Über den Mut, Umwege zu gehen, Erwartungen zu sprengen und die eigene Geschichte zu schreiben.

Karrierewege von Frauen sind so individuell wie ihre Persönlichkeiten. Doch viele finden in ihrem Arbeitsumfeld noch wenige Vorbilder. Das möchte die herCAREER-Buchreihe „Frauen des Jahres. Lernen von den Besten“ ändern. Hier gewähren bemerkenswerte Frauen ehrliche Einblicke in ihren Werdegang. Drei Beteiligte haben auf der herCAREER Expo 2023 mit der Journalistin Stefanie Hornung gesprochen: Malika Mataeva, Cyber Security Engineer, Anastasia Umrik, Coachin und Autorin sowie Liz Fendt, Global CMO bei der TÜV Süd AG.

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Thema

Wirtschaft, Arbeit & New Work | Karrierelaufbahn & Bewerbung

Angaben zur Moderatorin

Stefanie Hornung beschäftigt sich als Journalistin und Autorin seit mehr als fünfzehn Jahren mit Fragen der Arbeitswelt und der Chancengleichheit. Sie schreibt regelmäßig zu Personal- und Management-Themen im Personalmagazin und im Magazin neues lernen.

Seit 2017 untersucht sie, wie Unternehmen Entlohnung fairer gestalten können, und veröffentlichte dazu in einem Autorenkollektiv die Bücher „New Pay“ (2019) und „New Pay Journey“ (2023). Sie treibt das Thema auch als Mitgründerin des „New Pay Collective“ voran, einem Netzwerk, das Organisationen bei der Neugestaltung ihrer Vergütungssysteme begleitet und Forschung zu Vergütungsprozessen anstößt. Außerdem ist sie Referentin des New Pay Campus zu den Schwerpunkten Leistung und Kommunikation. Aus ihrer Feder stammt der Newsletter „Gehaltvolle Zeilen“, der regelmäßig über neue Formen der Entlohnung und gesellschaftliche Entwicklungen rund um das Thema Geld und Gehalt berichtet.
In Freiburg i. Br. studierte Stefanie Hornung Germanistik, Romanistik (Spanisch) und Geschichte. Sie war viele Jahre Pressesprecherin der größten deutschen Personalfachmesse, der Zukunft Personal (heute: Zukunft Personal Europe), und Chefredakteurin des Online-Portals HRM.de. Heute lebe und arbeitet sie in Tübingen.

Angaben zu den Teilnehmerinnen

Malika Mataeva ist in Grosny, Tschetschenien, geboren und aufgewachsen. Trotz des Krieges schloss sie die Schule mit Auszeichnung ab und begann ein Studium an der Fakultät für Geschichte. Parallel zu ihrem Studium arbeitete sie zunächst als Musiklehrerin an der Schule und dann als „IT-Spezialist“ in einer Baufirma, da sie einen der ersten Computerkurse der Nachkriegszeit absolviert hatte. Im Alter von 18 Jahren flüchtete sie mit ihrem Mann nach Österreich. Während ihr Flüchtlingsstatus bearbeitet wurde, kümmerte sie sich um ihre Kinder und lernte Deutsch. Nachdem alle drei Kinder in der Schule und im Kindergarten waren, begann sie mit 25 ein Informatikstudium an der Universität Wien. Während ihres Studiums hat sie bei der Firma Bosch als Softwareentwicklerin gearbeitet. Nach einigen Jahren bei Bosch beschloss Malika, das Unternehmen zu wechseln, da sie sich neben der Entwicklung auch mit Datensicherheit beschäftigen wollte. Sie arbeitete 3 Jahre lang bei Coredat Business Solutions als Softwareentwicklerin und Data Secirity Manager und koordinierte die Vorbereitung auf ISO9001- und ISO27001-Audits. Danach entschied sie sich, vollständig in den Security-Bereich zu wechseln – was sie auch getan hat: Seit Februar letzten Jahres arbeitet sie als Cyber Security Engineer bei der WKO Inhouse GmbH der Wirtschaftskammern Österreichs. Als einzige Frau verantwortet Malika zusammen mit fünf Männern die Sicherheit der österreichischen Wirtschaft. Als erste Frau in diesem Team gehört sie zum einen Prozent der Frauen im Cyber Security Bereich in Österreich. Sie nutzt diese Position, um als Rollenvorbild Mädchen und Frauen für die IT zu motivieren.
Malika hat einen schwierigen Weg hinter sich: vom Flüchtling ohne Deutschkenntnisse zur Cyber-Security Expertin.

