Das Schwerpunktthema des herCAREER-Newsletters diese Woche – mit vielen informativen Beiträgen: Mindset / Umgang mit Belastungen / (Selbst-)Reflexion.
Ein besonderes Thema in diesem Zusammenhang, das mich sehr beschäftigt, ist die stetig zunehmende Verdichtung von Arbeit. 

Der Serviceverband KVD schreibt: „52,8 Prozent der Deutschen fühlen sich einer aktuellen Studie zufolge erschöpft. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Anstieg um 3,2 Prozent. Die Hauptursachen für die Erschöpfung sind gesundheitliche Beschwerden, die politische Situation sowie die Belastung bei der Arbeit. Für die Zukunft erwarten zudem 40,2 Prozent, dass die Erschöpfung weiter zunehmen wird. Um die beruflich bedingte Erschöpfung zu reduzieren, wünschen sich 40,7 Prozent der Erwerbstätigen ‚weniger sinnlose Arbeit‘. Wie können Wege aus dieser Krise aussehen?“ 

Die drei Hauptursachen in Anteilen:

  • Gesundheitliche Beschwerden: 40 %

  • Politische Situation: 30,1 %

  • Belastung durch Arbeit: 27 %

Bei der Arbeitsbelastung als Ursache gibt es deutliche Unterschiede je nach Alters- und Beschäftigtengruppe:

  • 40–49 Jahre: 42,2 %

  • Arbeitnehmer:innen: 49,2 %

  • Selbstständige: 30,0 %

  • Studierende: 53,1 %

  • Über 50-Jährige: Gesundheitsbeschwerden spielen eine größere Rolle als Arbeitsbelastung

Über 50-Jährige: Gesundheitsbeschwerden spielen eine größere Rolle als Arbeitsbelastung. 

Die Studienleiterin Christina Guthier: „Erschöpfung ist kein Problem einzelner Personen, das sie nur mit sich selbst ausmachen können. Ich sehe hier ein strukturelles Problem, das wir nur lösen können, wenn wir unsere Art zu arbeiten und den Alltag zu organisieren massiv verändern.“ 

Der Unternehmensberater Andreas Scheuermann meint: „Insgesamt ist das Maß an Erschöpfung ein Indikator für die stetige Arbeitsverdichtung. Die Schlussfolgerung kann nur lauten, die Arbeitswelt endlich wieder vom Menschen aus zu denken. Nicht umsonst diskutieren wir gesellschaftlich gerade über die Vier-Tage-Woche oder die schwindende Bedeutung von Arbeit für nachkommende Generationen.“ 

Das WSI der Hans-Böckler-Stiftung befragte vor einigen Jahren Betriebsräte zum Thema Arbeitsverdichtung und schrieb: „Nach Einschätzung der Betriebsräte ist in den letzten Jahren nicht nur die Arbeitsmenge gestiegen, sondern auch die Erwartung der Betriebe an die Leistung ihrer Beschäftigten. Betriebsräte beobachten branchenübergreifend eine höhere Komplexität in der Arbeit: Multitasking, gesteigerte Kooperations- und Abstimmungsbedarfe durch höhere Kundenorientierung sowie gleichzeitig zu bearbeitende Termine oder Projekte.“ Als einer der Hauptgründe wurde eine unzureichende Personalausstattung genannt. 

Viel diskutiert wurde in letzter Zeit die Zahl der krankheitsbedingten Fehlzeiten, die letztes Jahr einen neuen Rekord aufwies: Laut ZDF gab es bis August 2024 bereits so viele Krankheitsfälle wie im gesamten Vorjahr. Außer Atemwegserkrankungen waren vor allem psychische Belastungen der Grund für – häufig längerfristige – Krankschreibungen: Die Zahl der Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen erhöhte sich zwischen 2014 und 2024 um fast die Hälfte. 

Das Institut der deutschen Wirtschaft publizierte letztes Jahr den Bericht „Arbeitszeitwünsche von jungen Beschäftigten“, nach dem die präferierte Arbeitszeit in allen Altersgruppen gesunken ist. Die Auswertung der Befragung zeige bei den unter 26-Jährigen einen Rückgang der gewünschten Arbeitszeit um gut 3 Wochenstunden, bei den 26- bis 40-Jährigen um rund 2 Wochenstunden und bei den über 40-Jährigen um knapp 3 Wochenstunden. Über alle Altersgruppen hinweg wünschen Beschäftigte sich also eine Reduktion der Arbeitszeit.  

Meine intuitive Reaktion darauf: Vielleicht ist das auch als eine Art Selbstschutz zu verstehen?  

Empfehlen an dieser Stelle möchte ich auch einen unserer Podcasts mit Maren Urner: Alles beginnt im Kopf – Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen

An dieser Stelle würde ich auch gerne auf Martha A. Dudzinski von der SWANS Initiative verweisen. Sie ist Autorin des Buchs „Konsequent 60 Prozent“ („als Produktivitätsratgeber getarnt, ist es eine Abrechnung mit den bösen Zwillingen Patriarchat und Kapitalismus“). Im Gespräch mit herCAREER sagt sie: „Das Wichtigste ist, dass wir netter zu uns selbst sind. Lerne, weniger mit deiner Zeit, sondern mehr mit deiner Energie umzugehen.“

herVIEW - Natascha Hoffner

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I Preisträgerin des FTAfelicitas-Preis des Femtec. Alumnae e.V.I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I Herausgeberin der Bücher „Frauen des Jahres“ im Callwey Verlag
veröffentlicht bei LinkedIn 15.01.2025