt offenbar eine Rolle: die abnehmende Fruchtbarkeit besonders bei Männern. Beim Tech-Festival SXSW in Austin wurden kürzlich fünf Trends vorgestellt, die 2025 prägen. Trend 4: Technische Befruchtungshilfe. „Ein erstaunlich oft thematisierter Trend in diesem Jahr ist das Thema Fruchtbarkeit, der Kampf gegen sinkende Geburtenraten und revolutionäre Methoden künstlicher Befruchtung.“
Unter dem gesellschaftlichen Aspekt geht es vor allem um die Rahmenbedingungen: Außer fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind es auch Rollenklischees, die nach wie vor Druck auf Frauen ausüben und es ihnen zusätzlich erschweren, Berufstätigkeit und Familienleben unter einen Hut zu bringen. „Junge Frauen finden es zunehmend schwierig, Kind und Karriere miteinander zu vereinbaren. Wir sehen, dass Frauen dann eher auf Kinder verzichten wollen als auf den Beruf“, sagt Jutta Allmendinger, Professorin an der Humboldt Universität und der FU Berlin und ehemalige Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). „Alles in allem ist das für Frauen eine No-win-Situation. Die gesunkene Geburtenrate lässt vermuten, wo Frauen für sich die Lösung dieses Dilemmas sehen.“
Anne Theiss ist Herausgeberin des Buchs „Rethinking Motherhood. Prominente Stimmen für mehr Solidarität und ein neues Mutterbild“, das sie beim Authors-MeetUp auf der herCAREER Expo 2025 vorstellen wird. „Für viele Mütter ist die Grenze der Belastbarkeit längst überschritten: Sie erleben wegbrechende Strukturen in Betreuung, Bildung und gesundheitlicher Versorgung. Während strukturelle Benachteiligungen wie Gender-Care-Gap und Gender-Pay-Gap unverändert bestehen bleiben. Das geht zulasten ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit, ihrer Gesundheit – und ihrer Kinder.“
Es gibt also viel zu verbessern im Sinne einer fortschrittlichen Familienpolitik!
Doch die global sinkenden Geburtenraten sind eben auch unter dem positiven Aspekt zu sehen, dass Frauen sich in wachsendem Maß die Freiheit nehmen, über ihren Körper und ihre Lebensplanung bewusst und autonom zu entscheiden.
„Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine“: Das stand schon in den 1970er Jahren auf Plakaten der Frauenbewegung gegen den § 218.

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I Preisträgerin des FTAfelicitas-Preis des Femtec. Alumnae e.V.I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I Herausgeberin der Bücher „Frauen des Jahres“ im Callwey Verlag
veröffentlicht bei LinkedIn 25.03.2025
Quelle:
- https://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/tech-festival-sxsw-welche-trends-2025-praegen-duerften/100112315.html
- https://www.welt.de/politik/deutschland/article250654695/Kinderwunsch-in-Deutschland-Absturz-der-Geburtenrate-Tiefstand-wie-zuletzt-2009.html
- https://www.faz.net/aktuell/wissen/die-geburtenraten-sinken-weltweit-droht-ein-bevoelkerungskollaps-19867241.html