Anastasia Umrik, Jahrgang 1987, erfüllt fast alle Merkmale eines zur Randgruppe gehörenden Menschen: Weiblich, Ausländerin, durch eine Muskelerkrankung auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie beschloss in den jungen Jahren auf Biegen und Brechen so zu werden wie Andere. So sehr war der Wunsch endlich anzukommen, weniger aufzufallen und lieber in der Masse unterzugehen, als ständig mit ihren eigenen unerfüllten Träumen und äußerlichen Merkmalen konfrontiert zu werden. So schloss sie die Tür zu ihrer Intuition und weiblichen Weisheit und war sich sehr sicher: So lebt es sich einfacher!
Doch das Leben, das für Andere gelebt wird, geht nicht lange gut. Nach dem Erfolg der beiden Initiativen „anderStark – Stärke braucht keine Muskeln“ und „inkluWAS – design, das denken verändert“, mit denen sie u.a. ihre Kreativität entdeckte, folgte ein tiefes Loch voller Müdigkeit und Lethargie. Auch der Körper ließ sich nicht mehr ablenken und rebellierte, verweigerte das Funktionieren – nichts ging mehr. Nach einem Fast-Tod war Anastasia Umrik gezwungen ihr bis dato geführtes Leben und auch ihre Arbeit umzudenken und neue Wege zu finden, die eigene Wahrheit trotz allem auszuleben. Sie hat die Prioritäten für sich in die richtige Reihenfolge gesetzt und hat seit dem beschlossen, ihre Erfahrungen und die individuelle Sicht auf die unterschiedlichen Systeme, Strukturen und Lebensweisen als Coach, Rednerin und Autorin weiterzugeben. Anastasia geht es in ihrer Arbeit nur selten um Perfektion, und auch nicht um politisch korrekte formulierte Sätze. Viel mehr geht es um Aufrichtigkeit, Authentizität und immer wieder das Innehalten und in sich hinein horchen: „Wer bin ich und wer möchte ich am Ende meines Lebens gewesen sein?“

Liz Fendt ist seit über 20 Jahren bei TÜV SÜD tätig – an Standorten in München, Taiwan, Hongkong und Singapur.
Sie ist Leiterin des Konzernmarketings mit 200 Mitarbeitenden weltweit und hat den Marketing­bereich in seiner heutigen Form aufgebaut. Sie ist verantwortlich für die Marke TÜV SÜD und für alle Konzernkampagnen zur Leadgenerierung.
Liz hat das globale Wachstum des Unter­nehmens und die fortlaufende Digitalisierung mit vorangetrieben, inklusive des Aufbaus einer komplexen technischen Marketing-Infrastruktur.
Liz war Mitbegründerin des Frauennetzwerks des Unternehmens, zu dem inzwischen weltweit rund 1000 Mitarbeiterinnen gehören.
Sie hat einen Bachelor (Hons) und einen Abschluss als Diplomkauffrau an der Berlin School of Economics and Law. Auch heute bildet sich Liz ständig weiter.
In ihrer Freizeit verbindet Liz ihre Leidenschaft für Abenteuerreisen in mittlerweile 100 Länder – in den vergangenen 14 Jahren mit ihren beiden Töchtern – mit ihrer Leidenschaft für Fotografie, um ihre Eindrücke und Erfahrungen im Bild festzuhalten.

Der Beitrag wurde im Rahmen der herCAREER Expo 2023 aufgezeichnet und als Podcast aufbereitet.

[00:00:00] Malika Mateva: Bitte lasst euch nicht einreden, dass ihr irgendwas nicht schafft, auch wenn diesen Weg niemand bis jetzt geschafft hat. Ich könnte die Erste sein. Ich will meinen Erfolg teilen, damit ich andere motiviere. Das ist mein Ziel.

[00:00:14] *Musik*

[00:00:23] Julia Hägele: Herzlich willkommen beim HerCareer Podcast. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich für eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt einsetzen. Von der HerCareer Expo Live und aus der HerCareer Community. Karrierewege von Frauen sind so individuell wie ihre Persönlichkeiten. Doch viele finden in ihrem Arbeitsumfeld wenig Vorbilder. Das möchte die HerCareer-Buchreihe „Frauen des Jahres. Lernen von den Besten“ ändern. Hier gewähren bemerkenswerte Frauen ehrliche Einblicke in ihren Werdegang. Drei Beteiligte haben auf der HerCareer Expo mit der Journalistin Stefanie Hornung gesprochen: Malika Mateva Cybersecurity Engineer, Anastasia Umrik, Coachin und Autorin, sowie Liz Fendt, Global CMO bei der TÜV Süd AG.

