Wie entlasten wir mit einer einzigen, guten Webseite alle Alleinerziehenden?
Katrin Habenschaden, die Zweite Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München, und die amuvee-Gründerin Annett-Katrin Wohlgemuth sprechen heute über die Herausforderungen von Alleinerziehenden. Sie stellen die Plattform „amuvee“ als Beispiel einer digitale Lösungsidee für soziale Probleme vor und diskutieren die Frage, was Arbeitgeber:innen tun können, um Alleinerziehende zu fördern. Annett-Katrin Wohlgemuth, alleinerziehende Mutter, bringt auch ihre persönlichen Erfahrungen ein – und berichtet, warum es sich lohnt, neben einer Karriere im Unternehmen noch zu gründen.
Thema
Existenzgründung & Unternehmertum | Familie & Vereinbarkeit
Angaben zur Referent:in
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden, gelernte Bankkauffrau, studierte Betriebswirtschaftlerin und Wald- und Wildnispädagogin aus der Fraktion der Grünen, ist Vorsitzende der Ausschüsse für Bau, Kultur, Klima und Umwelt sowie Mobilität. Zudem tritt sie in Erscheinung als Koordinatorin der Themenbereiche Arbeit und Wirtschaft, Gleichstellung von Frauen und Männern, Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie Europa und Internationales. Die Zweite Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Mit ihr spricht Annett-Katrin Wohlgemuth, Geschäftsführerin der Plattform amuvee und Direktorin der BW Bank. Zur Zeit ist sie dort Projektleiterin für nachhaltige Baufinanzierung und war Initiatorin der BeWoman Initiative der BW Bank. Außerdem fördert sie junge Nachwuchskräfte unter andere, als Vorständin der Stiftung Freunde der Hochschule Mannheim mit dem Mentoringprogramm moveMint für Studentinnen der Mint Studienfächer. Seit mehr als 11 Jahren ist sie auch Handelsrichterin des Landes Baden-Württemberg.
Der Beitrag wurde im Rahmen der herCAREER-Expo 2022 aufgezeichnet und als Podcast aufbereitet.
00:00:09 Moderation: Herzlich willkommen zum herCareer Voice Podcast. Du bist hier richtig, wenn du diverse und vor allem weibliche Perspektiven auf arbeitsmarktpolitische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen hören willst. Lerne dabei von Rolemodels, ExpertInnen und Insidern und nehmen wertvolle Anregungen für deine eigene Karriereplanung mit. Mit herCareer Voice fangen wir vielfältige Sichtweisen, ebenso wie ganz persönliche Einblicke und Erfahrungen spannender Frauen ein. Von der herCareer Expo Live und aus der herCareer Community.
00:00:46 Moderation: Wie bringen wir Job und Familie auch ohne Partner endlich unter einen Hut? Katrin Habenschaden: , die zweite Bürgermeisterin der bayerischen Landeshauptstadt München und die amuvee-Gründerin Annett-Katrin Wohlgemuth: sprechen heute über die Herausforderungen von Alleinerziehenden. Sie stellen die Plattform amuvee als Beispiel einer digitalen Lösungsideen für soziale Probleme vor und diskutieren die Frage, was ArbeitgeberInnen tun können, um Alleinerziehende zu fördern. Annett-Katrin Wohlgemuth: , alleinerziehende Mutter, bringt auch ihre persönlichen Erfahrungen ein und berichtet, warum es sich lohnt, neben einer Karriere im Unternehmen noch zu gründen. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden: , gelernte Bankkauffrau, studierte Betriebswirtschaftlerin und Wald- und Wildnispädagogin aus der Fraktion der Grünen, ist Vorsitzende der Ausschüsse für Bau, Kultur, Klima und Umwelt sowie Mobilität. Zudem tritt sie in Erscheinung als Koordinatorin der Themenbereiche Arbeit und Wirtschaft, Gleichstellung von Frauen und Männern, Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie Europa und Internationales. Die zweite Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München ist verheiratet und hat zwei Kinder. Mit ihr spricht Annett-Katrin Wohlgemuth: , Geschäftsführerin der Plattform amuvee und Direktorin der BW Bank. Zurzeit ist sie dort Projektleiterin für nachhaltige Baufinanzierung und war Initiatorin der Be Woman Initiative der BW Bank. Außerdem fördert sie junge Nachwuchskräfte, unter anderem als Vorständin der Stiftung Freunde der Hochschule Mannheim mit dem Mentoring Programm MoveMINT für Studentinnen der MINT Studienfächer. Seit mehr als elf Jahren ist sie auch Handelsrichterin des Landes Baden-Württemberg.
