Nach der BWL kam das Machine Learning. Der Quereinstieg war für Stephanie Fischer mit viel Arbeit verbunden, aber sehr erfolgreich. Denn Unternehmen sitzen weiterhin auf großen Datenschätzen – insbesondere Textmengen. Und es ist fast niemand da, der das Potential an riesigen Datenmengen hebt, meint die „IT Woman of the Year 2018“. Wenn du dich fragst, wie du es schaffst, deine Kernkompetenz mit den KI Technologien zu verbinden, bist du hier richtig.
„Ich will ein Problem lösen, (wie) kann mir KI dabei helfen?“
herCAREER: Was ist das wichtigste Learning aus Ihrem Quereinstieg in die KI?
Mit Künstlicher Intelligenz haben wir eine riesige Chance, lokale und globale Probleme zu lösen. Obwohl die Algorithmen teilweise aus den 50er Jahren stammen, steckt die Kommerzialisierung von KI noch in den Kinderschuhen. KI wird quasi gerade erwachsen. Jetzt ist die Zeit, um gemeinsam zu wachsen und dabei die KI-unterstützte Welt mitzugestalten, in der wir zukünftig leben wollen.
Churchill sagte: “We shape our buildings; thereafter they shape us.” Das sollten wir bei KI nicht nur einigen wenigen Berufsgruppen wie Informatikern oder Data Scientists überlassen.
Die Medien und teilweise die Universitäten vertreten heute die Meinung, dass Deutschland mehr Data Scientists braucht, um international mitzuhalten. Worüber aber fast niemand spricht ist, dass wir viel mehr Menschen unterschiedlichster Hintergründe brauchen, die KI und neue Einsatzgebiete entdecken, aktiv mitgestalten und einsetzen.
KI muss so vielfältig sein wie die Menschen, deren Leben sie anschließend beeinflussen wird. Der Quereinstieg ist deswegen meiner Meinung nach nicht nur die Entscheidung einer einzelnen Person, sondern sollte auch von der Wirtschaft und der Politik unterstützt werden.
herCAREER: Welche Skills sollten Frauen mitbringen, die sich für eine Karriere im Bereich KI interessieren?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, wie man sich das Wissen konkret aneignet. Für mich hat es am besten funktioniert mit konkreten Problemstellungen und ordentlich Druck dahinter. Ein Beispiel: Vor fünf Jahren hatten mein heutiger Mitgründer Christian und ich noch wenig Erfahrung darin, wie man große Textmengen gut interaktiv visualisiert. Dennoch haben wir einen Abstract über das Endergebnis geschrieben und auf einer bekannten Big Data-Konferenz in Vancouver eingereicht. Als der Vortrag angenommen wurde, konnten wir gar nicht mehr anders – und mussten Experten auf diesem Gebiet werden. Schließlich wollten wir uns ja beide nicht blamieren. Der Vortrag ist übrigens sehr gut angekommen.
Und: Mit Verbündeten geht es leichter. Mein Tipp: Suche dir Personen, die du magst und die vielleicht sogar schon in dem Bereich tätig sind. Dann sucht euch ein gemeinsames Problem, das ihr lösen wollt. Und während ihr das löst, lernt ihr beide. Dabei muss das Problem nicht aus einem konkreten Arbeitskontext kommen. Die coolsten Dinge können aus anfänglichen „Side Projects“ entstehen. Datanizing ist im Endeffekt aus Abenden und Nächten gefüllt mit Coursera-Kursen, Blogartikeln, Konferenzbeiträgen und Vertriebsaktionen entstanden.
Als allerwichtigstes Skill würde ich Durchhaltevermögen nennen. Wie bei allem, was man neu lernt: Die erste Zeit kommst du dir wie der größte Depp vor. Du verstehst erst einmal keine Zusammenhänge und kennst die Fachbegriffe nicht. Nach einiger Zeit bilden sich Pattern heraus und du kannst dein neu erworbenes Wissen mit deiner ursprünglichen Kernkompetenz verbinden. An dieser Schnittstelle können großartige Dinge entstehen.
herCAREER: Wie können Frauen erkennen, ob sich ihr aktuelles Arbeitsumfeld bzw. ihre aktuellen Kompetenzen mit KI vereinbaren lassen?
Ganz pauschal gesagt: Wo Datenmengen sind, die menschlich nicht mehr ohne hohen Aufwand überblickt werden können, gibt es meist Potential für Künstliche Intelligenz. Dabei können die Datenmengen entweder sehr groß sein, sehr schnell erzeugt werden oder sehr unterschiedlich sein. Mit KI können die Prozesse schneller, einfacher oder fehlerfreier gestaltet werden. Das ist die eine Herangehensweise.
In Deutschland wird KI heute vorrangig eingesetzt, um Prozesse besser zu machen. Dabei spricht man von der Prozessinnovation. Wenn man sich tiefgreifender mit den Potentialen von KI auseinandersetzt, wird es bei der Serviceinnovation und Geschäftsmodellinnovation richtig spannend. Der Schlüssel liegt darin sich zu überlegen, wie man mit KI Kundenbedürfnisse besser erfüllen kann.
Aus „Ich habe eine Technologie, was mache ich damit“ wird also „Ich will ein Problem lösen, (wie) kann mir KI dabei helfen?“.
Um Einsatzgebiete von KI im eigenen Arbeitsfeld beurteilen zu können, muss man aus meiner Erfahrung heraus z.B. verstehen, für welche Problemstellungen sich KI gut als Lösung eignet, aber auch, für welche Ziele es sich lohnt, KI einzusetzen. Wem nützt es? Somit beginnt der Quereinstieg in die KI genau da, wo du stehst. Wie du es schaffen kannst, dein eigenes Wissen mit den Potentialen der KI zu verbinden, wird ein Thema des herCAREER MeetUps sein.
herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Quereinstieg in KI
herCAREER: Wie können oder möchten Sie kontaktiert werden?
Über die Person
Stephanie ist Expertin für datengetriebene Innovation, insbesondere wenn es darum geht, maschinelles Lernen auf Text anzuwenden. Im Jahr 2017 hat sie die datanizing GmbH mitbegründet, die Software für automatisierte Marktforschung und Anforderungsanalyse anbietet. Zuvor war sie acht Jahre als Unternehmensberaterin im Bereich Künstliche Intelligenz und Innovation tätig und hat einen Hintergrund in der Organisationsentwicklung.
Stephanie ist „IT Woman of the Year“ und Gewinnerin des Platin Award in der Kategorie Technical Innovation. Sie ist Mitglied der AG „Geschäftsmodellinnovation mit KI“ der Plattform Lernende Systeme.
Dieses MeetUp war Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2019, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.