[00:01:09] *Musik*

[00:01:21] Stefanie Hornung: Herzlich willkommen. Es ist so toll, hier zu sein. Wieder auf der HerCareer. Mein Name ist Stefanie Hornung. Ich bin freie Journalistin und Autorin und ich habe das Vergnügen, jetzt ein ganz besonderes Projekt vorzustellen, und zwar „Frauen des Jahres“. Das ist der Titel des Buches. Hier steht das. Darüber möchten wir jetzt sprechen, und das Buch möchten wir gemeinsam vorstellen. Frauen des Jahres, das klingt ja so ein bisschen wie ein Award oder wie eine neue Auszeichnung. Und ich denke, ein Stück weit ist es das auch, aber auch wieder nicht. Es handelt sich um eine Initiative der HerCareer, die das Buch künftig jährlich herausbringen wird. Die Gründerin Natascha Hoffner ist vor acht Jahren mit einer Mission gestartet, über die sie auch in dem Buch spricht. Und zwar sagt sie sinngemäß: Wir brauchen einfach mehr Frauen in Führungspositionen, in technischen Berufen, in allen Branchen und allen Bereichen, wo sie heute noch unterrepräsentiert sind. Und woran liegt es, dass sie unterrepräsentiert sind? Da gibt es natürlich wahnsinnig viele Gründe, strukturelle Gründe, unconscious biases, oder auch andere Dinge, die uns ausbremsen, wie zum Beispiel, dass uns das Netzwerk fehlt oder dass wir nicht den nötigen Support haben von Mentorinnen, die wir brauchen. Und es kann auch sein, dass uns schlicht die Vorstellungskraft fehlt, was alles möglich ist. Und die HerCareer möchte das ändern und hat dafür – ihr wisst es – eine Plattform, verschiedene Formate und zukünftig wird es auch noch ein Buch geben, das auch dieses Anliegen verfolgt. Das Ziel ist eben, weibliche Vorbilder aus ganz verschiedenen Bereichen, Hierarchieebenen, Branchen in verschiedenen Karrierephasen sichtbar und hörbar zu machen. Und in dem Buch stehen 25 Frauen mit ihren Karrieregeschichten im Mittelpunkt. Die Geschichten erzählt die Journalistin Christine Mortag, und durch diese unterschiedlichen Geschichten ist es wie eine Art Kaleidoskop an weiblichen Karriereerfahrungen, Backgrounds und Herkünften. Die Frauen, die kommen aus Start-ups, sie kommen aus KMUs, von Hidden Champions oder von den großen Playern. Einige davon sind hoffentlich –  ich weiß, einige sind hier, es sind hoffentlich noch mehr hier, als jetzt hier auf der Bühne sitzen. Jetzt aber zunächst zu denen, die hier mit mir in der Runde sitzen. Zum einen begrüße ich ganz herzlich Malika Mateva:. Sie ist Cybersecurity Engineer von WKO Inhouse bei den Wirtschaftskammern Österreichs. Herzlich willkommen, Malika, schön, dass du da bist. Neben mir sitzt Liz Fendt. Sie ist Global Chief Marketing Officer von TÜV Süd. Sie hat unter anderem intern bei TÜV Süd ein Frauennetzwerk von mehr als 1000 Mitgliedern aufgebaut. Das ist sehr beeindruckend. Du wirst uns sicher noch mehr davon erzählen. Herzlich willkommen, Liz. Und in dem Buch gibt es auch einige Vorworte und Grundgedanken über die Entwicklung von Frauenkarrieren. Und eines dieser Vorworte ist von Anastasia, die neben mir sitzt. Anastasia Umrik ist Coach, Rednerin, sie ist Buchautorin. Hier steht ihr Buch „Du bist in einer Krise. Herzlichen Glückwunsch!“. Sie ist auch Gründerin der „Deep Stuff Academy“ und ich möchte jetzt gleich mal zu Beginn eintauchen in das Buch, eintauchen in die Karriereggeschichten von euch, und Liz, mit dir möchte ich gerne anfangen. Deine Leidenschaft ist ja das Reisen in fremde Länder und fremde Kulturen. Und das ist ja normalerweise nicht unbedingt so einfach, so was mit Karriere zu verbinden. Wie hast du das geschafft?