00:02:33 Katrin Habenschaden: Wir wollen nämlich die Aufmerksamkeit auf die Situation von Alleinerziehenden lenken, und zwar explizit von berufstätigen Alleinerziehenden, die auch gerne ihre Karriere nicht aus dem Blick verlieren möchten in dieser Zeit. Genau. Und Annett-Katrin Wohlgemuth: hat eine digitale Plattform für Alleinerziehende entwickelt und die möchten wir Ihnen und euch gleich näher vorstellen. Ich war von der Idee so überzeugt, dass ich sowohl Frau Wohlgemuth, aber eben auch ihre Geschäftspartnerin – hier ist sie, Sigrid Egner – dabei unterstützt habe, die Plattform eben, die es in anderen Städten schon gab, auf München auszuweiten. Und das ist auch gelungen. Das hat geklappt. Die digitale Plattform mit vielen, vielen Tipps gibt es jetzt auch in München. Frau Wohlgemuth, extra heute aus Karlsruhe hierhergekommen, bzw. eigentlich aus Hamburg, wo der Emotion Award verliehen wurde, an eben genau dieses Projekt an Amuvee. Herzlichen Glückwunsch und herzlich willkommen in München.
00:03:35 Annett-Katrin Wohlgemuth: Danke!
00:03:39 Katrin Habenschaden: Gleich die erste Frage: Bankerin wie übrigens ich auch, von der Profession her, Unternehmerin und dann auch Solomutter. Wie sind Sie selbst dorthin gekommen, wo Sie heute stehen?
00:03:52 Annett-Katrin Wohlgemuth: Ja, ich glaube, das ist ein Weg durch die Welten gewesen. Ich bin hier geboren, im Osten Deutschlands, hab eigentlich mal was völlig anderes studiert, nämlich Pädagogik. Also ich hab Deutsch-Geschichtslehre studiert, habe dann Trainee Programm bei einer Bank gestartet, bin dann auch später in die Führungslaufbahn, habe unterschiedliche Führungsebenen auch begleitet bzw. eingenommen. Und mich hat immer angetrieben, ich wollte was Neues machen und ich wollte was bewegen. Ich wollte einfach auch meine Stärken, mein Potenzial so einsetzen und entwickeln. Und dann habe ich 2020 beim „Wir versus Virus“-Hackathon mitgemacht. Wir haben ein Projekt auf die Strecke gebracht, sind dort auch ausgezeichnet und das war ein digitaler Finder für Coronahilfen für kleine und mittelständische Unternehmen. Und dann habe ich gesagt, es ist eigentlich schade, wenn dieses Projekt irgendwie so versandet und mit Corona dann irgendwo abdriftet. Und habe dann den Ammon und die Sigrid überzeugt, mit mir gemeinsam das Unternehmen zu gründen. Und wir haben dann das Unternehmen amuvee – also amuvee ist die Plattform und das Unternehmen ist eine gGmbH, heißt AFQ, ursprünglich alleinerziehende Finanzqueen, daher kommt das AFQ Service gGmbH und so bin ich dazu gekommen.
00:05:23 Katrin Habenschaden: Was mich einfach auch schon immer begeistert hat: Das heißt die Frage, wie eigentlich woher eigentlich die Idee gekommen ist, eine digitale Plattform für Alleinerziehende zu starten. Das haben sie jetzt schon erklärt. Aber jetzt eine digitale Plattform für ein explizit soziales Problem, das bringt man ja jetzt erst mal in einem ersten Gedanken nicht so zusammen, weil es ja um Personen geht, weil es um unsere Zwerge geht, kleiner wie auch größerer Natur, unsere Kinder. Das heißt so, dass die digitale Lösung schreit einen dann nicht sofort an, weil man ja, wenn man über das Problem nachdenkt, dann erst mal an reale Kinderbetreuung und so weiter denkt. Wie kam die Idee, das explizit digital zu machen oder was für Vorteile hat es überhaupt?
