Der Kunde ist wütend, die Mitarbeiterin frustriert – und frau selbst würde am liebsten auf Urlaub fahren? Gerade in herausfordernden Phasen können die Emotionen hochkochen und die gerade noch gute Stimmung kippt ins Demotivationsloch.

Durch ein Coaching-Tool wurde Tatjana Wiebusch auf das Thema Emotionale Intelligenz aufmerksam – für sie und ihren Leadership-Stil ein absoluter Gamechanger.
In dieser Podcast-Folge beleuchtet Tatjana Wiebusch nicht nur, warum die Selbstkontrolle und das soziale Bewusstsein so wichtig für Emotionale Intelligenz sind, sondern erzählt auch offen von ihren ganz persönlichen Erfahrungen als Leaderin. Die gute Nachricht: wir alle können unsere Emotionale Intelligenz trainieren – und als Führungskraft für mehr Zusammenhalt und Motivation im Team sorgen. Heute kann Tatjana Wiebusch bestens schlafen – sogar, wenn der Job mal herausfordernd ist.

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Thema

Karrierelaufbahn & Bewerbung | Persönlichkeits- & Kompetenzentwicklung

Angaben zur Referentin

Tatjana Wiebusch ist Talent Group Lead, Counselor, Mentorin und Partnerin beim globalen Beratungsunternehmen Deloitte. Davor hatte sie diverse Führungspositionen inne. Seit 2003 berät sie Mandant:innen in umfangreichen Analytics und digitalen Transformationsprojekten. verschiedener gemeinnütziger Organisationen tätig und Mentorin für Sozialinitiativen, die sich für Chancengleichheit in der Arbeitswelt einsetzen.

00:00:10-7 Moderation: Herzlich willkommen zum herCareer Voice Podcast. Sie sind hier richtig, wenn Sie diverse und vor allem weibliche Perspektiven auf arbeitsmarktpolitische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen hören wollen. Lernen Sie dabei von Role Models, ExpertInnen und Insidern und nehmen Sie wertvolle Anregungen für Ihre eigene Karriereplanung mit. Mit herCareer Voice fangen wir vielfältige Sichtweisen ebenso wie ganz persönliche Einblicke und Erfahrungen spannender Frauen ein. Von der herCareer Expo live und aus der herCareer Community. 

00:00:43-1 Moderation: Der Kunde ist wütend, die Mitarbeiterin frustriert und frau selbst würde am liebsten auf Urlaub fahren. Gerade in herausfordernden Phasen können die Emotionen hochkochen und die gerade noch gute Stimmung kippt ins Demotivationsloch. Durch ein Coaching-Tool wurde Tatjana Wiebusch auf das Thema emotionale Intelligenz aufmerksam. Für sie und ihren Leadership-Stil ein absoluter Gamechanger. In dieser Podcastfolge beleuchtet Tatjana Wiebusch nicht nur, warum Selbstkontrolle und das soziale Bewusstsein so wichtig für emotionale Intelligenz sind, sondern erzählt auch offen von ihren ganz persönlichen Erfahrungen als Leaderin. Die gute Nachricht: wir alle können unsere emotionale Intelligenz trainieren und als Führungskraft für mehr Zusammenhalt und Motivation im Team sorgen. Heute kann Tatjana Wiebusch bestens schlafen, sogar wenn der Job mal herausfordernd ist. Tatjana Wiebusch ist Talent Group Lead, Councelor, Mentorin und Partnerin beim globalen Beratungsunternehmen Deloitte. Davor hatte sie diverse Führungspositionen inne. Seit 2003 berät sie MandantInnen in umfangreichen Analytics und digitalen Transformationsprojekten. Sie ist in verschiedenen gemeinnützigen Organisationen tätig und Mentorin für Sozialinitiativen, die sich für Chancengleichheit in der Arbeitswelt einsetzen. 

00:02:29-6 Tatjana Wiebusch: Habt ihr auch schon einmal die Situation gehabt, dass ihr einen Konflikt im Team hattet, und ihr habt überlegt, wie gehe ich damit um? Wie bringe ich die Leute wieder zusammen, dass wir wieder erfolgreich und zielorientiert als Team zusammenarbeiten können? Oder habt ihr vielleicht schon in der Situation gesteckt, dass ihr Kritik vom Kunden bekommen habt in einem Gespräch oder in einer Mail und ihr fandet die sehr ungerecht und habt euch richtig darüber geärgert und wusstet in dem Moment nicht, wie ihr reagieren sollt? Ich möchte heute ein bisschen darüber sprechen, wie emotionale Intelligenz helfen kann, mit solchen Situationen umzugehen. Aber bevor ich in das Thema einsteige, erzähle ich vielleicht zunächst noch einmal, wie ich eigentlich in meine aktuelle Rolle gekommen bin und was ich eigentlich mache. 