[00:05:29] Liz Fendt: Also ich komme ursprünglich aus England und damals war ich ungefähr zehn Jahre alt und weiß, dass ich schon in die große weite Welt bereisen wollte, weil ich aus den Bibliothek einige Bücher mitgenommen habe. Also ein Buch aus Japan, ein Buch aus Trinidad und Tobago. Und ich habe von vornherein gewusst, ich will die Welt sehen. Und dann habe ich eigentlich überlegt, wie komme ich überhaupt dahin? Und mit elf oder zwölf habe ich eigentlich den ersten Job gemacht. Und ich habe eigentlich schon seit dem elften Lebensjahr immer gearbeitet. Das war für mich erst der Schlüssel zu dieser Weltgeschichte und die große weite Welt, die ich schon immer sehen wollte. Also: Mit 15 habe ich meine erste Reise gemacht nach München. Da habe ich festgestellt, dass mir die deutsche Sprache eigentlich Spaß macht. Und das wollte ich halt dann lernen. Und mit 18 habe ich eine Reise für drei Monate durch Europa gemacht und danach habe ich einfach die Entscheidung getroffen, nach Deutschland zu ziehen, die Sprache zu lernen und nach dem Studium – es war auch ein europäisches Studium, zweisprachig – habe ich die Entscheidung getroffen, international einzusteigen. Ich habe schon immer geschaut, dass ich Stellen aussuche, wo global oder international einfach vorne steht. Ich glaube, das ist einfach ganz wichtig, wenn man von vornherein klar ist, was will man überhaupt im Leben, dass man wirklich haargenau schaut, dass man genau auf diesem Pfad auch bleibt. Also mit 26 habe ich eine super Stelle bei Agfa bekommen, und zwar war ich international für die Presse zuständig, bin einmal durch die Welt getingelt, das hat mir einfach irre Spaß gemacht und ich bin ja irgendwie zum TÜV Süd gekommen. Interessanterweise sagt jeder: Mein Gott, der TÜV ist so wahnsinnig deutsch. Ich habe in der Süddeutschen Zeitung eine Annonce gesehen für eine „Internationale Kommunikations- und Marketing-Fachexpertin. Und das Internationale hat auch einfach mein Interesse geweckt. Und ich mag Challenges. Also wenn es ein Problem gibt zum Beispiel, der TÜV ist relativ beamtenbehaftet, so zumindest vom Ruf her. Das hat mich einfach interessiert und ich bin ja eingestiegen, bin seit 22 Jahren beim TÜV und ich habe eigentlich mit dem TÜV, also werde ich die Internationalisierungsfahrt auch begleiten dürfen. Ich habe in Taiwan, in Indien, in Singapur, in Hongkong und natürlich auch hier in Deutschland für den TÜV gearbeitet und bin wirklich weltweit unterwegs gewesen die letzten 22 Jahre.

[00:07:44] Stefanie Hornung: Vielen Dank für diesen ersten Einblick. Malika, lasst uns doch mit dir weitermachen. Du kommst ursprünglich aus Tschetschenien. Du bist nach Österreich geflüchtet. Du hast Kinder und du hast studiert und bist jetzt in einem Bereich, der sehr ungewöhnlich ist für Frauen. Cyber Security Engineer. Machst irgendwas mit Datensicherheit, würde ich mal sagen als Laie. Wie kam es dazu, dass du auch studieren konntest in Österreich? Und wie sah dein Karriereweg aus?