00:06:10 Annett-Katrin Wohlgemuth: Also ich habe mit der Sigrid darüber gesprochen, über die Idee, so vom Thema. Und gesagt Mensch Sigrid, wollen wir nicht diesen Finder für Alleinerziehende machen? Da sagt die: „Was? Ach, das gibt’s doch schon.“ Ich sagte: „Nein, das gibt’s noch nicht. Das ist das, was wir machen müssen.“ Und so sind wir eigentlich auf die digitale Variante gekommen, weil was haben wir festgestellt? Wir wissen ganz viele Dinge nicht. Die Alleinerziehenden wissen Themen nicht. Es gibt zum Beispiel die Nicole, die sagt, sie hat nach zehn Jahren festgestellt, dass sie ein Unterhaltskosten-Zuschuss beantragen kann oder Unterhaltsbeihilfe beantragen kann und kann einfach zum Jugendamt gehen. Vorher musste sie hatte immer gedacht, oh Gott Rechtsanwaltskosten … zehn Jahre! Da haben wir gesagt, das kann es nicht sein und sind deshalb einfach auf die digitale Variante gekommen, weil das ist niederschwellig, das kann jeder machen. Wir haben Anfragen von ganz vielen Mütter, die da gesagt haben, wie soll ich das jetzt alles machen? Die Frauen haben keine Zeit. Und digital kann jeder zu Hause auf dem Sofa machen. Das erfordert einfach nur wenige Klicks und erspart einfach Zeit. Diese Zeit war ja das war uns besonders wichtig.
00:07:24 Katrin Habenschaden: Und das ist ja tatsächlich auch was, was ich nur unterstützen kann, wenn ich mit Alleinerziehenden hier aus München spreche. Wir haben in den letzten Jahrzehnten versucht, in München wirklich ein Netz an Unterstützungsleistungen aufzubauen. Aber viele Menschen wissen das nicht. Viele Frauen oder auch Männer, je nachdem, wer alleinerziehend ist, wissen das schlicht und ergreifend nicht. Und das war auch der Ursprungsgedanke, warum ich gesagt habe, ich unterstütze amuvee gerne, weil dann ist es mal an einer Stelle wirklich auch gebündelt und richtigerweise: einloggen, mal irgendwas nachrecherchieren, digital, das schafft jeder. Aber dann irgendwie schon neuen Beratungstermin kompliziert vereinbaren in dem Tagesablauf, der eh voll ist, das klappt eben nicht.
00:08:10 Annett-Katrin Wohlgemuth: Genau. Und auch der siaf, das ist ja ein Verein hier in München. Die haben immer gesagt: Mensch, wir wollten das schon seit zehn Jahren machen, jetzt kommt ihr, ihr macht das jetzt, wir finden das gut. Und was wir auch in Karlsruhe festgestellt haben, wir haben 16 Professionen, die sich alle mit Alleinerziehenden beschäftigen, an unterschiedlichen Stellen, und die kennen sich zum Teil gar nicht untereinander. Das heißt, es ist wie so ein Silo, jedes Silo macht so sein Ding für sich. Und wir haben gesagt, diese Silos können wir auch mit dem Finder einfach aufbrechen. Dass auch die Professionen über ihre eigentlichen Themen hinaus Alleinerziehende ganz anders unterstützen können.
00:08:55 Katrin Habenschaden: Siaf eV. angesprochen als analoge Unterstützungsleistungen für gerade auch alleinerziehende Frauen. Wer es noch nicht kennt, Sie sitzen in Haidhausen auch mit einem Kaffee zur Vernetzung. Also für wen das unter Umständen interessant ist, habe ich auch nichts dagegen, hier noch mal Werbung zu machen. Aber vielleicht jetzt noch einmal explizit auf die herCareer bezogen, wo wir heute sind oder eben auch auf Gründungen. Was sollten Frauen eigentlich mitbringen, wenn sie sich entscheiden, aus welchen Gründen auch immer, ihr eigenes Unternehmen zu gründen? Welche Skills haben denn Ihnen explizit geholfen?
00:09:34 Annett-Katrin Wohlgemuth: Also wir haben lange diskutiert, Sigrid und ich. Was sind so unsere Skills? Wir haben unterschiedliche Skills. Wird es vielleicht noch mal ganz, ganz wichtig, dass man sich Partnerschaften sucht. Und das heißt auch Mein erster Skill ist, ich kann mit anderen zusammenarbeiten im Team. Wir haben unterschiedliche Geschwindigkeiten. Diese Geschwindigkeit muss man ausgleichen können. Das heißt, dass man auch den anderen in seiner Entwicklung sieht, mitnimmt. Also es ist ein wirklich wichtiger Skill: Arbeiten im Team. Dann der zweite Skill, der wirklich wichtig ist, Frustrationstoleranz, das heißt.
00:10:16 Katrin Habenschaden: In Übereinstimmung mit der Politik!
