Nachhaltigkeit muss dauerhaft und ertragreich verankert werden. Wie lässt sich eine umfassende Nachhaltigkeitsvision ableiten? Wie kann unter Berücksichtigung der externen und internen Anforderungen eine spezifische Nachhaltigkeitsstrategie definiert werden? Die Auswahl und Priorisierung konkreter Maßnahmen bilden den Kern, um über ein Steuerungsmodell den Fortschritt und die Ergebnisse zu messen. Basis dafür ist die Verankerung im Unternehmen. Im Vortrag erläutern wir unseren Ansatz, Nachhaltigkeit erfolgreich „wachsen“ zu lassen mit Beispielen aus der Praxis.
„Nachhaltigkeit […] muss vollständig in die Strategie und sämtliche Prozesse der Unternehmenssteuerung integriert sein.“
herCAREER: Was bedeutet für Dich Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie, den Bereich Finanzen und Controlling betreffend? Wo liegen Deiner Erfahrung nach die meisten bzw. die häufigsten Probleme bei der Verankerung?
Dr. Maren Hartmann: Nachhaltigkeit ist zu einem existenziellen Thema für Unternehmen geworden und wird von sämtlichen Stakeholdern eingefordert: Kunden, Mitarbeitende, Kapitalmarkt, Regierungen – um nur einige zu nennen. Aus unserer Sicht ist der wichtigste Punkt, dass die Strategie an sich nachhaltig sein muss. Was wir damit meinen: Nachhaltigkeit ist kein „Silo“, welches von einer separaten Abteilung vorangetrieben wird, sondern muss vollständig in die Strategie und sämtliche Prozesse der Unternehmenssteuerung integriert sein. Ganz konkret würde zum Beispiel ein:e CFO im Rahmen des Planungsprozesses für die kommenden Jahre nicht mehr nur finanzielle Kennzahlen planen und Budgets festlegen. Er oder sie würde auch dafür Sorge tragen, dass konkrete Ziele für die CO2-Reduktion festgehalten werden, und die dafür notwendigen strategischen Maßnahmen entsprechend bewerten lassen. Wie wäge ich zum Beispiel unterschiedliche Standortalternativen unter Berücksichtigung meines CO2-Footprints ab? Die festgelegten Maßnahmen müssen dann konsequent nachgehalten werden – ganz genau so wie Maßnahmen für die Steigerung des Umsatzes oder für eine Kostenreduktion. Nicht-finanzielle Kennzahlen werden damit genauso wichtig wie finanzielle Kennzahlen. Ein weiteres Beispiel ist die Bewertung von Investitionen – denn diese legen den Grundstein für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens. Neben den typischen finanziellen Kriterien muss hier auch das Thema Nachhaltigkeit in die Bewertung und Priorisierung eingehen. Das Aufgabenfeld der CFOs wird somit viel umfassender, als es in der Vergangenheit war. Wo gibt es Herausforderungen? Manche Unternehmen haben für sich das Ziel noch nicht klar herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang ist dann häufig noch nicht klar geregelt, wer für welche Aufgaben die Verantwortung übernimmt. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl neuer Berichtspflichten erfüllt werden müssen, für die Prozesse etabliert und Daten gesammelt werden müssen. Oft werden hierdurch bereits viele Kapazitäten gebunden, so dass wenig Zeit ist, die Prozesse nachhaltig und stabil aufzustellen und auch die notwendigen Grundlagen in den Systemen zu legen. Was für alle Transformationen zutrifft ist, dass oft dem Thema Unternehmenskultur, Change Management sowie Qualifizierung der Mitarbeitenden zu wenig Aufmerksamkeit zukommt. Genau das ist aber essenziell, damit Nachhaltigkeit auf einen fruchtbaren Boden trifft.
herCAREER: Wie kann Nachhaltigkeit „wachsen“? Geschieht das ab einem bestimmten Punkt „von allein“?
Dr. Maren Hartmann: Die Analogie zum Wachstum passt sehr gut, wenn es um die Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien und -maßnahmen in Unternehmen geht. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass man nicht ambitioniert sein sollte.
