Es gibt im Recruiting zahlreiche, wissenschaftlich nachgewiesene Effekte, die Ihre Personalentscheidung beeinflussen. Es werden Studienergebnisse vorgestellt, die zeigen, wo an den verschiedenen Stellen des Recruiting-Prozesses unbewusste Verzerrungen entstehen. Außerdem wird darauf eingegangen, worin die Ursachen liegen, und was getan werden kann, um den Prozess konkret zu verbessern.

„Wo soll denn Diversität herkommen, wenn nicht von außen?“

herCAREER: Was hat dazu beigetragen, dass Sie Ihr Unternehmen gegründet haben und was war Ihre größte Motivation?

Sandra Zemke: Eine gute Freundin von mir hat über 60 Bewerbungen geschrieben, ohne zu einem Interview eingeladen zu werden, und das mit einer hohen Qualifikation in einem gesuchten Bereich. Wir rätselten über die Ursachen, und von ihr selbst kam der Hinweis, dass es an ihrem (nicht-deutschen) Namen liegen könnte. Sie hat daraufhin zwei Bewerbungen geschickt: mit dem gleichen CV, dem gleichen Foto, sogar dem gleichen Vornamen. Die Bewerbung mit dem Nachnamen Müller bekam eine Einladung.

Das Traurige daran ist, nicht nur die unfaire Behandlung von Kandidat:innen, sondern mir tun die 60 Unternehmen leid, die diese tolle Mitarbeiterin verpasst haben. Der Bereichsleiter, wo sie nun arbeitet, bedankt sich jedes Mal bei mir für diese tolle Mitarbeiterin, und fragt, ob ich nicht mehr davon kenne.

Damit war für mich klar: Unternehmen brauchen hier Hilfe.

herCAREER: Wo sehen Sie Hürden eines fairen Recruiting Prozesses?

Sandra Zemke: Die größte Hürde, die ich aktuell sehe, liegt in handelnden Personen im Recruiting, die glauben, sie hätten keine unbewussten Bias. Doch das Ding ist ja, dass diese eben UNbewusst passieren.

Unser menschliches Gehirn hat einfach viele Mechanismen, die soziale Kompatibilität sicherstellen sollen, das passiert – unbewusst – in Zehntelsekunden.

Außerdem gibt es auch immer noch bewusste Entscheidungen, z.B. gegen bestimmte Ex-Arbeitgeber oder die Festlegung auf ganz bestimmte Universitäten oder Abschlüsse, die für äußerst homogene Teams, eine sehr begrenzte Auswahl an Kandidat:innen und eben nicht unbedingt für Innovationskraft sorgen.

herCAREER: Wo sehen Sie Chancen im Recruiting Prozess Diversität und Gleichberechtigung wirklich in die Tat umzusetzen? Wie kann diese Transformation gelingen?

Sandra Zemke: Ich frage mich, warum das Recruiting bei den Diversitäts-Initiativen der Unternehmen nicht ganz oben auf der Agenda steht. Wo soll denn Diversität herkommen, wenn nicht von außen? Die anonyme Bewerbung birgt die Chance, Bewerbungen zu erhalten, die durch das bisherige Raster gefallen sind. Und die Chance, Glaubwürdigkeit für Diversitätsbemühungen nach außen zu zeigen. Das Logo bunt anstreichen kann jede*r.

Mit anonymem Recruiting kann ich als Unternehmer:in Menschen in mein Unternehmen holen, die andere Blickwinkel bieten. Zusammen mit einer entsprechenden inklusiven und wertschätzenden Kultur, die diese Blickwinkel nutzt und fördert, kommt die Transformation des gesamten Unternehmens ins Rollen.

herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?

  • Recruiting
  • HR Transformation
  • Weibliche Gründung
  • Gleichberechtigung
  • Leadership
  • Diversity Leadership
  • Ehrenamt

herCAREER: Gibt es Themen, zu denen Sie persönlich eine/n Sparringspartner/in suchen und einen fachlichen wie persönlichen Austausch weiterführen möchten? Dann benennen Sie uns Schlagworte für ihre Themen.

  • Investorensuche
  • Studien zu Innovationen
  • Studien zu Diskriminierung
  • Studien zu Biases
  • Evidenzbasiertes Management
  • Gemeinwohl-Unternehmen

herCAREER: Würden Sie auch als Mentor:in in der herCAREER-Community fungieren? Welche Frau würden Sie sich als Mentee wünschen?

Sandra Zemke: Ich würde gerne Frauen unterstützen, die sich Hilfe beim Erkennen der eigenen Stärken oder des eigenen Wegs wünschen, oder die sich fragen, warum sie sich vielleicht schwerer zu tun scheinen als andere.

Nutzen Sie eine der Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die die Interviewpartner:in angegebenen hat, und beziehen Sie sich auf das Interview der herCAREER-Community.

Über die Person

Sandra Zemke ist Wirtschaftsinformatikerin und hat nach fast 20 Jahren Tätigkeit als Projektmanagerin und IT-Führungskraft in DAX-Unternehmen und Beratung anonyfy gegründet, um die Welt des Recruitings zu transformieren, fairer zu gestalten, und endlich echte Diversität in die Unternehmen zu bringen.

Dieser Vortrag ist Teil der herCAREER 2022, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.

Beziehen Sie sich auf das Interview der herCAREER-Community und nutzen Sie eine Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die der/die Interviewpartner/in angegebenen hat. Das Angebot für ein Sparring bezieht sich auf einen lockerer Austausch. herCAREER fungiert damit als Brückenbauerin. Nehmen Sie gerne die Einladung für den Austausch an. Sie müssen dafür nichts direkt an Ihre(n) Sparringspartner/in zurückgeben, können sich aber gerne an anderer Stelle im Netzwerk mit Ihrer Expertise einbringen.

Bewerben Sie sich bis zur Deadline mit max. einer DINA4-Seite über sich und ihre Motivation zu dem Mentoring – zusammen mit Ihrem Lebenslauf oder Link auf Ihr Xing- oder LinkedIN-Profil. Nutzen Sie dafür die von dem/der Mentor/in angegebenen Kontaktmöglichkeiten. Die Mentorin steht Ihnen je nach Bedarf für bis zu drei (Video-)Treffen für einen Austausch zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass der/die Mentor/in selbst entscheidet, welche und wie viele Mentees sie zulassen können.

Nutzen Sie die Möglichkeit und bewerben Sie sich! Vielleicht können Sie schon in Kürze ein/e Mentor/in aus der herCAREER-Community an Ihrer Seite wissen.
Einsendeschluss:  31 August 2022