00:10:18 Annett-Katrin Wohlgemuth: Also ich glaube, ich nenne jetzt einfach mal ein Beispiel. Als wir angefangen haben, habe ich mich hingesetzt und ich habe Stunden damit verbracht, eine Webseite aufzubauen. Und dann hatten wir eine Beratung von den UX und iGmbH. Und dann hat die Nina Souris zu uns zu mir gesagt Na ja, weißte, Anett, das, was du da gemacht hast, das ist eigentlich Boomercringe. Ich so, okay, Boomercringe … Dann machen wir es anders. Es heißt, dass man sich auch permanent in Frage stellt. Das, was man macht, muss, dass man sich verändern kann, anpassen kann. Dass man auf dem Weg ist, Neues zu erleben. Aber auch Aufgeschlossenheit gegenüber Neuen. Dann eine gewisse Kreativität muss man natürlich mitbringen. Und Durchhaltevermögen. Durchhalten. Durchhalten. Durchhalten. Ähm, was noch? Was hat mir noch geholfen? Ich bin ein sehr strategischer Mensch. Dass ich die Sachen auch strategisch angehe, Zusammenhänge auch erkenne, auch Zusammenhänge herstelle. Also sonst wäre es nicht dazu gekommen, so ein Wirtschaftsthema auf ein soziales Thema zu übertragen. Also das kann ich besonders gut. Sigrid kann besonders gut das Organisatorische, die kann Prozesse und der Ammon von uns, der kann sich sehr gut entwickeln, der kann die Themen noch mal vorausdenken und so bringt jeder seine eigenen Skills mit. Und wie gesagt, ein Verständnis über Finanzen. Und was für Gründerinnen auch wichtig ist Netzwerke aufbauen. Am besten bringt man das Netzwerk schon mit, weil das erleichtert vieles, auch in der Gründungsphase.
00:12:02 Katrin Habenschaden: Boomercringe, übrigens ein Wort, das ich sehr oft höre. Ich bin Mama von zwei Teenagern. Ich bin überhaupt kein Boomer, aber trotzdem ist alles mehr oder weniger was ich Form von mir gebe Boomercringe, auch wenn ich nur darum bitte, das man doch jetzt hier auch Besteck zum Essen verwenden könnte. Also von daher, auf das Wort reagiere ich auch langsam so ein bisschen … nicht jetzt wegen eben, sondern insgesamt, weil alles, was ich sozusagen im häuslichen Bereich von mir gebe, ist. So noch mal: Wir sind Annett-Katrin Wohlgemuth von der Plattform amuvee für alleinerziehende Frauen, die aber ihren Karriere Wunsch nicht aufgeben möchten. Ich bin Katrin Habenschaden, die zweite Bürgermeisterin dieser Stadt und freue mich sehr, dass sie alle da sind. Jetzt haben wir den Prozess der Gründung schon angesprochen, vielleicht nur ganz kurz. Sind da auch Fehler passiert? Bestimmt, aber wenn ja, welche sind es gewesen? Die schlechte oder zumindest Boomercringe Website wurde schon angesprochen, der erste Versuch. Was ist noch schiefgegangen?
00:13:02 Annett-Katrin Wohlgemuth: Ja, also, wir haben viele Themen auf einmal gemacht. Zum Beispiel, also, wir haben gelernt, wir müssen uns fokussieren, eins nach dem anderen abarbeiten. Wir sind nebeneinander vorbeigelaufen, wir haben mal eine Investorin verärgert. Also es ist auch passiert, aber ich glaube, das haben wir wieder, haben wir wieder gerade gerückt.
00:13:24 Katrin Habenschaden: Das war in München, das konnten wir zusammen Gott sei Dank wieder gerade rücken.
00:13:28 Annett-Katrin Wohlgemuth: Genau das passiert alles. Wir haben daraus gelernt. Wir haben dann unsere Aufgaben einfach besser verteilt. Wir haben Zuständigkeiten geschaffen. Das war anfangs eher chaotisch, auch in der Gründungsphase. Das ging so ein bisschen hopplahopp. Und dann dieses schnell, schnell. Und manchmal muss man auch ein Stück wieder zurückgehen und dann noch mal neu anfangen. Das sind so die Fehler, die wir gemacht haben, aus denen wir gelernt haben, aus denen wir gelernt haben.
