So kriegen wir die PS auf die Straße

Wie kann Transformation in Unternehmen gelingen? Dieser Frage ging Brit Neuburger, Chief Transformation Officer bei der Boston Consulting Group, in ihrem Vortrag auf der herCAREER Expo* auf den Grund. Sie spricht über den Dreiklang People – Culture – Context, den Umgang mit interner Bürokratie und zeigt den Weg zu einer Erfolgskultur von Empowerment & Vertrauen.

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Thema

Führung & Kommunikation | Wirtschaft, Arbeit & New Work

Angaben zur Referent:in

Brit Neuburger macht Unternehmen und Organisationen zukunftsfähig für eine Welt, in der Disruption und Polykrisen die neue Normalität darstellen.
Nach fünfzehn Jahren Executive-Verantwortung in verschiedenen Branchen ist Brit Neuburger seit 2023 als Senior Advisor tätig, u.a. bei der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Sie berät und empowert Unternehmen bei übergreifenden Transformationsherausforderungen mit Schwerpunkt Digitalisierung,  Nachhaltigkeit und cultural change.
In ihren Vorträgen teilt Brit Neuburger unter anderem ihre Erfahrungen & Learnings aus ihrer Verantwortung als Chief Transformation Officer in der Automotive-Tech-Industrie. Brit Neuburger spricht über die Notwendigkeit einer Erfolgskultur von Innovationsfreude, Geschwindigkeit, Vertrauen & Empowerment und über Stolpersteine und blinde Flecken auf dem Weg dorthin. Die frühere Corporate-Anwältin und General Counsel sieht den Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit in einem anpassungsfähigen Governance- und Führungssystem und tritt in ihren Publikationen dafür ein, sich von interner Bürokratie zu befreien und 50% aller Prozesse, Gremien und Regeln im Unternehmen abzuschaffen.

Der Beitrag wurde im Rahmen der herCAREER Expo 2023 aufgezeichnet und als Podcast aufbereitet.

[00:00:00] Brit Neuburger: Aber letztendlich, wenn ich möchte, ich möchte eine Innovationskultur, ich möchte Vertrauen. Dann muss ich meine Regeln, Prozesse, Richtlinien hinterfragen: Zahlt das ein auf Empowerment and Trust? Zahlt so eine Reiserichtlinie ein? Zahlen so persönliche Ziele, so Karotten, zahlen die ein auf Empowerment und Trust?

[00:00:36] Julia Hägele: Herzlich willkommen beim HerCareer Podcast. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich für eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt einsetzen. Von der HerCareer Expo Live und aus der HerCareer Community. Wie kann Transformation in Unternehmen gelingen? Dieser Frage ging Brit Neuburger:, Chief Transformation Officer bei der Boston Consulting Group, in ihrem Vortrag auf der HerCareer Expo auf den Grund. Sie spricht über den Dreiklang People-Culture-Context, den Umgang mit interner Bürokratie, und zeigt den Weg zu einer Erfolgskultur von Empowerment und Vertrauen.