[00:08:15] Malika Mateva: Ich bin in Tschetschenien aufgewachsen und als ich sieben war, war der erste Krieg, und als ich 14 war, war der zweite Krieg in meinem Land und das zerstört natürlich so ziemlich alles und es gibt auch keine Stabilität für weitere Planung, für Träume. Und deswegen war es ziemlich lang bei mir unbewusst, wohin ich weiter will, was ich machen will. Genau, weil mir haben einfach die Möglichkeiten auch gefehlt. Aber ich war sehr ehrgeizig und ich glaube genau vielleicht diese schwierige Situation hat bei mir bewirkt, dass ich trotz dieser Umstände ganz sicher in meinem Leben was Gutes machen werde. Aber ich wusste nicht, was genau. Mit 18 musste ich mit meinem Mann aus dem Land flüchten. Und in Österreich habe ich gesehen, welche Chancen es gibt, die Möglichkeiten einer Ausbildung, alles, was mir eigentlich wegen des Kriegs in Tschetschenien gefehlt hat. Aber dann natürlich war es eine andere Herausforderung, dass man als Flüchtling eben bestimmte Zeit abwarten muss, gar nichts machen darf. Und dann ist die Sprache natürlich auch eine sehr große Barriere. Aber eben das hat mich dann immer dazu geführt, ist meine Einstellung da: Ich werde die Chance nutzen. Und vor allem es ist einerseits auch vielleicht die Einstellung. Ich habe gesehen, ich als Flüchtling und als kopftuchtragende Muslimin, also Gesellschaft in der Begegnung, die ich als Flüchtling hatte, habe ich immer gesehen, dass ich unterschätzt werde, das mir nicht zugetraut wird, also nicht viel zugetraut wird. Ich habe meine erste Ausbildung auch vom Arbeitsmarkt nicht bekommen, weil mein Betreuer meinte, ich schaff das nicht, ganz sicher schaffe ich nicht die Webdesign-Ausbildung, das wäre viel kleiner und kürzer als Uni. Dann dachte ich: Okay, jetzt erst recht. Und dann dachte ich okay, mir bleibt nichts anderes übrig als Uni. Es war natürlich eine sehr große Herausforderung, mit Kindern Informatik zu studieren, aber alles, was mit Computer zu tun hatte, hat mich immer fasziniert. Und ich dachte okay, gut, das schaut gut aus. Ich probiere das mal trotz alle Meinungen, die ich gehört habe, dass es unglaublich schwer ist und mit Kindern nicht realistisch ist. Ich habe mich einfach eingestellt. Ich muss selber probieren. Ich muss selber feststellen, dass ich nicht kann, wenn es wirklich so ist. Hab es probiert und es hat mich wirklich absolut begeistert und ich habe es hingekriegt gleich im ersten Semester. Und das schwierigste Fach Programmieren, ich dachte, okay, ich kann das doch! Das ist auch der Punkt, was ich immer mit gebe, wenn ich als role model irgendwo spreche. Bitte lasst euch, also Mädchen und Frauen, nicht von jemanden einreden, dass ihr irgendwas nicht schafft. Probiert das selber und auch wenn diesen Wegen bisher niemand geschafft hat. Ich könnte die Erste sein, weil in jedem Weg und überall war jemand Erster. Und das muss man auch ausprobieren. Und das war genau das, was ich gemacht habe. Also ganz ehrlich, ich will nicht arrogant sein. Aber ich will meinen Erfolg teilen, damit ich andere motiviere. Das ist mein Ziel, damit auch andere sich trauen. Und das ist so ein wichtiger Punkt. Ich habe viele Meinungen gehört, es ist unglaublich schwer und meine Schulbildung war in Kriegszeit in Tschetschenien und alle haben gesagt: Deine Schulbasis ist nicht vollständig und nicht vergleichbar mit Österreich. Wie willst du jetzt auf die Uni und dazu noch Kinder? Und es war wirklich, ich glaube, Krieg kann ziemlich zerstören, aber alles, was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Und dieses Effekt hatte ich einfach an sich. Hat mich auch voll begeistert und vor allem: Es bringt sehr viel, IT an sich ist sehr innovativ, und ich habe auch gesehen, wie tolerant offen die IT-Welt ist, wie viel das mir auch als Flüchtling, Migrantin bringt, als Frau, als Mutter von Kindern, weil ich habe diese Verantwortung auch gespürt, was ich meine Kinder dann weitergeben kann. Und natürlich Cyber-Security, das ist überhaupt so ein Bereich, der ist sehr innovativ. Man macht wichtige Sachen. Also es war nur Leidenschaft und Begeisterung. Und damit kommt man dann, glaube ich, in jedem Bereich gut an.

[00:12:34] Stefanie Hornung: Super, Vielen Dank. Ich glaube, ihr seid auch alle schwer beeindruckt, wie ich das bin. Und man sieht auch schon in dem Buch, das sprüht auch vor Tipps und vor Learnings, die ihr alle mitnehmen könnt, wenn ihr diese Geschichten lest. Und gleichzeitig ist es doch auch immer ein Weg. Es ist eine Suche nach der eigenen Berufung. Und Anastasia, auch bei dir ist es ein gewisser Weg gewesen rauszufinden, wo soll es denn eigentlich hingehen? Erzähl doch mal!