00:13:58 Katrin Habenschaden: Und mich wird noch interessieren bei amuvee, w er mal draufschauen will, sieht, dass da werden ja unterschiedlichste Dinge an Informationen, aber natürlich auch an Partizipation, Vernetzung, Möglichkeiten angeboten. Das immer Stadt bezogen genau, dass jeder einfach gut sehen kann. Was habe ich eigentlich bei mir in der Stadt an Unterstützung, auf die ich zurückgreifen kann? Wisst ihr, was davon den meisten Anklang findet? Also sind es so die klassischen Formulare oder eben auch was kann ich an an unterstützenden Mitteln erhalten? Ist es der Wunsch nach sich mit anderen Alleinerziehenden zu vernetzen? Sind es tatsächlich so karrieretechnisch Fragen? Ist es vielleicht auch, ihr macht ja auch Consulting oder Beratung. Was ist das, was bei amuvee sozusagen den größten Erfolg hat? Klar, der riesengroße Erfolg ist, dass alles drauf ist. Aber was wird am meisten nachgefragt?
00:14:50 Annett-Katrin Wohlgemuth: Also das ist, glaube ich, das, was uns unterscheidet. Jeder tickt anders und jeder fragt andere Themen nach. Also wir haben zum Beispiel viele Mütter, die aus einer Trennung oder Scheidung kommen. Für die ist essenziell zu wissen, was gibt es für Trennungen, was gibt es an Thema Unterhalt, weil wie funktioniert ein Wechselmodell? Was ist das Sorgerecht? Das sind diese ganzen Rechtsthemen und dann was wir mitbekommen, ist als nächstes Thema Finanzen. Also das ist ganz stark nachgefragt, wo kann ich einsparen, wo kann ich Gelder herbekommen? Wie mache ich das, wenn ich Teilzeit erhöhen will? Wie mache ich das, wenn ich jetzt in den Job wieder einsteigen will? Was, was steht da an? Und als Kernthema sehen wir auch immer wieder Kinderbetreuung, Kinderbetreuung, Kinderbetreuung. Also das darum rankt sich vieles und vor allen Dingen Kinderbetreuung in den Randzeiten. Wer kann mich unterstützen, wer kann mir auch eine Auszeit verschaffen? Und natürlich dann auch im nächsten Fall, wie kann ich mich vernetzen mit anderen, die mir auch mal Mut zusprechen, die mir auch mal sagen, Du, das ist eigentlich ganz normal in der Phase, in der du jetzt bist. Es wird besser. Du Kommst da durch. Das ist uns auch so gegangen. Also das Thema Mut machen und einfach an die Hand nehmen. Also das ist glaube ich so das, was nachgefragt wird.
00:16:20 Katrin Habenschaden: Jetzt ist amuvee zumindest in München eben auf der Strecke. Gott sei Dank. Freut mich auch sehr. Was sind die wichtigsten Inhalte? Ist alles drauf, läuft auch. Was sind jetzt so die Herausforderung oder was denn jetzt die nächsten Schritte, bekannter werden beispielsweise? Nicht zuletzt deswegen sitzen wir übrigens auch heute hier.
00:16:40 Annett-Katrin Wohlgemuth: Genau. Also wir wollen a. natürlich, jedes Startup und das sind wir ja, wir sind ein Social Startup, hat das Thema Reichweite gewinnen. Also wir wollen natürlich bekannter werden. Wir wollen außerdem deutschlandweit auch aktiv werden. Das ist für uns ganz wichtig, weil wir auch Anfragen von ganz Deutschland bekommen. Und wir wollen natürlich auch die Organisationen stärker vernetzen und auch Unternehmen mehr in die Thematik bringen. Kümmert euch um das Potenzial von Alleinerziehenden. Das sind 88 % Frauen. Schafft andere Bedingungen in den Unternehmen, sonst könnt ihr das Potenzial auch gar nicht heben.
00:17:22 Katrin Habenschaden: Die Unternehmen wissen ja häufig nicht, zumindest nicht strukturell, wer die Alleinerziehenden unter ihnen sind. Klar, das gehört ja auch zum Persönlichkeitsrecht dazu, das nicht sagen zu müssen. Aber jedes Unternehmen kann davon ausgehen, dass es eben Alleinerziehende, also zumindest ab einer bestimmten Betriebsgröße Alleinerziehende im Team hat. Von daher macht es einfach wahnsinnig viel Sinn, sich um dieses Thema zu kümmern. Jetzt ist es ja bei Ihnen auch so, alleinerziehend eigentlich mit einem festen Job bei einer Bank. Warum haben Sie sich denn jetzt entschieden, parallel zu einer Karriere, die Sie ja im Unternehmen verfolgen und verfolgt haben, in den Prozess auch noch der Unternehmensgründung einzusteigen? Das ist ja doppelt gemoppelt. Ein dreifach Overload würde ich es mal nennen.
