Der Wasserstoffsektor wird auf mehreren Ebenen reguliert, was eine komplexe Koordination internationaler, europäischer, nationaler und lokaler Regelungen erfordert. Während umfassende Regulierung Investitionssicherheit fördern kann, birgt sie auch das Risiko, die Dynamik der Wasserstoffwirtschaft zu bremsen. Ist es tatsächlich ein schmaler Grat zwischen Regulierungsbedarf und Innovationskraft, und kann er erfolgreich gemeistert werden? Darüber hat Maycaa beim MeetUp auf der herCAREER Expo 2024 referiert und mit den Teilnehmer:innen diskutiert. herCAREER im Interview mit Maycaa Hannon, Policy and Regulation Manager.
„Wasserstoff fasziniert mich, weil er ein Schlüsselelement der Energiewende darstellt.“
herCAREER: Wie bist du auf das Thema Wasserstoff gekommen, und was fasziniert dich daran vor allem?
Maycaa Hannon: Wasserstoff fasziniert mich, weil er ein Schlüsselelement der Energiewende darstellt. Trotz der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen bin ich überzeugt, dass es möglich ist, diese zu überwinden und in naher Zukunft die nötige Infrastruktur für einen klimafreundlichen Markthochlauf zu schaffen. Es ist beeindruckend, wie wir in der Vergangenheit ähnliche Hürden gemeistert und vieles erreicht haben, das heute als selbstverständlich gilt und das wir nicht mehr missen möchten. Diese optimistische Perspektive motiviert mich, auch im Bereich Wasserstoff an eine erfolgreiche Zukunft zu glauben. Weil ich grundsätzlich Lösungen für möglich halte, bin ich überzeugt, dass wir auch diese Herausforderungen meistern werden.
herCAREER: Inwiefern ist es notwendig, diesen Sektor zu regulieren? Wo liegen die Risiken bei einer Nichtregulierung, und warum kann eine (Über‑)Regulierung die Wasserstoffwirtschaft ausbremsen?
Maycaa Hannon: Um den Wasserstoffsektor langfristig und sinnvoll auszubauen, ist es unabdingbar, ihn zu regulieren – und das am besten im europäischen Verbund. Der europäische Markt bietet die besten Voraussetzungen, um Synergien zu schaffen und eine effektive Infrastruktur zu entwickeln, die alle Beteiligten einbezieht. Es hat sich in den letzten Jahren bereits viel getan, sei es durch erste Wasserstoffstrategien, Förderprojekte oder die Schaffung relevanter Rahmenbedingungen. Vieles ist bereits in Bewegung, doch jetzt müssen wir uns auf die Details konzentrieren und die verschiedenen Bereiche der Wertschöpfungskette miteinander verknüpfen. Dabei darf die Regulierung jedoch nicht zu bürokratisch oder zerfasert werden. Eine zu starke Regulierung könnte Innovationen bremsen und unnötige Kosten verursachen, während eine zu lockere Regulierung dazu führen würde, dass der Markt nicht die notwendige Sicherheit, Effizienz und Skalierung erreicht. Ohne eine ausgewogene Regulierung, die den gesamten Prozess von der Produktion über den Transport bis hin zum Endverbraucher berücksichtigt, bleibt Wasserstoff auf großer Skala ein theoretisches Konzept – teuer, aufwendig und möglicherweise gefährlich. Nur wenn wir alle Akteure an einen Tisch holen und eine klare, aber flexible Regulierung schaffen, können wir die Vorteile von Wasserstoff voll ausschöpfen und die Energiewende effektiv vorantreiben.
herCAREER: Gibt es eine Verbindung zwischen deiner Leidenschaft für das Thema Wasserstoff und deinem Engagement für SWANS?
Maycaa Hannon: Beide Themen haben eine gemeinsame Grundlage: den Wunsch, etwas Positives zu bewirken und Verantwortung zu übernehmen. Für mich ist es wichtig, mich für Themen zu engagieren, die unsere Gesellschaft langfristig verbessern – sei es durch die Förderung von Diversity im Arbeitsmarkt oder durch die Unterstützung einer nachhaltigen Energiezukunft. Am Ende des Tages möchte ich mit dem Gefühl ins Bett gehen können, dass ich an Projekten gearbeitet habe, die sowohl ökologische als auch soziale Verantwortung fördern. Meine Superkraft ist dabei meine „Bürokratie-Geduld“ – ich bin in der Lage, auch in komplexen und langwierigen Prozessen nicht den Mut zu verlieren und beharrlich an Lösungen zu arbeiten. Diese Geduld hilft mir sowohl im Ehrenamt als auch in meiner beruflichen Arbeit, langfristige Veränderungen zu bewirken. Das können langwierige politische und regulatorische Prozesse im Bereich Wasserstoff sein oder monatelange Förderanträge im Ehrenamt. Ich habe gelernt, dass solche Herausforderungen Zeit brauchen, aber mit Ausdauer und Geduld lassen sich bedeutende Fortschritte erzielen.
Und da bin ich nicht allein: Es ist inspirierend zu sehen, wie viele von der SWANS-Initiative geförderte „Schwäne“ beeindruckende Expertinnen in ihren jeweiligen Feldern geworden sind und wie die Leidenschaft für ihre Arbeit oft Hand in Hand geht mit einem großen Engagement für gesellschaftliche Themen.
Über die Person
Maycaa Hannon gestaltet die nachhaltige Energielandschaft der Zukunft. Als Managerin für Politik und Regulierung setzt sie sich leidenschaftlich für rechtliche Rahmenbedingungen ein, die die Entwicklung komplexer Wasserstoffversorgungsketten unterstützen.
Maycaa hat einen Master in Wirtschaft und Politik gemacht und dabei ihre Leidenschaft für die Außenhandelsförderung entdeckt. Sie setzte ihr Interesse in die Tat um und arbeitete sowohl für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als auch im Privatsektor, um deutsche Unternehmen zu fördern und deren Export in ausländische Märkte zu ermöglichen. Sie hat in mehreren Städten gearbeitet, darunter Berlin, Kairo und Abu Dhabi.
Als Mitgründerin der SWANS-Initiative glaubt sie fest an die Kraft einer vielfältigen Gesellschaft. SWANS ist eine preisgekrönte Nichtregierungsorganisation, die mehr als 1.500 mehrfach diskriminierte Frauen kostenlos fördert und sich öffentlich für einen kompetenzorientierten und teilhabegerechten Arbeitsmarkt einsetzt.
Dieses Interview bezieht sich auf ein MeetUp der herCAREER Expo 2024.