[00:13:03] Anastasia Umrik: Ja, ich würde dir jetzt sehr, sehr gerne erzählen, was für einen tollen Weg ich hatte und wie stark ich bin und wie erfolgreich. Und das bin ich auch – heute. Ich erinnere mich aber an einen Moment, das war jetzt vor etwa acht Jahren, da war ich viel in den Medien und ich war schon erfolgreich und ich habe mich aber im Spiegel angeguckt und habe gemerkt: Ich bin nicht glücklich. Das war der Moment, wo meine Arbeit begonnen hat, weil der ganze Erfolg, den man hatte, den man hat, der nützt nichts, wenn du nicht happy bist. Das war so mein Switch, in meinem ganzen Leben zu fühlen: ich hab alles durchbrochen, ich hab alles erfahren, was ich wollte. Und ich bin immer noch nicht glücklich. Und dann habe ich angefangen zu forschen. Was ist Glück, fantasie, innere Freiheit, das Arbeiten, der Erfolg, das Geld usw. Das kommt. Aber ich wollte gerne diese Integrität schaffen, dass ich so aussehe, wie ich mich fühle und nicht irgendwie, dass ich gut aussehe, mich aber total schlimm fühle. Und dieses Innere und das Äußere zusammenzuführen, das war mein Weg. Und heute gebe ich mein Wissen weiter, nach sehr vielen Krisen, nach sehr viel Suchen. Ich bin eine sehr, sehr suchende Person und heute kann ich sagen, ich glaube, ich kenne diese Umwege und diese Knoten und zeige jetzt meiner Deep Stuff Academy mit Kursen und durch Retreats, wie man das Nervensystem reguliert. Denn erst wenn du ruhig bist und klar bist, kannst du überhaupt sehen, wer du wirklich bist. Und wenn du siehst, wer du bist, kannst du auch die Person sein, die du sein willst. Sehr, sehr kurz. Also ich könnte jetzt zwei Stunden reden.

[00:15:17] Stefanie Hornung: Leider haben wir die Zeit nicht, aber Anastasia ist auch im Anschluss noch da. Der Untertitel des Buches lautet „Von den Besten lernen“. Das heißt, na ja, vielleicht ist es ein bisschen pathetisch, aber es geht schon auch um Vorbilder. Anastasia, du schreibst in dem Buch, häufig wird uns erst, wenn wir sehen, was überhaupt möglich ist, klar, wo wir eigentlich hinwollen. Was meinst du denn damit genau? Und welche Rolle hatten denn Vorbilder für dich in deinem Leben?

[00:15:49] Anastasia Umrik: Naja, wenn man in einer Bubble lebt, wo Frauen immer erschöpft sind – meine Mutter war zum Beispiel immer erschöpft. Und wenn du in einer Bubble bist, wo alles mühsam ist, schwer ist und alles nur noch zäh, dann weißt du gar nicht, wie das geht. Du weißt gar nicht, was möglich ist. Und erst, wenn du jemanden kennenlernst, der dich wirklich mit einem offenem Herzen anstrahlt, dann weißt du: Aber es ist möglich! Wenn du erfährst: Jemanden, der sich nicht bewegen kann oder wenig bewegen kann, kann genau so auf der Bühne stehen. Dann denkst du: Ah, vielleicht kann ich das auch. Erst durch den Kontakt mit anderen Menschen können wir fühlen und auch erfahren, ah, da ist meine Sehnsucht, und da möchte ich auch hin. Ich habe sehr viele Vorbilder, aber ich habe Vorbilder, auch im negativen Sinne, wie ich nicht sein möchte. Und das ist auch ein Vorbild. Ganz ehrlich. Also es muss nicht immer on the top sein und immer nach oben. Es ist ja auch okay, wenn du einfach nur ein gutes Leben hast, entspannt. Es muss nicht immer ein „Ich will noch höher“, „Ich will noch mehr“. Mehr, mehr, mehr, mehr und mehr.

[00:17:14] Stefanie Hornung: Ja, gerne ein Applaus für Anastasia. Das macht auf jeden Fall Mut und ist ein super Tipp, finde ich. Und natürlich, das war jetzt mehr so die Perspektive: Wer sind jetzt auch vielleicht noch so die Vorbilder der Frauen, die hier sind. Aber natürlich sind sie auch für andere Vorbilder. Malika, du hast es auch gesagt: Für viele bist du ein Role Model, weil du einfach auch einen Background hast, der sehr einzigartig ist. Frauen, die geflüchtet sind, finden nicht so viele Vorbilder vielleicht. Was macht das denn mit dir? So ein Role Model zu sein und so eine Person zu sein, auf die man blickt?