00:03:12-4 Tatjana Wiebusch: Ich bin Partner bei Deloitte. Hinter dieser Rolle stecken viele Dimensionen von Führungsrollen in einer Person. Ich bin Talent Group Lead, das bedeutet als Abteilungsleiterin bin ich tatsächlich die disziplinarische Verantwortliche für ein ganzes Team, bin dafür verantwortlich zu entscheiden, wie ihre Karriereentwicklung aussehen soll, sie in dieser Entwicklung zu unterstützen, auch am Ende eines Jahres zu entscheiden, ob sie gut oder schlecht in ihrer Rolle performt haben, ob sie gut in diese Rolle gepasst haben. Ich bin Projektpartner. In dieser Rolle bin ich dafür verantwortlich, ein Projekt – wir nennen das Engagement beim Kunden – erfolgreich zu liefern. Das heißt, ich muss mich darum kümmern, die richtigen Leute als Team zusammenzufinden, denn ein Projekt ist ja immer zeitlich begrenzt. Und ich muss mich darum kümmern, dieses Projekt in diesem Zeitraum mit dem Team erfolgreich zum Ziel zu bringen. Natürlich stecken dahinter dann auch solche Themen wie Mentor und Councelor zu sein. Das ist sehr verwandt. Als Mentor und Councelor ist natürlich meine Rolle, einfach für jüngere Kollegen, juniorere Kollegen da zu sein und sie zu beraten, wie sie ihre nächsten Karriereschritte machen können. Was würde ich ihnen empfehlen, was sind die Themen, die am Markt relevant sind und wie können sie sich entwickeln. In all diesen Dimensionen kommt es auf verschiedene Themen an, auf die ich achten muss, um vielleicht die Kollegen zu begeistern, dazu zu bringen, mich zu unterstützen und mit mir gemeinsam den Weg zu gehen. Wie bin ich zu meiner Rolle gekommen? Ich hab ursprünglich Wirtschaftsinformatik studiert und relativ schnell den Wunsch verspürt, an der Schnittstelle zwischen IT und Business zu arbeiten. Und so bin ich auch direkt nach dem Studium in die Beratung gekommen. Relativ früh bin ich schon mit den ersten Führungsaufgaben in Berührung gekommen, nämlich indem ich neue Kollegen einarbeiten sollte, die dann auch in mein Team kamen oder ich sollte Aufgaben koordinieren und auch andere dann entsprechend mitkoordinieren. Mit den jeweiligen Schritten, Beförderungen kamen dann immer weitere Verantwortlichkeiten dazu und ich bin nach und nach an diesen Themen, an diesen Führungsverantwortungsaufgaben auch gewachsen. Wichtige Meilensteine in dem Schritt waren sicherlich, dass ich für einen Analytics-Team-Aufbau von 100 bis 300 Mitarbeiter verantwortlich war. Innerhalb von drei Jahren habe ich dort ein großes Team aufgebaut und das ist unheimlich wichtig, dafür natürlich auch eine Idee zu haben, wie gehe ich so etwas eigentlich an. Welche Strukturen muss ich eigentlich bauen, um so ein großes Team zu skalieren? Wie schaffe ich es, ein Team um mich rum aufzubauen, was bereit ist, mit mir durch dick und dünn zu gehen, um diese Vision auch wirklich zu verwirklichen? Und wie schaffe ich dann im Nachgang diese belastbaren Strukturen auch wirklich dauerhaft zu leben? Mir ist in diesem ganzen Zuge relativ schnell klar geworden, dass das Erlangen von Fachwissen nicht des Rätsels Lösung ist, um all diese verschiedenen Führungstätigkeiten auszuführen, sondern es geht eben auch noch um etwas anderes. Man nennt das dann irgendwie Soft Skills, da ist irgendwas. Aber was bedeutet das eigentlich, diese Soft Skills und welche braucht es denn eigentlich nun ganz genau? Ich habe selber auch Erfahrungen in diesem Umfeld gemacht mit meinen Vorgesetzten in meiner Karriere und habe mir überlegt: Aha, das scheinen Dinge zu sein, die es ausmachen, als Führungskraft positiv wahrgenommen zu werden oder eben auch nicht. Meine Konstellation, die ich in dem Zusammenhang auch kurz schildern will, ist: Ich habe seit vielen, vielen Jahren einen Vorgesetzten, mit dem ich gerne zusammenarbeite und mit dem ich eine so vertrauensvolle Zusammenarbeit aufbauen konnte, dass ich jederzeit über Stärken und Schwächen sprechen kann, über Ideen und Visionen, aber auch grundsätzlich einfach zugeben kann: das habe ich noch nicht gemacht, das kann ich nicht. Ich glaub, die Basis für das Ganze ist eben einfach Vertrauen, Urvertrauen, dass man eben wirklich alles offen ansprechen kann und dass es keine Nachteile in der Karriereentwicklung haben wird. Ich arbeite mit dieser Person mittlerweile seit weit über zehn Jahren zusammen. Als diese Person die Firma gewechselt hat und ich plötzlich für eine andere Führungskraft arbeiten sollte, wurde mir bewusst, wie wichtig diese Konstellation und diese Arbeitsbeziehung für mich ist. Denn bei der anderen Person, für die ich dann arbeiten sollte, habe ich mich plötzlich nicht mehr in einer Safe Environment gefühlt. Ich hatte Skepsis, ob ich tatsächlich auch Schwachstellen einfach offen ansprechen kann. So eine Umgebung möchte ich für mein Team nicht erzeugen. 