00:18:09 Annett-Katrin Wohlgemuth: Ganz einfach, weil ich Lust drauf hatte. Ich wollte schon immer irgendwie was Unternehmerisches machen. Ich hatte Lust drauf. Mir sind, also die Probleme sind einfach da. Ich habe Bock drauf, das zu verändern. Ich will einfach was tun, damit sich was grundlegend auch in der Struktur, in den strukturellen Themen verändert. Und das hat mich einfach angetrieben. Das kommt von innen raus. Ich kann jetzt nicht sagen, es war so oder so, es hat sich einfach an dem Punkt so ergeben, dass das jetzt gemacht werden musste.
00:18:46 Katrin Habenschaden: Und was hat die Arbeitgeberin dazu gesagt? Die hatte ja übrigens auch was davon, muss ich mal klar sagen.
00:18:52 Annett-Katrin Wohlgemuth: Auf alle Fälle. Also meine Arbeitgeberin, ich kann das auch sagen, es war die LBBW BW Bank. Wir konnten die gewinnen als Bank auch das Projekt zu sponsern auf der einen Seite. Auf der anderen Seite konnten wir auch das Projekt vorstellen, auch bei der Arbeitgeberin. Wir haben dadurch auch freiwillige, ehrenamtlich mitarbeitende Kolleginnen und Kollegen gefunden, also sehr viel auch Unterstützung und Zuspruch auch von den Kollegen, auch vom Sozialreferat, die auch mit dem Finder zum Beispiel die Frauen und auch Männer beraten, die alleinerziehend werden. Auf der anderen Seite hat aber auch das Unternehmen davon profitiert, weil wir ja jetzt auch Skills haben, die wir im Unternehmen mit einbringen. Ich habe im Moment auch gerade ein Projekt. Da geht es um nachhaltige Immobilienfinanzierung und da profitieren wir ganz stark auch von diesem Gründungsideen. Wir arbeiten auch mit Startups dort zusammen. Wir haben auch digitale Ansätze. Also das sind einfach ganz viele Synergien, die da entstehen, auch für Unternehmen auf der einen Seite und auf der anderen Seite ist es auch so, wir hatten letzte Woche mit Kollegen ein Meeting, da ging es auch darum, das nennt sich Lean Coffee, Kann man sich austauschen zu bestimmten Themen? Und da haben die Kollegen mitgebracht: Ach ja, wir wollen im Unternehmen mehr Unternehmertum fördern. Das wäre cool, wenn jeder ein Startup gründen würde. Und dann haben wir uns vorgestellt, wer hat denn was? Und da habe ich auf einmal gesehen, ah, er hat das mit seinem Sohn gemacht. Die nächste hat dann eine Schneiderei eröffnet. Also das heißt, wir haben ganz viele Potenziale, und die kann natürlich ein Unternehmen ganz anders noch fördern, wenn es darum weiß, was was es gibt.
00:20:39 Katrin Habenschaden: Absolut, absolut. Mir wäre es wichtig, noch mal ein bisschen allgemeiner zurückzukommen zur Situation von Alleinerziehenden. Wir wissen alle sind wahnsinnig viele Frauen, immer noch sehr, sehr mehrheitlich bei uns in der Gesellschaft. Und trotzdem so richtig strukturell diskutieren wir Herausforderungen viel zu wenig, finde ich. Die alle teilen ähnliche Probleme. Natürlich mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Klar, erst mal die, die sowieso alle Eltern haben, beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es ist ja schon, wenn man zu zweit ist, kein Zuckerschlecken, muss man mal ganz ehrlich sagen. Nur, dass sie diese eben jeweils ohne die andere Hilfe schultern müssen, was ja zeitlich, aber eben auch finanziell, wenn man dann externe Hilfe braucht, sich dann einfach noch mal hoch skaliert und kaum zu bewältigen wird. Wie können Alleinerziehende und da reden wir dann trotzdem immer noch zu fast 90% von Frauen, diese Herausforderungen dann eigentlich überhaupt bewältigen?