[00:17:54] Malika Mateva: Ich denke, da spürt man natürlich eine gewisse Verantwortung. Ich bekomme die Stimme und die Bühne mit Position oder mit meiner Leistung, die ich erbracht habe. Und ich habe mir tatsächlich überlegt, wäre ich in einem anderen Bereich mit anderem Beruf tätig, Ob das auch so wäre? Aber auf jeden Fall habe ich die Möglichkeit, erst mal einerseits Mädchen und Frauen zu motivieren, denen ein Role Model fehlt, weil Vielfalt und Rollenmodelle sind sehr wichtig. Man soll sich identifizieren können und erst dann fühlt man sich auch angesprochen. Und als Mentee denkt man auch: Ja, ich schaff das auch, wenn sie es geschafft hat. Deswegen fühle ich diese Verantwortung, sichtbar zu sein und Frauen, Mädchen zu motivieren. Aber es ist es gibt auch manchmal für Jungs, weil das hab ich schon von Jungs auch gehört, auch spüre ich Verantwortung, vielleicht auch über Probleme zu sprechen, die diese Ziele, also die Gruppe, die sich mit mir identifizieren kann. Also über Probleme von der Gruppe zu sprechen, auch so was wie Diskriminierung von kopftuchtragende Frauen zum Beispiel, was leider noch immer passiert. Es gibt positive Tendenz, aber es passiert noch immer. Und da aufzuklären, Menschen sensibilisieren und auch zur Zivilcourage vielleicht auch aufrufen. Also solche Themen bespreche ich auch. Also ich schreibe darüber immer wieder und spreche, wenn ich irgendwo bin. Ja, das ist dann die Verantwortung, die ich spüre. Und ich finde das auch wichtig, weil ich habe schon einige Male gehört, dass manche mich für eine „power woman“ halten. Aber ich glaube, so was ist ein bisschen gefährlich, weil man könnte dann glauben, dass ich viel mehr kann als alle anderen. Und ich will motivieren und zu Aktionen führen und nicht, dass mich jemand bewundert. Auf keinen Fall. Also, und ich glaube, dazu muss man auch vielleicht über Misserfolge und Schwierigkeiten sprechen und dann wissen die anderen auch: Okay, eigentlich geht es mir auch genauso. Und wenn sie das geschafft hat, schaffe ich das auch. Und ich hoffe sehr, dass ich das auch mitteilen kann.

[00:20:26] Stefanie Hornung: Was wir auch sehen, ein Problem, was viele Frauen haben, dass man unterschiedliche Rollen unter einen Hut kriegen will oder glaubt, das tun zu müssen. Und Liz, wenn wir jetzt so deinen Lebensweg anschauen, deinen beruflichen Weg, dann denkt man, du hast ja doch irgendwie schon alles hinbekommen. Du hast, glaube ich, 100 Länder schon bereist inzwischen. Du hast aber auch Familie, Du hast Hobbys. Verrate uns doch mal, wie du das machst.

[00:20:55] Liz Fendt: Danke. Also ich spreche jetzt wirklich heute für mich und ich würde einfach mal behaupten, ich habe ein bisschen den Dreh raus und das habe ich jetzt von Anfang an nicht gehabt und ich wollte einfach mal ein paar praktische Tipps heute mit einer Hand geben. Also ich würd erst mal damit starten: Struktur ist für mich das A und O. Also ich habe einfach mal festgestellt, dass wenn ich ohne Struktur lebe, mache ich halt viel weniger und ich werde ziemlich schnell gestresst, wenn ich einfach nicht einen ganz klaren Plan für den Tag, für die Woche, für einen Monat und für das Jahr auch habe. Und das andere, was ich einfach dabei sagen will, ist, wenn man keinen Plan hat. Es klingt immer ganz leicht und so war ich auch früher, schafft man eigentlich viel weniger. Ich habe zum Beispiel dieses Jahr einen ganz klaren Plan für mich aufgestellt und das habe ich dann wieder runtergebrochen in Monaten und dann halt Wochen. Und jede Woche weiß ich haargenau, was ich in der Woche machen werde. Und es ist selten der Fall, dass ich das halt nicht erledige, was ich halt als Plan mir vorgenommen habe. Aber es gibt Tage, die wir eigentlich alle haben, wo ich einfach mal aufstehe und sage: Oh Gott. Ich stehe jeden Morgen um 5:30 Uhr auf. Ich habe 5:00 Uhr nicht geschafft oder probiert, ich hab’s nicht geschafft. 5:30 Uhr stehe ich auf und um sechs bin ich jetzt meistens am Sporteln. Und das Zweite, was ich da sagen will, ist: Energiehaushalt ist, glaube ich, das Wichtigste überhaupt. Und jeder ist natürlich auch anders. Und man muss auch für sich einfach überlegen, was bringt mir Energie und was zieht und zehrt meine Energie. Und das andere, was ich sagen wollte oder ein paar weitere Themen: Ich bin sehr selbstständig erzogen worden von meiner Mutter und ich habe zwei Kinder, zwei Mädels, 15 und 17, und die habe ich auch zur Selbstständigkeit erzogen. Es klingt vielleicht ein bisschen überstrukturiert, aber habe einen Outlook-Kalender tatsächlich für die Family. Auch meine beiden Mädels sind seit dem zehnten Lebensjahr auch in diesem Kalender und natürlich reden wir miteinander. Aber auch die wissen haargenau, was einfach jeden Tag, jede Woche, in jedem Monat allen stattfindet. Und die älteste Tochter von mir, die ist jetzt 17, die hat jetzt gerade ein Praktikum gemacht. Und der Einstieg ins Berufsleben für sie ist eigentlich ziemlich leicht, weil sie von vornerein schon eigentlich weiß, wie insgesamt Dinge also zu Hause ablaufen. Selbstständigkeit heißt für mich, dass sie halt alle beide kochen können. Das haben sie auch mit zehn gelernt. Die wissen beide eigentlich genau, wie sie putzen, die Wäsche machen und und und. Wir sind ein Team zu Hause, das ist fast wie eine WG bei uns und von daher haben wir ein sehr gutes Verhältnis, ein sehr gutes Miteinander. Und das ist ja, glaube ich, auch ein ganz wichtiger Punkt. Letzter Punkt, was ich eigentlich heute ansprechen wollte, ist das Thema: Augen auf bei der Partnerwahl. Also ich glaube, das ist irre, irre wichtig. Ich glaube, das ist wahrscheinlich die wichtigste Entscheidung des Lebens, dass man den richtigen Partner an der Seite hat. Also mein Lebensgefährte, der ist auch viel unterwegs. Wenn er zu Hause ist: Er kocht, er geht einkaufen, er putzt, packt die Wäsche an, also wir sind gleichberechtigt. Also alle vier eigentlich bei uns zu Hause, bis auf den Hund, Molly, also die ist nicht zu erziehen, ist ja auch gar nicht so schlecht. Also einfach ein paar Tipps.