[00:01:20] Brit Neuburger: Transformation. Wer von euch spielt gern Monopoly? Bitte kurz Hand hoch. Ja. Nicht so viele. Habt ihr schon mal Monopoly gespielt? Ja, ein bisschen mehr. Okay. Wer von euch arbeitet aktuell in eurem Unternehmen, in eurer Organisation, an einer Transformation? Oder verantwortet sie gar? Was denkt ihr? Was ist eure Aussicht auf Erfolg? Wie wahrscheinlich ist es statistisch, dass die Transformation, an die er arbeitet, gelingt? 50 Prozent. Mehr, weniger? Erschreckende 25 Prozent der Unternehmenstransformation sind erfolgreich. Studie nach Studie von renommierten Strategieberatungen kommt zu dem Ergebnis, dass 70 bis 75 Prozent aller Transformation scheitern. Aber ihr habt Glück. Ihr seid hier. Eure Erfolgsaussichten steigen. Ich spreche über drei Sachen heute. Über Transformation. Über Monopoly und über den Schlüssel zum Erfolg. Transformation. Großes Wort. Transformation als Kompetenz heißt der Vortrag als Führungskompetenz. Was hat Transformation gemeinsam? Wir haben die grüne Transformation, die digitale Transformation, geopolitische Transformation, neue Geschäftsmodelle, neue Technologien, neue Organisationsformen. Letztendlich geht es bei Transformation um eine Anpassungsfähigkeit, um eine Anpassungsfähigkeit an unsere neue Welt, ans „new normal“, geprägt von Polykrisen und Disruption. Monopoly. Stellt euch vor, ihr kommt in den Raum. Ihr macht die Tür auf. Sitzen vier Leute am Tisch, spielen Monopoly. Das ist euer CFO. Das ist die HR-Managerin, vielleicht noch der Einkaufsleiter und jemand aus der Kommunikationsabteilung. In dem Moment, wo er die Tür aufmacht, hat gerade vor kurzem der CFO ein Hotel auf der Schlossallee gebaut. Und just in dem Moment, die HR_Managerin würfelt, landet genau da. Was nehmt ihr da für eine Kultur im Raum wahr? Der CFO freut sich. Nächste Runde bist du pleite. Es ist eine Schadenfreude. Es ist kompetitiv, es ist kapitalistisch. Und dann denkt ihr: Ist das die Kultur der Zukunft? Wir brauchen Teamgeist. Wir brauchen Empowerment. Wir brauchen Vertrauen. So können wir unser Unternehmen nicht in die Zukunft führen. Was macht ihr? Dann sagt ihr: Okay, wir schicken die alle auf einen Workshop. Wir sind in München, die Berge sind nah. Schöne Hütte auf den Bergen. Drei Tage Retreat, Teambuildingmaßnahmen, bilden gemeinsam eine Seilschaft, die vier. Und Sie haben eine großartige Zeit. Sie werden wirklich ein Team. Die lernen sich gut kennen. Die mögen sich. Dann Montag alle zurück. Kommen in ihren Raum, in ihr Büro, setzen sich wieder an den Tisch. Und was machen sie? Sie spielen Monopoly. Denkt ihr: Ja, also irgendwie hat es nicht geklappt. Was kann man noch machen? Ja, vielleicht das hier: Der CFO, der sich schon wieder so gefreut hat, dass da gerade jemand aus seiner Tenne der Schlossallee kam, vielleicht ein bisschen Persönlichkeitstraining. Persönlichkeitsworkshop, Persönlichkeitsentwicklung mit Reflexion. Empathie, Arbeit, Werte. Und der hat verschiedenes Coachingsessions und findet da auch alles gut. Und er kommt zurück, setzt sich an den Tisch. Was macht er? Er spielt Monopoly. Denkt ihr: vielleicht hat er es nicht begriffen? Vielleicht müssen wir ihn austauschen. Sie werden rausgeschmissen. Neuer Chef rein! Setzt sich an Tisch. Was macht er? Der spielt Monopoly. Das heißt? Wenn sich etwas verändern soll, wenn sich das Verhalten der Personen am Tisch verändern soll, wenn ihr wollt, dass sich die Kultur im Raum verändert, was müsst ihr ändern? Was müsst ihr machen? Es sind die Regeln. Solange da eine Anleitung steht, Monopoly-Spielregeln, und ein Spielbrett da liegt, auf dem Monopoly draufsteht, werden die Menschen Monopoly spielen. Egal was ihr macht. Wenn ihr aber das Regelbuch rausnehmt und es vorher rausnehmt, das Spielbrett, und da beispielsweise Activity hinlegt, dann dauert es keine sechs Monate und es braucht auch keine Kultur- und Wertearbeit und es braucht auch keinen Persönlichkeits- und Mitarbeiterentwicklungs-Workshop. Nur innerhalb von Minuten, wenn nicht gar Sekunden werden die ihr Activity spielen. Montagsmaler, Pantomime, malen, lachen, sich in den Armen liegen, ein Team sein und sich gegenseitig helfen. Was bedeutet das? Übertragen diese kleine Monopoly-Analogie auf unsere Unternehmen? Was sind die Spielregeln, die Monopoly-Spielregeln in unseren Unternehmen, in den etablierten Unternehmen? Das sind unsere Regeln, unsere Prozesse, unsere Richtlinien, unsere Guidelines, Reportings, unsere KPIs, unsere Steercos, unsere Prozesse. Meine Erfahrung und meine Kernaussage heute: 50 Prozent aller Prozesse und Regeln in etablierten Unternehmen können und müssen wir loslassen. Abschaffen. Damit überhaupt eine Veränderungsfähigkeit der Organisation entstehen kann. Das Wort ist sperrig: Entbürokratisieren. Und wir schimpfen immer auf die Regulatorik, auf den Gesetzgeber, auf die ganzen Regeln, die die Unternehmen einengen. Aber die Regeln und die Bürokratie, die wir uns selber machen, die hausgemacht ist, das ist ein Hebel, den können wir – ein Vorstandsbeschluss, nicht mal, ganz viel kann jeder Einzelne abschaffen. Loslassen von heut auf morgen. Und es geht darum, diese Illusion von Steuerung und Kontrolle aufzugeben. Das ist ja der Grund. Diese Regeln, das hat ja niemand bösartig gemacht. Es ist alles gut