Auf was es aus unserer Sicht wirklich ankommt ist, dass eine klare, durchaus ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie definiert wird, die dann mit einem klaren Umsetzungsplan verfolgt wird. Die Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die in diesem Zusammenhang definiert werden, müssen für die Organisation verdaubar sein – sie dürfen das Unternehmen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht überladen oder überfordern. Wenn diese Balance gelingt, können entsprechende Maßnahmen über die involvierten Funktionsbereiche hinweg realisiert und dabei Erfolge generiert werden. Mit der Verankerung im Zielsystem des Unternehmens kann eine langfristige Verfolgung sichergestellt werden – eine Verselbständigung wird unterstützt. So könnten zum Beispiel Ziele zur CO2-Reduktion in den Vergütungssystemen verankert werden. Es ist jedoch klar, dass die Anstrengungen und Fortschritte weiterhin beobachtet und analysiert werden müssen – auch die Nachhaltigkeitsstrategie selbst unterliegt einer kontinuierlichen Anpassung. Auch an dieser Stelle ist die Nähe zur Botanik gegeben – denn auch hier gelingt das Wachstum in der Regel nur, wenn die geeigneten Rahmenbedingungen geschaffen werden, wenn die Pflanzen regelmäßig gegossen und zu den richtigen Zeitpunkten zurückgeschnitten werden und die richtige Menge an geeignetem Dünger zugeführt wird.
herCAREER: Ist der Erfolg einer Transformationsstrategie messbar? Wie kann er gemessen werden?
Dr. Maren Hartmann: Ein guter Strategieprozess kennzeichnet sich vor allem dadurch, dass er nicht mit der Strategieformulierung endet. Um eine Unternehmenstransformation wirklich erfolgreich umsetzen zu können, ist es essenziell, die Strategie greifbar zu machen und zu konkretisieren. Wir erarbeiten gemeinsam mit unseren Klienten, welche Potenziale, Prozesse und Kundenperspektiven adressiert werden, um mit der Strategieformulierung explizit den Wertbeitrag herauszustellen. Daran schließen sich dann typischerweise strategische Maßnahmen und Aktionspläne an, deren Erfolg über geeignete Kennzahlen gemessen werden kann. Diese Kennzahlen werden kontinuierlich überwacht und so kann dann auch der Erfolg einer Transformationsstrategie gemessen werden. Man kann sich das mit einem kurzen Beispiel gut verdeutlichen: Wenn ich mich hin zu einer nachhaltigen Organisation entwickeln will, kann ich verschiedene Kennzahlen formulieren, die den Wertbeitrag messbar machen. Das kann zum Beispiel die Reduktion des CO2-Fußabdrucks sein, der sich explizit berechnen lässt. Ein Einflussfaktor ist hier zum Beispiel die Mobilität meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mögliche Maßnahmen wie die Anpassung von Firmenwagenrichtlinien oder eine incentivierte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind ebenfalls messbar und haben direkten Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck der Organisation.
herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst Du im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Controlling & Finance
- Sustainability
- Frauen im Consulting
- Transformationsprojekte
Nutzen Sie eine der Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die die Interviewpartner:in angegebenen hat, und beziehen Sie sich auf das Interview der herCAREER-Community.
Über die Person
Maren Hartmann berät seit mehr als zehn Jahren internationale Konzerne und mittelständische Unternehmen bei der Weiterentwicklung der Unternehmenssteuerung und der Transformation des Finanz- und Controlling-Bereichs. Zu sehen, wie im Team gemeinsam nachhaltige Veränderungen umgesetzt werden, gibt ihr die Energie für ihre Projekte. Sie lebt in Frankfurt, studierte in Tübingen und Paris und hat vor ihrem Eintritt bei Horváth im Consultingbereich einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet. Abseits des Projektalltags sorgen Snowboarden, Radfahren und Wandern für den nötigen Ausgleich und Weitblick.
Dieser Vortrag ist Teil der herCAREER 2022, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.