[00:23:57] Stefanie Hornung: Vielen Dank. Jetzt möchte ich aber noch jede von euch bitten, kurz noch ja so ein Statement abzugeben. Was hofft ihr, dass Frauen, die dieses Buch kaufen, die dieses Buch lesen, was sollen die mitnehmen? Wer möchte anfangen?

[00:24:15] Malika Mateva: Also ich denke, jeder von uns will mitteilen in erster Linie: Vieles ist möglich. Einfach: Trau dich, mach! Und nicht die ganzen Meinungen rund um dich. Wenn wir können, könnt ihr auch. Das ist dann die zentrale Message für mich.

[00:24:35] Anastasia Umrik: Ja, für mich ist wichtig zu sagen, einerseits die eigene Geschichte zu akzeptieren und andererseits aber gar nicht. Also damit okay zu sein, was ist. Und gleichzeitig aber auch auszuprobieren, wie weit komme ich denn, wenn ich es mir erlaube. Wahlfreiheit beginnt im Kopf und ich glaube daran, dass viel, viel mehr möglich ist. Und wenn wir uns nicht immer so hinter den eigenen Geschichten verstecken und sagen: Ja, leider, leider habe ich ja nicht gelernt, ich bin ein Arbeiterkind, leider leider bin ich behindert. Ich glaube, das sind ab und zu, sehr oft Ausreden und es ist möglich, diesen Kreislauf zu durchbrechen.

[00:25:23] Liz Fendt: Ja, ich würde sagen, in diesem Buch stehen eigene Geschichten und letzten Endes müssen wir uns auf unsere eigene Reise begeben. Und ich glaube, es ist einfach wichtig, die Geschichten oder Teile der Geschichten uns inspirieren zu lassen und nicht das Gefühl zu haben: Mein Gott, ich hab das überhaupt nicht so geschafft. Ich würde einfach mal klein starten, aber einfach mit irgendwelche, sagen wir mal aus jeder dieser Geschichten ist man wahrscheinlich jetzt damit geholfen, wenn man so einen kleinen Tipp mitnimmt. Und daraus ergibt sich wahrscheinlich ein Bild. Und ich würde einfach mal sagen, das Buch lesen und gleich auf die Reise gehen und die kleinen eigenen Geschichten zusammenstöpseln und einfach mal eine eigene Identität daraus finden und dabei auch Spaß haben im Leben. Ich glaube, das wollte ich eigentlich vorher sagen, vergisst man oft. Man ist, sagen wir, mit dem Thema weit gekommen, und genau wie die Anastasia richtigerweise gesagt hat, wenn du keine eigene Leidenschaft darin findest, dann bist du vielleicht auf einem falschen Weg. Also lass dich inspirieren oder lasst euch inspirieren und habt einfach Spaß auf der Reise.