00:07:48-0 Tatjana Wiebusch: Dieses Thema „emotionale Intelligenz“ möchte ich hier heute etwas näher noch mal auseinandernehmen. Vielleicht noch mal erst mal, wann mir das das erste Mal über den Weg gelaufen ist. Als ich Senior Manager war, da habe ich an einem Führungskräfte-Training teilgenommen. Und da war das Thema „emotionale Intelligenz“ ein Teil dieses Coachings. Es wurde diskutiert über die verschiedenen Dimensionen, die dahinterstecken, eine gute Führungspersönlichkeit zu sein, Fachkompetenz, Struktur und eben auch emotionale Intelligenz. Und das Interessante war, das ein Teil dieses Coachings war, einen Test zu machen zu der eigenen emotionalen Intelligenz. Daran habe ich teilgenommen und zum Abschluss ein umfassendes Feedback bekommen, wie ich in diesen verschiedenen Dimensionen stehe, was das für mich persönlich bedeutet, wie ich das auch in meinem Führungsstil nutzen kann und wie ich mir auch diese Dinge dann vor Augen führe. Bevor ich jetzt Beispiele bringe und auch mal erzähle, wo mir diese Erkenntnis eigentlich genützt hat, möchte ich eigentlich noch mal kurz darauf eingehen, was man unter diesem Schlagwort „emotionale Intelligenz“ nun eigentlich versteht. Ich hab das Wort schon oft benutzt und was bedeutet das denn nun eigentlich? Also kurz gesagt: eigentlich geht es darum, seine eigenen Emotionen und die Emotionen seiner Mitmenschen zu sehen, zu begreifen und darauf auch reagieren zu können. Wenn man sich im Detail mit dem Thema auseinandersetzt, und beispielsweise auch einen Test macht, dann werden diese ganzen Themen in Dimensionen eingeteilt. Selbstwahrnehmung, soziales Bewusstsein, Selbstmanagement und Beziehungsmanagement. Nachdem mir bewusst wurde, was dahintersteckt, ist mir ebenso auch bewusst geworden, dass ich viele Dinge irgendwie auch intuitiv schon mitbringe. Das ist mein Naturell, das ist mir irgendwie als Kind halt schon in den Umgangsformen mitgegeben worden. Ich bin eigentlich grundsätzlich ein sehr positiver Mensch. Mir wurde früher immer suggeriert, dass ich alles schaffen kann, wenn ich zielstrebig darauf hinarbeite und einen Plan habe und ich mich für diesen Plan einsetze, dann kann ich das auch erreichen. Und ebenso hatte ich auf der Beziehungsebene die enge Verbindung mit Familie oder Freunden und diese gesunden Beziehungen sind superwichtig, denn das bedeutet, dass langfristige belastbare Beziehungen, nämlich nicht an kurzfristigen Fehlern oder Scheitern oder Erfolgen hängen, sondern langfristige, stabile Beziehungen sind auf einer ganz anderen Ebene unterwegs. Wenn dann etwas schief geht, dann macht das nichts, dann sind helfende Hände da. Es stärkt jemand deinen Rücken und hilft vielleicht auch in der Reflexion, warum etwas schief gegangen ist und wie das beim nächsten Mal besser klappen kann. Und das kann ich wirklich sagen, hab ich früher auch schon immer im Rücken gehabt und mir ist bewusst geworden, dass ich so was auch in meinem Arbeitsumfeld gerne meinem Team mitgeben möchte. Ich glaub, ich hab irgendwie eine solide Grundwahrnehmung für das Thema, dennoch war das Coaching damals immer noch ein absoluter Augenöffner, was ich alles proaktiv tun kann, mir antrainieren kann, um mich und mein Umfeld positiv zu motivieren und zu beeinflussen. Und ich möchte euch gerne ein paar Beispiele geben, wie ich dann tatsächlich jetzt in meinem beruflichen Alltag mittlerweile auch diese Sachen nutze. 