00:21:44 Annett-Katrin Wohlgemuth: Schwierige Frage. Zuallererst setzt das im Kopf ein. Also ich bewältige meinen, mein Job, mein das, was ich tue, zuerst im Kopf. Indem ich mir nämlich ein Mantra sage Du kannst das, du kommst dadurch, du schaffst das. Das ist mal das Allererste, dass ich einfach in mir drin weiß, es funktioniert, es geht. Dann als Zweites: ich muss nicht mehr perfekt sein. Ja, also mein. Meine Bluse muss nicht 1.000% gebügelt sein. Ganz normal. Ich ziehe mal schnell T Shirt geht auch. Zu Hausem muss es nicht 100% aussehen. Dass wenn mein Sohn im Kindergarten oder in der Schule war oder eine Ganztagsschule, das war für mich wichtig, zu wissen: es ist okay, es ist alles okay so wie es ist. Also, das heißt, ich muss einfach mich davon lösen, dass ich so die Supermami bin, die alles kann. Und wir haben auch diskutiert, weil wie ist es dann mit Kuchenbacken, und so? Also das heißt Pimp, also das beste Rezept ist Pimp your Muffins.
00:22:56 Katrin Habenschaden: Ich liebe selbstgekauft, sage ich immer.
00:22:59 Annett-Katrin Wohlgemuth: Genau. Oder es gibt so schöne bunte Streusel, die kann man auf was draufmachen. Da macht man Backevent und dann schneidet man das durch. Und das ist der tollste Kuchen. Also Pimp your Muffins.
00:23:10 Katrin Habenschaden: Ja, genau. Ein Hoch auf einfach auch gelassener mit den eigenen Ansprüchen umzugehen, das ist mit Sicherheit ein guter Punkt. Strukturell, glaube ich aber, braucht es auch jede Menge Unterstützung. Also vielleicht auch noch gleich die Nachfrage: Was können denn die Unternehmen tun, um den Alleinerziehenden nochmal die sehr häufig gar nicht kennen oder identifizieren, aber was können sie strukturell anbieten, um dieser Gruppe einfach auch das Arbeitsleben zu erleichtern?
00:23:38 Annett-Katrin Wohlgemuth: Also strukturell, ich nenne einfach mal ein Beispiel Ich hatte mal einen Termin mit dem Vorstand und der meinte ja, so 7:30 wäre schon gut, wenn sie 7:30 hier auf der Matte stehen. Und dann habe ich gesagt, Sorry, also mein Zug, den ich nehmen kann, der fährt, ist 7:05, dann bin ich um 8:00 da. Das schaffe ich um 7:30 nicht. Ja, wieso? Also, ich muss meinem Sohn ja noch Frühstück machen. Er muss frühstücken, da muss ich ihn in die Schule schicken. Er kann ja nicht mal, er kann ja nicht alleine frühstücken. Nein, er kann nicht alleine da.
00:24:11 Katrin Habenschaden: Klar, das machen 6-jährige immer gut und gerne allein.
00:24:14 Annett-Katrin Wohlgemuth: Genau. Also ganz einfach, Meetings fangen um 8:00 Uhr an und hören um 16:00 Uhr auf. Ganz strukturell. Ganz einfach. Kann man festschreiben in der Unternehmenskultur. Das ist eine Kulturfrage. Dann, brauche ich wirklich 1.000 Meetings oder muss ich das machen? Zweites Thema Führung in Teilzeit, Karriere in Teilzeit. Wie wird das ermöglicht? Kann ich zurückfahren? Kann ich meine Arbeitszeit flexibel gestalten? Homeoffice ist ja State of the Art mittlerweile. Also das ist eigentlich eine Voraussetzung. Aber eben auch, wenn ich ein Seminar habe oder ein Workshop, was mache ich mit meinem Kind in der Zeit? Wie betreue ich das? Habe ich Eltern vor Ort oder sind die die 500 Kilometer entfernt? Dann fängt nämlich die ganze Hektik an, dass man sagt, Gott, jetzt ist die Organisationsstruktur da zu sagen, wenn du hingehst, wenn du Kinder hast, wir besorgen dir eine Kinderbetreuung oder du kannst das Kind mitbringen, Kinderbetreuung. Also ich hatte auch schon Kundengespräche, da stand mein Sohn in der Babyschale unterm Tisch. Oder meine Tochter hat dann unter dem Tisch irgendwie ihre Finger, die Hand, die Hände ganz bunt bemalt und ich habe dann oben ganz normal ein Gespräch geführt. Der Kunde war begeistert, weil meine Tochter war ruhig, war alles wunderbar. Tolles Gespräch. Ich war hinterher auch begeistert, weil die Finger waren ganz toll ausgemalt. Also das das das normal ist, das auch Beruf mit Kindern ausgeübt werden kann. Das ist ein Mindset Thema. Also das ich das Mindset verändert und da braucht es aber auch die Unterstützung.
