Wehrpflicht für Frauen? „Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird verstärkt über eine Rückkehr zum Wehrdienst diskutiert, die Personalnot bei der Bundeswehr ist groß. So groß, dass auch Frauen eingezogen werden sollten?“, fragt die Süddeutsche Zeitung (plus) – samt einem „Pro“ von Sina-Maria Schweikle und einem „Contra“ von Nicolas Freund.

Angesichts von Regelungen in Ländern wie Schweden und Dänemark meint Schweikle: „Frauen, die sich für die Verteidigung ihres Landes engagieren, sind damit ein Nato-weiter Trend, dem sich Deutschland nicht verschließen sollte, um die Wehrfähigkeit sicherzustellen.“

Es habe sich gezeigt, „dass Frauen genauso wie Männer in der Lage sind, in den Streitkräften zu dienen, an der Waffe zu kämpfen und das Land zu verteidigen. (…) Die Aufgaben sind komplex und vielfältig, nicht jede Frau und auch nicht jeder Mann wird im Verteidigungsfall sofort im Schützengraben liegen. Verteidigung heißt auch, Cyberangriffe abzuwehren oder im Sanitätsdienst zu arbeiten.“

Noch sind Frauen in der Bundeswehr eine deutliche Minderheit: Ihr Anteil beträgt rund 13 %.

Wehrdienst müsste heute anders gestaltet werden als früher, so Schweikle, und sollte mit Ausgleichsangeboten wie Studien- und Ausbildungsfinanzierung oder kürzeren Wartezeiten aufs Studium verbunden sein.

„Doch eine Zeitenwende in der Verteidigungspolitik bedeutet auch, dass jeder, der physisch dazu in der Lage ist, seinen Beitrag leisten muss. Wirklich gleichberechtigte Frauen wollen hier von einer Dienstpflicht nicht ausgenommen sein.“

➡ Freund hingegen betont: „Um für Frauen attraktiv zu werden, müsste sich an der teils toxischen Kultur in der Bundeswehr etwas ändern.“

Natürlich könnten Frauen dieselben Aufgaben übernehmen wie Männer und deshalb sollten ihnen prinzipiell alle Bereiche der Bundeswehr offenstehen. Es gehe also nicht darum, ob Frauen in der Bundeswehr dienen könnten. Sondern ob man sie dazu zwingen sollte – und ob das ein Beitrag zur Gleichberechtigung wäre.

Das früher häufig angeführte Argument einer ausgleichenden Gerechtigkeit – angesichts der zusätzlichen Belastung vieler Frauen durch Schwangerschaft, Geburt und Care-Arbeit – gilt für Freund heute zwar nur noch bedingt, doch: „Hier auf einen Ausgleich zwischen den Geschlechtern zu achten und den Frauen nicht noch mehr potenzielle Aufgaben aufzuladen, wäre in einer auf Gerechtigkeit bedachten Gesellschaft nur fair.“

Eine Horrorvorstellung und reale Bedrohung für Frauen – und nicht nur für sie – sei ein von brutalen Ritualen, exzessivem Kampftrinken u.Ä. geprägtes Umfeld. „Die Bundeswehr muss keine Kuscheltruppe werden, wenn auch Frauen Wehrdienst leisten sollen. Aber falls alle Geschlechter eines Tages gleichberechtigt eingezogen werden, dann muss auch der Dienst entsprechend gestaltet werden“ – so dass er als wertvolle Lebenserfahrung und Dienst an der ganzen Gesellschaft anerkannt werden könnte.

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Ein Beitrag von herCAREER,

veröffentlicht bei LinkedIn am 27.05.2024