00:11:04-4 Tatjana Wiebusch: Nehmen wir zum Beispiel einmal die Dimension Selbstkontrolle. Ganz ehrlich, ich bin total zufrieden in meiner Firma und arbeite hier sehr gerne, aber natürlich finde auch ich nicht immer alles gut, was in meiner Firma passiert, bei meinem Kunden oder überhaupt um mich herum. Diese Situation wird sicherlich jeder kennen. Das heißt, es passieren Dinge, Entscheidungen, mit denen ich umgehen muss, die ich reflektieren muss und die ich vielleicht auch weitergeben muss. In meiner Rolle als Leader hab ich die Aufgabe, auch über Dissonanzen im Leadership zu reflektieren, zu überlegen, wie gehe ich damit um und dann mir zu überlegen, wie ich gegenüber dem Team selbstbewusst auftreten möchte und kann. Wie die Auswirkungen auf das Team sind, wenn ich bestimmte Nachrichten in das Team gebe. Das heißt, wenn ich auch mal Situationen habe, z. B. eine Leadership-Diskussion – es wird eine Entscheidung gefällt und vielleicht habe ich persönlich eine andere Meinung dazu, aber am Ende ist die Entscheidung die Entscheidung und ich muss diese Entscheidung auch ins Team tragen. Dann ist dieses Thema Selbstkontrolle ein wichtiger Punkt. Denn was tue ich dann? Ich reflektiere erst mal, welche Emotionen löst diese Entscheidung bei mir aus. Das ist unter Umständen eine Ablehnung oder vielleicht sogar Kritik oder vielleicht auch eine gewisse Traurigkeit, weil ich denke, das ist schade, das wir das so machen, ich hätte es anders viel besser gefunden. Der wichtige Punkt ist, sich die Zeit für diese Selbstreflexion zu nehmen. Dann ein zeitlicher Abstand zwischen dem, wann habe ich diese Info jetzt erhalten, muss mich damit auseinandersetzen und ich muss diese Information aber auch ans Team weitergeben und vielleicht sogar Arbeitsanweisungen oder wichtige Entscheidungen für jeden einzelnen Mitarbeiter daraus ableiten. Gib mir einfach Zeit, dann nachzudenken, wie verpacke ich das. Ganz konkret bedeutet das eben einfach, ich höre mir an, was die Diskussion für Argumente auf den Tisch bringt und das bedeutet auch nicht, das ich mich verbiegen muss oder dass ich dem Team gegenüber eine fremde Meinung vorgaukeln muss. Es geht einfach darum, Abstand zu einer Sache zu gewinnen, dann vielleicht sogar dem Team gegenüber die Argumente noch mal zu wiederholen und auch zu sagen, warum es zu einer bestimmten Entscheidung gekommen ist. Ganz wichtig ist einfach, dass man das neutral und rational macht und nicht in ein emotionales Gemecker verfällt. Selbst in einer kritischen Situation versuche ich dann, mit meinem Optimismus und dem Blick nach vorne direkt zu zeigen: Ja, hier sind kritische Punkte um uns rum, aber wir haben die Lage im