00:26:01 Katrin Habenschaden: Und da braucht es meines Erachtens nach dann auch Role Models. Ja, das würde ich mir zum Beispiel wünschen. Mehr Role Models, alleinerziehende Chefinnen, die dann einfach auch genau wissen, wo die Probleme liegen. Mich haben zum Beispiel immer – und jetzt bin ich nicht alleinerziehend, aber mein Mann ist einfach auch berufstätig – mich haben immer so mehrtägige Firmen, Events und Teambuilding Events total zerwürfelt, weil ich überhaupt nicht wusste, wie ich mit so was umgehen soll. Da macht sich der Organisator, die Organisatorin erst mal nicht so viele Gedanken, was aus einem eigentlich guten und schönen Idee dann einfach auch sich entwickeln kann. Bzw. Das müsste man halt weiterdenken. Gibt es da Leute, die ihre Kinder einfach mitbringen müssen und dann einfach damit umgehen?
00:26:45 Annett-Katrin Wohlgemuth: Ja, oder auch wenn, wenn wir auch im Lean Coffee wieder gesprochen ja, ja, wir wollen dann abends eine Bar aufmachen und was weiß ich. Was sag ich dann? Ah Stopp, abends? No, no. Also ihr könnt das gerne am Nachmittag machen. Wir können gerne den Kaffee am Nachmittag machen. Dann macht doch einfach ein Kaffeetrinken. Da kann man sich auch austauschen. Aber Fakt ist, wann mache ich das? Sind das familienfreundliche Arbeitszeiten? Wie verändere ich das alles? Und natürlich Role Models. Das finde ich wesentlich, dass das gezeigt wird.
00:27:18 Katrin Habenschaden: Ich auch, weil einen Royal Models wirklich halt auch immer selber ermutigen. Weil man jemanden vor sich hat, der einem zeigt, dass es geht. Und das kann man sich ja, Sie hatten es ja vorhin auch gesagt, man kann sich zwar immer wieder einreden, aber in den miesesten Momenten nützt das selber Einreden nichts. Und da kann es helfen. Wenn man wirklich jemanden sieht, bei dem oder der einem dann auch, sagen wir dann vielleicht einfach Tipps gibt. Und so Zeit ist um. Das ist tatsächlich super schnell gegangen. Ich danke allen Podcast Hörerinnen, ich danke aber auch – die Podcast Hörerinnen sehen das jetzt nicht – allen Besucherinnen bei uns am Stand auf der herCareer fürs Interesse, fürs Zuhören. Mir hat sehr viel Spaß gemacht. Amuvee allen Erfolg, den ich Ihnen nur Andenken, hinwünschen kann. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es ein tolles Projekt und nochmal herzlichen Glückwunsch zum Award gewinnen. Das ist wirklich für Sie beide sehr, sehr verdient. Dankeschön!
00:28:17 Annett-Katrin Wohlgemuth: Vielen Dank auch von meiner Seite. Und wer Lust hat, kann natürlich auch gerne bei uns mitarbeiten. Einfach melden!
00:28:33 Moderation: Das Gespräch wurde im Rahmen der herCareer Expo 2022 aufgezeichnet. Wenn du jetzt Lust hast, in die Unterhaltung einzusteigen, dann besuche uns auf der nächsten herCareer Expo in München und netzwerke zusammen mit tausenden ExpertInnen aus den verschiedensten Branchen und Fachbereichen. Oder fange gleich von Zuhause aus an, zum Beispiel über herCareer-network.com. Ob virtuell oder im Real Life, wir vernetzen dich gern. Wenn du gerade eine neue Herausforderung suchst, dann probier unbedingt herCareer-Jobmatch.com aus. Bei Fragen zum Podcast schreib uns einfach eine Mail an podcast@her-Career.com. Abonniert den herCareer Voice Podcast auf Apple Podcast, Spotify oder wo immer du deine Podcasts hörst. Und empfiehl uns an deine liebsten Kolleginnen. Alle Episoden gebündelt findest du zum Beispiel unter her-career.com/podcast. Wir sind glücklich und stolz, dass du ein Teil der herCareer Community bist. Danke, dass du anderen zuhörst, um uns alle weiterzubringen. So klingt Female Empowerment.