Warum wählen immer mehr junge Menschen rechtsextrem?  Für die Jugendwahlstudie 2024 des Institut für Generationenforschung – publiziert kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen – wurden 16- bis 25-Jährige befragt, differenziert nach ost- und westdeutschen.

„Viele der Befragten empfinden demnach Zukunftsängste und ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit“, schreibt DER SPIEGEL dazu.

  • Die klassische Links-rechts-Einteilung ist laut Studie für viele junge Menschen überholt. 33 % ordnen sich selbst der politischen Mitte zu – und von diesen geben 17 % an, die AfD zu wählen, 18 % das BSW. Viele Erstwähler:innen fühlen sich „politisch heimatlos“ und wünschen sich eine Partei der Mitte, die für sie jedoch nicht erkennbar ist. Die Studienautoren sehen ein „politisches Cherry Picking“, indem die jungen Leute sich nach Bedarf bei den einzelnen Parteien „bedienen“.

  • Allerdings geben 65 % der befragten ostdeutschen und 74 % der westdeutschen Befragten an, Angst vor der AfD zu haben. 30 % der ostdeutschen und 25 % der westdeutschen Erstwähler:innen haben Angst vor den Grünen. 20 % der ostdeutschen und 17 % der westdeutschen Jungwähler:innen haben Angst vor dem BSW.

  • Als wichtigstes „politisches Problem“ wird von der Mehrheit der Befragten die Migration genannt. Der Klimawandel folgt auf Platz 2 – zusammen mit dem Rechtsextremismus.

  • Mehr als die Hälfte der Befragten nutzt zur Information ausschließlich Social Media. Extreme Narrative erhielten dabei besondere Aufmerksamkeit, so die Studienautoren. Der Wunsch nach Sicherheit und Klarheit in einer ungewissen Welt treibe viele junge Menschen zu radikalen politischen Entscheidungen.

  • Im Schnitt sagten 19 % der ostdeutschen Befragten, sie würden die AfD wählen. Angesichts der aktuellen Wahlergebnisse – 32,8 % für die AfD in Thüringen und 30,6 % in Sachsen – bedeutet das allerdings: Junge Wähler:innen entscheiden sich in geringerem Maße für diese Partei als ältere.

Studienergebnisse wie diese lassen sich also durchaus auch anders lesen. Dr. Anna Grebe gibt bei LinkedIn „5 Hinweise aus der jugendpolitischen Forschung und Praxis“. Der erste: „‘Die Jugend‘ gibt es nicht. Junge Menschen sind – wie alte Menschen auch – sehr vielfältig. Nicht alle sind rechts(extrem), im Gegenteil. Die Mehrheit hat Angst vor dem Rechtsruck in diesem Land. Und die Mehrheit wählt demokratische Parteien.“ Das „Cherry Picking“ sei eine “adultistische Zuschreibung“: Wähler:innen jeden Alters könnten sich mit Positionen aus dem gesamten Parteienspektrum identifizieren, auch wenn diese ideologisch im Gegensatz zueinander stünden.

Ihr Appell: „Wenn ihr euch also fragt, was man tun könnte, um junge Menschen wieder für die Demokratie zu begeistern: Nehmt sie ernst. Hört ihnen zu. Beschäftigt euch mit Jugendpolitik als Politikansatz. Und werdet selbst wieder zu echten Demokratie-Fans!“

Wie seht ihr das? Was ist euer Eindruck von den Debatten, wer warum was wählt?

herVIEW - Natascha Hoffner

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
veröffentlicht bei LinkedIn 04.09.2024