Griff und wir haben Ideen, wie wir aus dieser Lage rauskommen und ich hab total Lust mit euch als Team diese Lage zu verbessern und zu verändern, das Ruder rumzureißen. Das heißt, dieses Thema Selbstreflexion gepaart mit meinem Optimismus ist dann etwas, wie ich viele Dinge ans Team kommunizieren kann, Leute begeistern kann. Dann zu sagen, wow, aktuell verstehe ich, dass wir eine kritische Situation haben, aber mit dir gehe ich durchs Feuer. Das ist am Ende dann natürlich das, was man erreichen möchte. Und wenn man sich dieser Sache bewusst ist, diese ganzen Dinge kommen dann alle zusammen. Das hat was damit zu tun, mit welcher Ausstrahlung man dem Team gegenüber auftritt und natürlich hat das dann eine Auswirkung darauf, wie diese Informationen beim Team ankommen und wie dann die Motivation bei jedem einzelnen entsteht, dieses Thema gemeinsam zu wuppen. Ein weiteres Beispiel kann natürlich sein: Ich habe eine emotionale Mail bekommen oder einen Anruf und ich hab es ganz am Anfang als Aufhänger gesagt, vielleicht habt ihr diese Situation auch schon erlebt. Und das ist genau das Gleiche wieder: Selbstreflexion. Man sollte wirklich Zeit verstreichen lassen und sich überlegen, wie kann ich als Deeskalationsinstanz hier wirken und mich nicht in einen emotionalen Strudel reißen lassen. Und das hat immer wieder etwas damit zu tun, dass man glaubt, man selber hat ein solides Fundament, auf dem man steht, und nutzt dieses solide Fundament immer wieder um zu reflektieren, Zweifel zuzulassen, aber auch einfach neutral über Dinge nachzudenken. Also auch hier nehme ich mir vor, wenn etwas mich wirklich ärgert, lasse ich Zeit verstreichen, schlafe drüber und überlege mir am nächsten Tag, wie ich vielleicht auf einer Fachebene oder Beziehungsebene den Counterpart ansprechen kann, um eine Deeskalation zu erreichen. Was habe ich eigentlich für eine Beziehung zu der Person, die mit den Vorwürfen auf mich zugekommen ist und wie kann ich dann entsprechend auch reagieren und immer möglichst mit Abstand zu sich selber als Person. Es geht ja meistens um eine Kritik an einer Sache, an einem Projekt deliverable, an einer Situation oder vielleicht auch Feedback an mir, dass ich in einer bestimmten Situation nicht die richtigen Fachkompetenzen anbringen konnte. Aber auch dann geht es nicht darum, mich als Person schlecht zu machen, sondern es geht darum ein Skill-Defizit vielleicht zu diskutieren und wie man dann das gemeinsam lösen kann. Das heißt, Zeit verstreichen lassen, Abstand zu der Situation so ein bisschen erstellen und dann reflektieren, wie gehe ich damit um. Das sind immer wieder die gleichen Punkte, die an dieser Stelle wichtig sind. 