gemeint. Es war vielleicht auch mal in einer anderen Zeit, die nicht so disruptiv, nicht so schnelllebig war, als es erzählerisch darum ging, den „most efficient way“ zu finden, als es um Effektivität ging. Da waren die vielleicht mal richtig, aber in unserer heutigen VUCA-Welt, die volatil, unsicher, chaotisch und voller Ambiguitäten ist oder sogar BANI, brüchig, anxious, ängstlich, N für non-linear und I für incomprehensible, unverständlich. Da passen diese Prozesshäuser, oder manche Unternehmen haben sogar Prozesslandschaften, nicht mehr. Sie ersticken uns. Ich möchte zu einem Wrap-up kommen und euch was mitgeben, um dann auch vielleicht noch Zeit für Fragen zu haben, wenn ihr möchtet, ein bisschen Diskussion. Vielleicht noch ein Praxisbeispiel. Meine letzte Rolle war Chief Transformation Officer in der Automobilindustrie. Und da haben wir genau das gemacht. Wir haben 50 Prozent aller Regeln, Prozesse, Richtlinien abgeschafft. Und das schönste Kompliment, damals war mir das gar nicht bewusst, im Nachhinein, dass ich je bekommen hab, war dass ehemalige Kollegen, also das Unternehmen bestand aus Mitarbeitern, die 10, 20, 30 Jahre auf der einen Seite, Osram mit Siemens-Vergangenheit, auf der anderen Seite Continental auf dem Buckel hatten, also großgeworden sind, sozialisiert worden sind in sehr traditionell geprägten „big corporates“. Und in unserer neuen Einheit, im Joint Venture zwischen beiden Unternehmen war ich beim Mittagessen mit einem Kollegen von einem der beiden Shareholder, und er meinte dann: Wir machen bei uns nur Witze, ob ihr eigentlich Drogen verteilt. Wir kennen unsere alten Kollegen gar nicht wieder, die wirken so euphorisiert und empowered und krempeln die Ärmel hoch. Also irgendwie ist uns das unheimlich. Das ist es, was passiert ist. Es ist teilweise, und es geht ganz schnell, es dauert wirklich keine sechs Monate, wenn ich mich traue, diese Steuerung, diese Scheinsteuerung loszulassen und zu ersetzen, dann automatisch durch eine Kultur von Empowerment und Trust. Also, was möchte ich euch mitgeben? Drei Dinge: Die Monopoly-Analogie. Wenn ihr das nächste Mal einen Kollegen habt, wo ihr denkt, mit dem komme ich einfach überhaupt nicht zurecht. Ja dann überlegt mal, ist es wirklich der Kollege oder ist es nicht der Kontext? Sind es nicht die Regeln? Ist es nicht der Rahmen, in dem sich der Kollege bewegt und die Rolle, die er im Unternehmen hat? Denn das ist die Monopoly-Analogie. Das Verhalten, das wir wahrnehmen, ist so weit mehr von dem Kontext geprägt als von der Persönlichkeit der Menschen. Man sieht es auch am Beispiel: Ihr könnt jemand im Fußballstadion treffen und Fanschal, Biertrinken, laut grölen, Kraftausdrücke. Vielleicht denkt ihr dann: Was für ein Proll. Und ihr trefft dieselbe Person am nächsten Abend bei einer Opernpremiere, fein konversation betreiben im Smoking, bei einem Glas Champagner. Es ist der Kontext, der das Verhalten prägt. Und das Verhalten der Menschen. Das ist die Kultur. Und wenn ich die Kultur ändern will und das Verhalten ändern will, dann muss ich den Kontext ändern. Also das nächste Mal denken, der Kollege, mit dem ihr nicht zurechtkommt, vielleicht ist es gar nicht er persönlich. Hilft bei vielen Dingen. Das Zweite ist eine Reflexion, wenn ihr überlegt: Wo ist meine Rolle in euren Organisationen, in euren Unternehmen? Wo ist eigentlich mein Verhalten geprägt von einem Menschenbild und einer Kultur und einem Wertesystem von Empowerment und Trust? Oder wo ist mein Verhalten, sind meine Routinen auch davon getrieben, dass ich diese Illusion von Steuerung und Kontrolle aufrechterhalten will? Und so komme ich zum Dritten, ganz Konkreten. Jeder von euch, jeder von uns, kann was ändern. Nicht nächstes Jahr, sondern spätestens morgen, wenn nicht sogar heute. Ihr seid nicht alle Geschäftsführer oder Vorstände in einem großen Konzern. Aber ihr seid Führungskräfte oder ihr seid Mitarbeiter. Und ihr macht Meetings. Ihr beruft Meetings ein. Ihr seid mit Reportings beschäftigt. Sicher jeder von euch. Dann überlegt mal aktiv: was kann ich weglassen? Die andere erschreckende Statistik ist nämlich, dass 70 Prozent ihrer Zeit der durchschnittliche Mitarbeiter mit interner Bürokratie verbringt. Und jeder von uns hat es in seiner Macht und seinem Einflussbereich, das zu reduzieren. Vielleicht schafft er nicht gleich 50 Prozent. Vielleicht braucht ihr noch ein paar andere dazu, die einem auch so einen gewissen Schutzraum geben. Aber es fängt schon an mit Reportings oder oder Meetings. Die kleinen Sachen, die auf die Hälfte zu reduzieren. Und da gibt es noch ein kleinen Trick. Also wir tun uns echt schwer beim Dinge weglassen. Das ist irgendwie was Menschliches. Wenn man es umdreht und dann sagt: Ja, okay, ich hab jetzt diese zehn Sachen, welche sind wichtig? Diese zehn Regeln, diese zehn Prozesse, diese zehn KPIs und nicht die fünf rauszusuchen, die nicht wichtig sind. Das fällt uns schwerer. Sondern einfach die, die wichtig sind. Und enden möchte ich mit zwei Zitaten. Ein böses und ein gutes, nenne ich es mal. Das ein bisschen Böse ist: Wer um Menschen Zäune baut, darf sich über Schafe nicht wundern. Und das andere ist mein Lieblingszitat von Mahatma Gandhi: Be the change you want to see. Wenn ihr mögt, gerne fragen. Es gibt ein Mikro.

