Storydesign sollte eine Grundkompetenz wie Lesen und Schreiben sein. Es geht darum, seine eigene Geschichte – und damit sich selbst – zu verstehen und die einzelnen Stationen einordnen zu können. Wir sind nämlich viel mehr als die Summe der Eigenschaften, die in Stellenausschreibungen aufgelistet sind. Wir haben Wertvorstellungen, Ziele, Wünsche, Ideale. Wenn wir die nicht so auf den Punkt bringen können, dass sie auch jemand Fremdes versteht, werden wir unseren Weg lange suchen müssen. Und es wäre doch viel besser, wenn wir ihn kennen würden, oder?
„Wenn im digitalen Raum eines gilt, dann, nicht nur irgendwie und überhaupt sichtbar zu sein, sondern mit seinem ganzen Potential“
herCAREER: Wie bist Du selbst zum Storydesign gekommen?
Teresa Werner: Über mein Studium der Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte und meine erste Anstellung in einer Kommunikationsagentur. Mein Hauptkunde war die Ottobock SE & Co. KGaA, Weltmarktführer für Prothesen und Orthesen. Die Produkte haben einen sehr emotionalen Kontext: Menschen mit einer Amputation können wieder Ski fahren! Hier habe ich das gelernt, was ich heute Big Picture Storytelling nenne und wo immer eine Heldenreise zugrunde liegt. Jedoch, was ich immer vermisste, war die konsequente Umsetzung des Story-First-Prinzips. Nicht immer handelt es sich um eine Reise. Und in der Literaturwissenschaft ist der Held erst mal nur die Hauptfigur, das kann auch ein Antiheld sein (Antihelden sind sowieso viel sympathischer, weil nahbarer). In Kunstgeschichte habe ich mich viel mit Design auseinandergesetzt, vor allem mit dem Bauhaus-Design: Die Form folgt der Funktion. Design muss man nicht erklären, es funktioniert über die Form von ganz allein. Und so muss für mich auch eine Story designt sein. Sie muss sofort funktionieren, und das tut sie aus meiner Sicht nur, wenn sie echt und authentisch ist und kein Marketing-Heldenreise-Bla-Bla. So arbeite ich heute: Ich setze nichts um, bevor ich nicht die Story designt habe. Und so habe ich es auch für die herCAREER als meine Kundin gemacht. Erst die Story, dann die Texte für Broschüren und Co.
herCAREER: Kannst Du einige wichtige allgemeine „Dos and Don’ts“ beim Storytelling nennen?
Teresa Werner:Ich würde niemals eine Geschichte erzählen, die nicht stimmt. So tun als ob. Gerade die jüngere Generation hat einen siebten Sinn dafür und empfindet so etwas als belastend und „cringe“. Zumindest ist es das, was mir aus meiner Community immer gespiegelt wird. Und ich kann das auch einfach weder umsetzen noch verantworten. Es gibt ein schönes Zitat von Simon Sinek: „Es gibt zwei Arten, Menschen zu beeinflussen. Entweder man manipuliert sie oder man inspiriert sie.“ Ich würde mich immer, immer, immer fürs Inspirieren entscheiden und die echte Geschichte mit allen Irrwegen und Scheiterstellen erzählen. Das macht eine Geschichte überhaupt erst aus, das wusste schon Aristoteles.
herCAREER: Sind Deiner Erfahrung nach Frauen im digitalen Raum mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, die auch im Storydesign eine Rolle spielen?
Teresa Werner: Oh ja. Viele meiner Kundinnen haben das Imposter-Syndrom (ich habe es übrigens auch und muss selbst immer hart dagegen ankämpfen): Sie denken, sie sind nicht so gut wie alle denken und irgendwann fliegt es auf und sie werden als Hochstaplerinnen enttarnt. Und um das zu umschiffen, posten oder kommentieren sie lieber gar nichts. Damit verschenken wir unglaublich viel Potential. Denn wenn im digitalen Raum eines gilt, dann, nicht nur irgendwie und überhaupt sichtbar zu sein, sondern mit seinem ganzen Potential. Um das zu entdecken, dafür braucht es einen „deep dive“ in die eigene Story.
herCAREER: Bei herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartner:innen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst Du im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?
- Change (Graswurzeln)
- Gründung und Selbstständigkeit mit Kind
- New Work
herCAREER: Würdest Du auch als Mentor:in bei herCAREER fungieren? Welche Frau würdest Du dir als Mentee wünschen?
Teresa Werner: Ich würde mich vor allem über Führungskräfte freuen, die in der Mitte ihrer Karriere stehen und über eine fachliche Neuausrichtung nachdenken.
Zur Kontaktaufnahme bitte die, von der Interviewpartner:in angegebenen, Möglichkeiten nutzen und sich auf das Interview bei herCAREER-Learn & Connect beziehen.
Über die Person
Teresa Werner ist seit 2020 als Storydesignerin und Expertin für Digital Storytelling freiberuflich tätig und engagiert sich für mehr emotionale Sicherheit im digitalen Raum. Sie befähigt Menschen und Brands, mit ihren Profilen, aber vor allem mit ihrem Posting- und Interaktionsverhalten ihre Identität authentisch zur Darstellung zu bringen. Teresa ist es wichtig, dass Menschen im digitalen Raum so von sich erzählen können, dass ihr Potenzial ohne Marketingdruck sichtbar wird. Für sie ist eine Story viel mehr als ein Kommunikationstool, sie ist die Grundlage jedes unternehmerischen Handelns.
Dieses Interview bezieht sich auf ein LiveTrainingCenter der herCAREER-Expo 2022.