00:16:09-9 Tatjana Wiebusch: Ein weiteres gutes Beispiel ist das soziale Bewusstsein. Es geht ja letztendlich als Führungskraft darum, dass ich ein großes heterogenes Team um mich rum habe und mit diesen Menschen möchte ich gemeinsam zum Nordstern laufen, was auch immer dieser Nordstern ist. Alle diese Menschen haben unterschiedliche Hintergründe. Sei es Geschlecht, ethnisch, Alter, Generationskonflikte werden jetzt immer besprochen. Es gibt also viele Gründe, warum diese Menschen total unterschiedlich denken, handeln, ticken. Was motiviert die eigentlich? Oder was motiviert ja auch mich und was finden wir vielleicht aber auch abstoßend? Und ich versuche wirklich herauszufinden, wer in meinem Team wie tickt. Ich bin früher jemand gewesen, ich bin bei einem Meeting immer sehr mit der Tür ins Haus gefallen. Das ist heute die Agenda, zack, zack, zack, gehen wir durch. Aber mal einen Schritt zurückgehen, zuhören, die Mitarbeitenden erst mal kennenlernen. Offene Fragen stellen und eben nicht nur auf die Businessfakten konzentrieren, sondern Interesse an den Menschen zeigen, hilft wirklich, um ein bisschen hinter die Fassade zu gucken und hilft dann auch wiederum, zu überlegen, was kann diese Menschen begeistern. Hier kommt auch wieder meine intrinsische Motivation mir zugute. Auf der einen Seite bin ich wirklich ein People-Mensch, ich bin supergern mit Menschen zusammen. Ich arbeite gern im Team. Ich hab schon immer auf Projekten auch Team Events geplant, früher schon als Analyst oder so, dass man Spaß zusammen hat, dass dieses soziale Miteinander auf jeden Fall nicht zu kurz kommt, sondern ob wir da immer einen tollen Team Spirit aufbauen. Und später ist mir dann bewusst geworden, dass dies aus Leadership-Sicht durchaus eine wichtige Eigenschaft ist. Denn man lernt so unglaublich viel über die Kollegen. Und ganz wichtig ist jetzt hier zu verstehen, es geht überhaupt nicht darum, sich mit allen anzufreunden und große Party zu machen und dass wir alle immer als best friends hier unterwegs sind. Darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, zu erkennen, was das Team bewegt, jeden einzelnen. Und selbst wenn ich auf Menschen treffe, mit denen ich mal nicht auf einer Wellenlänge bin, so kann ich dennoch mit Empathie versuchen, mich in diese Menschen hineinzuversetzen und zu verstehen, was diese Menschen motiviert und begeistert und wo wir Schnittpunkte finden könnten, um uns im Team gut zu ergänzen und an einem erfolgreichen Ziel zu arbeiten. Auch das passiert mir natürlich immer mal, dass ich Mitarbeitende im Team habe, wo man merkt, eigentlich ist man emotional nicht so ganz auf einer Wellenlänge, aber trotzdem bringen diese Mitarbeitenden natürlich ganz tolle Fähigkeiten und Skills mit, sind tolle Talente. In dem Moment ist es wieder ganz wichtig, sich dieses soziale Bewusstsein in den Kopf zu rufen und auch, wenn man mit jemandem nicht auf einer Wellenlänge ist, entlang der Kompetenzen zu überlegen, wie kann ich aber da trotzdem deren Skills nutzen, um im Team erfolgreich zusammenzuarbeiten und wer im Team könnte vielleicht mit dieser Person auch gut zusammenpassen, dass die vielleicht toll harmonieren. Also es geht hier nicht darum, dass ich mich verbiegen muss und eben jedem alles recht machen muss, damit alles toll ist, sondern es geht im Endeffekt ja darum, ein empathisches Miteinander aufzubauen, Meinungen anzuhören, auch mit klaren Argumenten zu diskutieren und das macht für mich eine gute Leaderin aus. Und daraus ergeben sich danach wieder automatisch weitere Aspekte, die man gut in den Griff bekommt, wenn man so agiert. Man hat dann Verständnis für persönliche Lebenssituationen der einzelnen Mitarbeitenden. Man versteht vielleicht auch besser, welche Karrierewünsche jemand gerade hat. Wenn jemand gerade dabei ist, eine Familie zu gründen, ist der nächste Karriereschritt vielleicht nicht so wichtig. Wenn jemand kurz davor ist, seine Dissertation einzureichen, braucht er vielleicht mal ein Sabbatical und hat deswegen vielleicht auch eine ganz andere Arbeitslast im Hintergrund. All solche Dinge helfen zu verstehen, wer wie tickt, wer gerade wie motiviert ist und wie ich da mit Verständnis diese Dinge alle so zusammenbringe, dass ich einfach ein erfolgreiches Team um mich rum habe. Und das ist auch nicht so, dass man das einmal verstanden hat und dann ist das für die nächsten zwanzig Jahre gut, denn die Lebenssituation kann immer wieder auch unsere Motivation beeinflussen. Das heißt, es ist wichtig, auch diese Beziehungsebene dauerhaft zu pflegen natürlich, um immer wieder zu verstehen, ob auch gewisse Faktoren von außen die Motivation meines Mitarbeiters vielleicht verändern. 