[00:14:12] Zuhörerin: Sie haben ja gesagt, dass man das Regelbuch am Anfang ändern sollte. Wie kann man nun die Akzeptanz der Mitarbeiter steigern? Weil wenn man nun einfach die Regeln der Mitarbeiter ändert, gibt es ja immer wieder mal, ja, die Nichtakzeptanz sozusagen.

[00:14:29] Brit Neuburger: Ja. Also das Regelbuch ändern. Vielleicht konkreter: das Regelbuch entschlacken. Und Regeln weglassen. Und es gibt vielleicht ein paar, die sich sehr wohl fühlen, wenn alles ganz kleinteilig reglementiert ist. Das sind aber die wenigsten. Ja, und ich spreche auch nicht davon, dass man alle Regeln abschafft. Aber wenn man wirklich sagt: Ich mache das, weil ich euch vertraue, wir lassen dieses Reporting weg. Wir lassen dieses oder jenes Ding weg und du kommst, wenn du mich brauchst. Ja, also, ich vertraue dir und ich empowere dich. Und ich bin dafür da, als Führungskraft, wenn du nicht weiterkommst. Und wenn alles läuft, dann muss ich dich nicht kontrollieren. Das ist der Ansatz. Vielleicht auch so zwei Steckenpferde von mir, von wegen Regeln weglassen. Das eine ist ganz einfach. Die Reiserichtlinie. Ja, ich weiß auch nicht jemanden, der nicht von Reiserichtlinien oder Reisekostenabrechnungen genervt ist. Was wäre, wenn man dieses 10-, 20-, 30-, 50-Seiten-Dokument ersetzt durch ein einfaches Prinzip, einen Grundsatz: Wir reisen verantwortungsvoll. Es gibt Unternehmen, die das gemacht haben. Und stellt euch vor, die Kosten sind gesunken. Das Zweite ist das Thema Boni. Die Karotten, mit denen alle großen etablierten Unternehmen ihre ja, letztendlich ihr Unternehmen steuern. Zielvereinbarungen. Ich weiß auch nicht, wer von euch nicht genervt ist davon, von diesem Prozess mit Mitarbeiterfeedback  und Ziele, und wie setze ich sie, dann sind sie ja schon wieder überholt. Ach da ist Corona, ach, da ist Krieg in Europa, unterbrochene Lieferketten. In dem Moment, wo ich ein Ziel gesetzt habe, passt es schon nicht mehr. Dann am besten noch individuelle Ziele. Wer macht denn schon mal was allein? Oder Abteilungsziele. Wir wundern uns über Scherkräfte in Unternehmen. Warum arbeiten die verschiedenen Abteilungen nicht zusammen? Ja, schaut euch mal an, was sie für unterschiedliche Ziele haben, die Scherkräfte reinbringen. Und dann eben die zeitliche Komponente. In dem Moment, wo ein Ziel vereinbart ist, ist es eigentlich schon überholt.