00:20:32-4 Tatjana Wiebusch: Kommen wir noch mal zurück auf meine Rolle. Wie wende ich das denn nun eigentlich an, das Thema „emotionale Intelligenz“. Habe ich da ein Kochbuch zur Hand? Ist das irgendwie unterbewusst in mir? Wie vorhin schon gesagt, manche Dinge sind unbewusst einfach da und ich agiere danach, weil es von früher mir einfach mitgegeben wurde, weil ich viel gesehen habe an verschiedenen Situationen, wie Menschen miteinander umgehen, die mir als Blaupause, als Role Model, als Vorbild gefallen haben und wo ich gesagt habe: Ja, das sind genau diese Dinge, wie ich als Führungskraft meine emotionale Intelligenz, meine Empathie einsetzen möchte, um mein Umfeld zu verstehen. Aber ich habe auch versucht, bestimmte Dinge zu trainieren und mein tägliches Handeln danach auszurichten. Ein Beispiel ist, was ich schon erst genannt habe, dieses Thema mit Calls und wie man noch mal persönlichen Small Talk einbaut. Früher bin ich direkt ins Thema gesprungen und jetzt versuche ich wirklich, auch mal kurz mit den Mitarbeitenden erst zu sprechen, nachzufragen, was sie gerade machen, wo sie im Urlaub waren, wie das Wochenende war, wie es der Familie geht. Plötzlich kommen noch ein paar Sätze. Heute hat das Baby schlecht geschlafen und mir geht’s heute gar nicht gut und vielleicht können wir den Termin lieber verschieben. Und das hilft, glaube ich einfach, um Situationen zu verstehen und manchmal Dinge einzuordnen und auch mal ein böses Wort dann nämlich einzuordnen. Weil, wenn der Mitarbeitende müde war, dann hat er vielleicht gar nicht mich anblaffen wollen, sondern er war einfach nicht gut drauf. Des Weiteren bin ich sehr klar und deutlich in Bezug auf meine Erwartungen an Projektrollen oder meine Abteilung. Ich frage dann aber auch immer genau nach, welche Ideen derjenige mitbringt. Wie möchte die Person diese Rolle gestalten. Was motiviert die Person, auch mich in dieser Rolle zu unterstützen dann, dass wir gemeinsam an diesem Ziel arbeiten. Und wenn ich dann wiederum später in diese Feedback-Gespräche gehe, dann frage ich häufig auch ganz bewusst: Wie hast du dich in der Rolle gefühlt? Das ist eine ganz andere Frage als zu sagen: Bist du mit den Ergebnissen klargekommen, die du bringen musstest? Oder: Wie fandest du denn die Qualität von deinem Aufsatz? Es ist wirklich mir ein Anliegen, mit meinen Mitarbeitenden über Gefühle zu sprechen, über Emotionen. Denn wir sind ein People Business in der Beratung und wir sind mit vielen Menschen zusammen und die Menschen sind unser Asset, mit denen wir unsere Projekte liefern. Und wir Menschen sind nun mal Beziehungspersonen zueinander. Wir funktionieren über Beziehungen und soziale Kontakte. Und deswegen ist die emotionale Intelligenz so ein interessantes Thema, weil es einfach darum geht, sich dieser Gefühle und Motivationen bewusst zu werden. Was bewegt wen? Wie kriege ich das zusammen? Wo kommt automatisch durch so eine Emotion oder durch bestimmte Einstellungen von verschiedenen Personen automatisch ein Konflikt zustande, dass ich vielleicht von vornherein weiß: Ui, das wird nicht funktionieren. Das heißt, ich mach mir sehr viel diese Punkte bewusst und versuche wirklich die Leute dann genau da zu packen, wo ich sie mit Enthusiasmus, mit Elan, mit Motivation kriegen kann. 

00:23:45-5 Tatjana Wiebusch: Was sind nun also die drei wichtigsten Learnings aus dem Ganzen? Ich glaube, wichtig ist: Je besser man Mitarbeiter und Kunden kennt, desto besser kann man auch für jeden eine passende Rolle im Team finden und dieses ganze Team orchestrieren und zusammenbringen. Und natürlich ist genau der Punkt, wenn das Team nicht nur rein fachlich zusammenpasst, sondern auch noch emotional, macht es Riesenspaß zusammenzuarbeiten. Dann ist das Team auch bereit, eine extra Meile zu gehen und die Qualität der Ergebnisse steigt signifikant. Zweiter Punkt ist: Bei emotionalen Ereignissen sich immer Zeit zu nehmen, um Abstand zu gewinnen und zu überlegen, wie man reagiert. Ganz selten geht es darum, dass jemand wirklich dich angreifen will, wenn etwas emotional um dich rum ist. Ganz oft geht es eben einfach um eine Sache, um einen Skill, um ein Deliverable. Und dieses Thema, etwas nicht persönlich zu nehmen, das ist ja auch beim Feedback mit kritischer Kritik ein großer Punkt. Es geht nicht um dich als Person, dass irgendwas nicht in Ordnung ist, sondern es geht eben um Inhalte. Und dort, in solchen emotionalen Momenten diesen Abstand zu gewinnen und dann zu überlegen, wie kann ich sogar deeskalierend in diese Situation gehen und dann entsprechend reagieren, ist aus meiner Sicht ein Key Point. Und der dritte und letzte Aspekt ist einfach eine positive Grundeinstellung. Und diesen Optimismus, den bringe ich mit. Und da geht es nicht darum, komplett naiv zu sein, dass alle Menschen gut sind und immer alles toll ist, sondern es geht nur um diese Grundeinstellung, dass nämlich eigentlich nicht die Menschen einem irgendwas Böses wollen. Eigentlich, grundsätzlich haben alle Menschen um uns rum positive Ideen, wollen etwas Schönes erreichen, etwas Tolles erreichen. Das ist eigentlich die Grundeinstellung, mit der wir auf uns und andere Leute zugehen sollten. Wichtig, wie gesagt, man sollte nicht in die Naivität abrutschen, aber diese positive Grundeinstellung hilft einfach, um immer erst mal in einem Netzwerk neue Kontakte zu knüpfen und einfach mit offenen Augen und Ohren auf diese zuzugehen. Und die positiven Resultate, die aus dem Ganzen dann entstehen, sind einfach wunderbar. Auf der einen Seite kann man sagen, ein Team fühlt sich um einen rum zu Hause, wenn es einfach eine sichere Atmosphäre empfindet. Ich hatte eine sehr geringe Attrition in meiner Abteilung in den letzten zwei Jahren auch im Vergleich zu der ganzen Firma, weil das Team sich einfach zu Hause fühlt bei mir. Man kann mit mir offen reden, offenes Feedback aussprechen und ich hoffe, dass das überall auch so ankommt, dass ich genau diese Kultur immer weiter fördern möchte. Der zweite Aspekt ist, dass ich selbst mit diesem Druck einer Führungsrolle immer noch sehr gut umgehen kann und ruhig schlafen kann. Das werde ich auch oft gefragt, bei jeder Beförderung immer wieder das Thema, man, und jetzt mehr Verantwortung und das ist auch Druck und Stress. Ja, das ist es, aber ich nehme den emotionalen Stress aus der Situation raus, weil ich persönliche und sachliche Angriffe sauber trenne und immer wieder versuche, über diese Reflexionsebene das von mir abzukoppeln und zu überlegen, was ist eigentlich die Kritik an der Situation. Das hilft mir wirklich gut. Dann zu überlegen, aha, wie kann ich mit meinem Team jetzt daran arbeiten und eben das nicht einfach mitzunehmen, dass das an mir knabbert und ich denke, ich bin in meiner Rolle nicht gut aufgehoben. Entsprechend sind das wirklich in verschiedenen Aspekten für mich selber und auch fürs Team tolle Resultate, die man erreichen kann. Ich könnte noch viel länger über dieses ganze Thema „emotionale Intelligenz“ erzählen, denn ich habe nur wenige Beispiele gebracht zu bestimmten Dimensionen und es ist wirklich wahnsinnig umfangreich und es ist wahnsinnig interessant, wie man mit sich und seinem Team agieren kann, um zu einem tollen Miteinander als Team zu kommen. Ich hoffe, für euch waren einige interessante Insides und Tricks dabei, die ihr anwenden könnt und danke für eure Aufmerksamkeit. 

00:27:51-5 Moderation: Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, in die Unterhaltung einzusteigen, dann besuchen Sie uns auf der nächsten herCareer Expo in München und netzwerken Sie zusammen mit tausenden ExpertInnen aus den verschiedensten Branchen und Fachbereichen. Oder fangen Sie gleich von zu Hause aus an, zum Beispiel über www.hercareer-lunchdates.com. Ob virtuell oder im Reallife, wir vernetzen Sie gern. Wenn Sie gerade eine neue Herausforderung suchen, dann können wir Ihnen vielleicht www.hercareer-jobmatch.com weiterhelfen. Bei Fragen zum Podcast schreiben Sie uns einfach eine Mail an podcast@her-career.com . Abonnieren Sie den herCareer Voice Podcast auf iTunes, Spotify oder wo immer Sie Ihre Podcasts hören und empfehlen Sie uns an Ihre liebsten KollegInnen. Alle Episoden gebündelt finden Sie zum Beispiel unter www.her-career.com/podcast . Wir sind froh und stolz, dass Sie ein Teil der herCareer Community sind. Danke, dass Sie anderen zuhören, um uns alle weiter zu bringen. So klingt female Empowerment.