[00:16:46] Zuhörerin: Ich weiß noch nicht so genau, wie ich sagen soll, aber der erste Gedanke beim Monopoly versus Activity, der mir kam, war: ist es nicht eigentlich so, dass die Ziele verändert wurden und das komplette Game verändert wurde und sich deshalb alle in den Armen lagen und sich nicht mehr über das Geld gefreut haben? Wie funktioniert das übertragen aufs Unternehmen? Weil ich kann ja nicht das Geschäftsmodell verändern, oder, vielleicht kann ich es schon, aber normalerweise hat es einen Culture Clash und viele andere Dinge. Auch aus eigener Erfahrung: Ich kenne zumindest Osram nicht ganz so gut, Scheffler, dann glaube ich, ist es schon ein Culture Clash. Und wie lange dauert es? Ich meine so einen Change normalerweise 5 bis 10 Jahre.

[00:17:31] Brit Neuburger: Ja, also in der Regel setzt ein Change, wie die meisten ihn betreiben, bei zwei Faktoren an. Entweder beim Thema Kultur. Wir müssen die Kultur verändern. Oder bei dem Thema Menschen. Wir müssen die Mitarbeiter, die Führungskräfte weiterentwickeln. Das ist meiner Erfahrung nach eben gerade der blinde Fleck. Es ist eine Milchmädchenrechnung, wenn ich so sagen darf, an den Menschen oder an der Kultur anzusetzen. Wir müssen an der Struktur, am Kontext ansetzen. Und natürlich ist die Monopoly-Analogie nicht eins zu eins, aber letztendlich, wenn ich möchte, ich möchte die Innovationskultur, Ich möchte vertrauen, ich möchte Empowerment, ich möchte Teamgeist. Dann muss ich meine Regeln, Prozesse, Richtlinien, die Art und Weise, wie ich steuere und führe, hinterfragen. Zahlt es ein auf Empowerment und Trust? Zahlt so eine Reiserichtlinie ein auf Empowerment und Trust? So persönliche Ziele, ja, so Karotten, zahlen die ein auf Empowerment und Trust? Würden die Mitarbeiter nicht trotzdem oder sowieso oder noch mehr und noch ganzheitlicher auf den Erfolg hinarbeiten und es groß im Blick haben, wenn sie nicht irgendwie ihre Karotte, also letztendlich diese Steuerungsinstrumente, wie sie allen großen Corporates haben, hinterfragen, zahlt es ein auf die Kultur und auf das Verhalten, das wir wollen? Und vielleicht noch ein Satz an Start-ups oder jüngere Unternehmen: Ihr habt hoffentlich diese Probleme nicht. Das sind so klassische, länger existierende Corporate-, vielleicht auch Konzernthemen, und in meiner Erfahrung ist ein klassischer Fehler den Start-ups machen, wenn sie wachsen, dass sie sagen: Okay, wir sind jetzt so groß geworden, wir brauchen jetzt Struktur, wir brauchen Prozesse. Und dann schauen sie, was machen denn die Großen? Und dann holen sie diese ganzen HR-Prozesse, Finance-Prozesse, Investitionsprozesse, Compliance-Prozesse, Risk-IKS, Einkauf, alles rein und schwupps, diese ganze Ärmel-hoch-Start-up-Kultur, diese ganze Energie ist weg. Also ja, man braucht Struktur, man braucht Prozesse. Ich bin von meinem Hintergrund Juristin. Ich war General Counsel und Chief Compliance Officer. Also ich erzähl euch nicht hier was im irgendwie luftleeren Raum, sondern wirklich sehr verantwortungsvoll. Einfach aber dosieren, ganz dosieren, um den Menschen, uns allen, nicht die Energie, das Empowerment, das wir eigentlich in uns haben, zu rauben.